Название: THE END - NEMESIS
Автор: G. Michael Hopf
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: The End - Nemesis
isbn: 9783958352681
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»Du, mein Freund, bist absolut kein Idiot, sondern der Held des Tages«, sagte sie laut und war kaum imstande, ihre Freude zu verbergen.
»Falls du den Geschmack doch nicht magst, hab ich auch …« Er zog eine Tüte normale Nachos hinter seinem Rücken hervor.
»Ich bin nicht mal besoffen und glaube trotzdem, dass ich eine ganze Packung allein verdrücken könnte«, entgegnete Lexi aufgeregt.
»Nur zu.« John öffnete beide Beutel und legte sie auf die Theke.
Lexi fiel sofort darüber her. Die Nachos waren noch kross und knackig. Sie ging zwar davon aus, dass das Verfallsdatum abgelaufen war, konnte aber nicht feststellen, ob das etwas an der Qualität änderte. Vielleicht lag es daran, dass sie dergleichen schon so lange nicht mehr gegessen oder ganz vergessen hatte, wie es schmeckte.
»Wenn du dir jetzt noch einen Twinkie oder HoHo aus dem Arsch ziehst, steig ich vielleicht mit dir in die Kiste«, sagte sie grinsend.
»Um genau zu sein …«
»Ohne Scheiß?«, nuschelte sie, wobei Krümel aus ihrem offenen Mund fielen.
John wandte sich ab, um wieder zu verschwinden, hielt dann jedoch inne, drehte sich noch einmal um und sagte grinsend: »War nur ein Witz.«
»Bei mir auch. Ich würde nicht mit dir schlafen, bedauere. Du bist einfach ein bisschen zu alt für mich.« Lexi steckte sich eine weitere Handvoll Nachos in den Mund.
»Ha, nimm's mir nicht übel, Schätzchen, aber ich betrachte dich ohnehin eher wie jemanden, der meine Tochter sein könnte.«
»Da du dich schließlich über uns unterhalten wolltest, fängst du auch an«, forderte ihn Lexi auf.
»Nichts da, du zuerst. Ich stelle immerhin Snacks und Erfrischungsgetränke zur Verfügung.«
Nachdem sie sich noch ein paar Nachos in den Mund geschoben hatte, fing sie an: »Geboren und aufgewachsen bin ich in einer gar nicht mal so üblen Kleinstadt namens La Jolla. Meine Schlampe von Mutter kümmerte sich allerdings lieber um ihre nächste Dinnerparty oder um ihre Rolle als Gesellschaftsdame als um meine Schwester und mich. Heute kann ich darüber lachen, für sie waren wir eher so etwas wie Staffage. Unsere Erziehung übernahmen stets Kindermädchen, die im Laufe der Jahre ständig wechselten.«
Als John Lexi beim Sprechen betrachtete, beschäftigte ihn einzig und allein die Frage, wie jemand seine Kinder nicht lieben konnte. Er hatte zwar keine Erfahrungen dahingehend, aber das starke Gefühl, das er selbst, wenn er mit seiner Ex Nachwuchs gezeugt hätte, ein sehr liebevoller und gebefreudiger Vater gewesen wäre.
»Meine Mom war ein solches Miststück, dass sie meinen Dad vertrieben hat, als ich sechs und meine Schwester noch ein Baby war. Er konnte ihre Launen irgendwann einfach nicht mehr ertragen.«
»Das tut mir leid.«
»Mir auch, denn ich habe meinen Dad geliebt. Er gewann zwar dann das Sorgerecht für uns, starb aber nur zwei Wochen danach beim Absturz eines Kleinflugzeuges.«
Sie stockte kurz, während sie über das Leben fantasierte, das sie hätte führen können. »Wer stirbt denn schon bei einem Flugzeugabsturz? Ich meine, die Wahrscheinlichkeit ist so gering, dass es mir vorkam, als hätte das Schicksal bestimmt, dass ich von Geburt an verflucht war. Gott wollte einfach nicht zulassen, dass Carey und ich normal lebten.«
»Ich denke nicht, dass Gott …«
Lexi fiel ihm sofort ins Wort: »Keine Predigt jetzt, okay? Mir ist es egal, ob du an Gott glaubst. Kein Gott, der zulässt, dass Kinder schlecht behandelt werden und so ein Mist wie im Moment passiert, kann ein guter Kerl sein.«
John grinste. »Wenn du meinst«, sagte er.
»Mach mein Glas voll.«
Nachdem John es getan hatte, ließ er sich aus Lexis Schulzeit erzählen, wobei er noch zwei Mal nachschenken musste. Er schaute sie einfach nur an und dachte unterdessen, dass sie im Grunde ihres Herzens lediglich ein kleines Mädchen war, dem im Laufe der Zeit sehr oft wehgetan worden war. Sie hatte ihre Kindheit offenbar in relativ wohlhabenden Verhältnissen verlebt, aber für einen so jungen Menschen spielt so etwas eigentlich keine allzu große Rolle. Am wichtigsten ist Kindern, dass man ihnen Zeit und Aufmerksamkeit schenkt.
Später hatte sie dann ein Dasein in Armut ohne elterliche Liebe und Fürsorge gefristet. Soweit es John verstanden hatte, war sie ihrer Schwester sehr eng verbunden gewesen. Da sie diese nicht hatte alleinlassen wollen, war sie sogar auf ein College vor Ort gegangen. Danach hatte ihre Schwester wie in einen Film über Enttäuschungen, ihren High-School-Abschluss gemacht und ihre Koffer gepackt, um ein auswärtiges College zu besuchen. Lexi war deswegen tief gekränkt gewesen, hatte es aber wie eine Mutter akzeptiert und sich eingeredet, Carey sei damit nun alt genug, um für sich selbst aufzukommen.
Nach dem Auszug ihrer Schwester war Lexi in einen oberflächlichen und gleichmäßigen Trott aus Arbeiten und Partys mit Freunden gefallen. Ohne Ziele und Ambitionen hatte sie sich nur noch auf eines freuen können … auf die jeweils nächste Sause. Ihre Mutter war ihr komplett fremd geworden, und trotz gemeinsam verbrachter Ferien hatte Lexi nie schnell genug in einer Kneipe einfallen können, um zu versuchen, ihr Leben zu vergessen. Intime Beziehungen hatten nicht stattgefunden, denn die Männer waren ebenso so schnell gegangen, wie sie gekommen waren. Hatte einer mal aufrichtiges Interesse an ihr gezeigt, hatte sie versucht, ihn so schnell wie möglich loszuwerden. Nicht dass sie den Werbern misstraut hätte, vielmehr ihrem Schicksal. Sich von der Liebe leiten zu lassen, hätte nämlich Verletzlichkeit bedeutet, und jedes Glück, das ihr zugefallen wäre, hätte der Schmerz genau wie andere Dinge in ihrem Leben einfach nur zerstört, sobald die betreffende Person sie verlassen oder enttäuscht hätte. Ohne persönliche Beziehungen außer zu ihrer Schwester Carey hatte sie die Tage bis zu ihrem nächsten Besuch gezählt.
John hörte einfach nur weiter zu. Nach seiner ersten kurzen Bemerkung und Lexis pampiger Reaktion darauf war er einfach sitzen geblieben und hatte kein Wort mehr gesagt. Hin und wieder füllte er ihr Glas, doch nach ein paar weiteren, trank sie langsamer, weil sie sich mehr und mehr in ihrer Lebensbeichte vertiefte.
Die lange Tirade hörte auf, als sie vom letzten Treffen mit ihrer Schwester erzählte. Kurz darauf war der Strom ausgefallen und die Welt eine völlig andere geworden. Sie rührte sich nicht mehr, sondern schaute nur auf ihren Wodka und kippte ihn ruckartig hinunter.
John wollte ihr erneut einschenken, doch sie sagte: »Warte, ich bin gleich wieder da.« Nachdem sie abrupt aufgestanden war, hielt sie sich fest, weil der Alkohol ein Schwindelgefühl in ihr auslöste, und sie ging vorsichtig zur Toilette.
Sie konnte sich aber nicht schnell genug entziehen. Es kam ihr so vor, als erleide sie gerade eine Panikattacke. Noch nie zuvor hatte sie so viel von sich preisgegeben. Sich zu öffnen und ehrlich von sich selbst und ihrer Herkunft zu sprechen, gehörte definitiv nicht zu Lexis Stärken. Sie hatte nie Freunde gehabt, die an so etwas interessiert gewesen wären, und diese auch genau deshalb zu schätzen gewusst. Ihr war bewusst geworden, dass es einfacher war, andere auf Abstand zu halten, denn wenn sie jemanden genauer kennenlernte, stellte sie nachher womöglich fest, dass sie diese Person gar nicht mochte.
Als sie in den Schankraum zurückkehrte, war John nicht mehr da. Sie schaute sich um, fand ihn aber nirgendwo. Auf einmal polterte es laut in der Küche. Sie trat ein und sah, dass er gerade Eier in eine große Pfanne schlug.
»Hey, du warst ganz СКАЧАТЬ