Название: THE END - NEMESIS
Автор: G. Michael Hopf
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: The End - Nemesis
isbn: 9783958352681
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»Warum bist du nur … so aggressiv?«
»Meinst du das ernst? Echt jetzt? Schau dich doch mal um. Wer kann denn in dieser Lage nicht aggressiv sein?«
»Ich!«
»Dann bist du ein Idiot!«, blaffte sie ihn an.
»Ha, ich finde, du hast jetzt eindeutig genug«, erwiderte John und nahm ihr das Glas weg.
»Warte, warte, warte, es tut mir leid. Das war zu …«
»… zu aggressiv«, ergänzte John.
Er ging mit dem Glas hinter den Tresen und stellte es dort zusammen mit der Wodkaflasche ab.
»Du hast ja recht, tut mir leid. Nicht du bist der Idiot, sondern ich. Ich will einfach nicht über … das Ganze sprechen.« Sie schwenkte beide Arme hin und her, um auf die Umgebung zu verweisen.
»Du setzt dich an meinen Tresen, schläfst unter meinem Dach, isst mein Essen, säufst meinen Wodka und bist trotzdem nicht bereit, mir ein bisschen von dir zu erzählen? Du wohnst jetzt schon eine Woche hier, aber ich weiß immer noch nichts weiter von dir, als dass du viel trinkst, trainierst und mit Messern spielst.«
Lexi dachte kurz über Johns Worte nach und sah ein, dass sein Ärger durchaus berechtigt war. »Du hast ja recht und ich bin manchmal wirklich eine Zicke. Es ist aber eben so, dass ich, äh … nicht über bestimmte Dinge reden will, weil mir dann unweigerlich bewusst wird, dass sie real sind. Einfach hier zu sitzen, wie wir es in den letzten zwei Stunden getan haben, und nur über alte Filme, Essen, Cocktails und solche Dinge zu reden, hilft mir dabei, die beschissene Welt, in der wir jetzt leben, kurz hinter mir zu lassen. Dadurch kann ich … vergessen.«
John kam wieder zurück und baute sich direkt vor ihr auf. »Ich habe da draußen eine Menge Scheiße erlebt. Ich habe gesehen, wozu Menschen in der Lage sind. Es ist wirklich widerlich und abstoßend, und ich hasse es wie die Pest«, fuhr sie fort.
»Ich kann nicht behaupten, das Gleiche wie du erlebt zu haben, weil ich mich dazu entschieden habe, mit meinem Arsch hierzubleiben. Die Stadtgrenzen zu verlassen, hielt ich nie für nötig.«
»Dann ändere auch nichts daran. Bleib einfach weiter hier. Da draußen existiert nur noch die Hölle.«
John griff wieder zur Flasche und stellte sie gemeinsam mit ihrem Glas vor Lexi ab.
Sie streckte sich danach aus, woraufhin er beides ein paar Zoll zurückzog, um anzudeuten, dass er noch nicht gänzlich bereit dazu war, den Wodka wieder herauszurücken.
Von draußen hörten sie nun leise Johns Truthahn gurren.
Lexi reckte den Hals und schaute zum nächsten Fenster. Zwischen den dünnen Metalllamellen des Ladens fielen die ersten morgendlichen Sonnenstrahlen ein.
Als sie sich John erneut zuwandte, fragte sie: »Was willst du von mir?«
»Eigentlich nichts Besonderes, aber falls du hierbleiben willst, würde ich wenigstens gern wissen, wer du genau bist. Unschöne Einzelheiten darfst du dir auch gern sparen. Ich bin nur ein alter Mann, der wissen möchte, mit wem er hier spricht. Ich sehe es so: Früher habe ich mich nicht um andere Leute gekümmert und einfach so vor mich hingelebt. Ich war einer derjenigen, die nie irgendetwas auf die Worte von anderen gegeben haben. Während irgendwelcher Unterhaltungen dachte ich immer darüber nach, was ich dazu sagen sollte. Richtig zugehört habe ich aber nie.« Er machte eine kurze Pause, um nachzudenken. »Weißt du, aus diesem Grund ging bestimmt auch meine Ehe in die Brüche. Ich habe nie zugehört, ich habe immer nur geredet und geredet.«
»So wie jetzt?«, erwiderte Lexi scherzhaft.
John schmunzelte. »Genau, so wie jetzt. Aber wenn ich das Ganze noch zu Ende bringen darf: Nach allem, was passiert ist, beschloss ich, den anderen von nun an zuzuhören. Ich habe mir vor Augen gehalten, dass das Leben jetzt äußerst gefährlich ist und deshalb jederzeit vorbei sein kann – warum also nicht auf Leute eingehen, um sie richtig kennenzulernen? Jeder hat schließlich irgendetwas zu erzählen.«
Während Lexi sitzen blieb und John anstarrte, beschlich sie ein trauriges Gefühl. Aber weil sie vor niemandem mit ihren Emotionen hausieren gehen wollte, wählte sie freundlichere Worte anstatt solcher, die eigentlich ihrem brüsken Wesen entsprachen. »Gut, hört sich für mich nach einer gerechten Abmachung an. Du gibst mir zu essen und ein Dach über dem Kopf, also ist das Mindeste, was ich tun kann, dir zu sagen, wer ich eigentlich bin. Dummerweise gibt es über mich nichts Aufregendes zu erzählen, ganz im Gegenteil. Ich bin total langweilig, und der ganze Scheiß, der in letzter Zeit geschehen ist, war einfach nur grässlich. Falls ich aber noch ein oder zwei Drinks kriege, während ich dir meine Geschichte erzähle, dann bitte.« Ein erneutes Lächeln erhellte ihre stoische Miene.
John erwiderte sie stumm. Er betrachtete die junge Frau, die dort vor ihm saß. Müsste er ihr Alter schätzen, würde er sagen, dass sie Ende zwanzig war. Ihre zotteligen, ungleichmäßig geschnittenen Haare sahen aus, als seien sie einst blond gewesen, doch die dunkelbraunen Ansätze waren mittlerweile so weit herausgewachsen, dass sie nur noch helle Spitzen hatte. Dünn hätte er sie nicht bezeichnet, eher schlank mit sehnigen Muskeln. Zu den hellbraunen Augen passte ihr Teint gut, denn die Haut war goldbraun von der Sonne. In ihrem Gesicht, an den Händen und Armen erkannte man noch Spuren von Schnitten und Schrammen. Woher auch immer sie kam, sie hatte sich definitiv kämpfend bis hierher durchgeschlagen.
Nachdem er ihr das Glas wieder zugeschoben hatte, drehte er den Verschluss der Flasche auf und schenkte ihr noch einen ein.
Sie schnappte sich den Wodka und wollte ihn sofort trinken, aber er hielt sie auf.
»Moment, Schätzchen. Worauf stoßen wir denn jetzt an?«
Lexi lächelte wieder und ihre Antwort kam sofort: »Darauf, dass wir einander jetzt kennenlernen.«
»Das gefällt mir.«
Sie stießen an und tranken dann.
Wie zuvor knallte sie das Schnapsglas auf die Theke und fuhr sich über das Gesicht. Der Wodka wirkte allmählich. »Hast du vielleicht eine Kleinigkeit zu essen da?«
»Ich kann Frühstück machen.«
»Ich bin ziemlich pflegeleicht, eine Tüte Chips oder so etwas genügt vollkommen.«
»Würde ich dir gern geben, aber ich habe kein … oh, warte mal kurz.« John stand auf und verschwand eilig im Hinterzimmer.
Während er fort war, sah sich Lexi in der Bar um. Ihr früheres Ich hätte nie ein solches Lokal aufgesucht, weil es ihr zu »hinterwäldlerisch« vorgekommen wäre, wie eine Kneipe für die weiße Unterschicht. Sie hatte sich nie für solche Absteigen wie The Mohawk beziehungsweise eine Kombination aus Tränke und Fressbude für die Familie erwärmen können. Nun drehte sie sich auf ihrem Hocker um, bis sie die Jukebox erkennen konnte. Sie brauchte nicht aufzustehen und hinüberzugehen, um ungefähr zu ahnen, welche Scheiben darin steckten.
Als John zurückkam, war er fast überschwänglich vor Begeisterung. »Hätte ich fast vergessen, dass ich die noch habe«, sagte er und hielt eine Großpackung Cool Ranch Doritos hoch.
»Is' nicht wahr«, quietschte Lexi wie ein kleines Kind.
»Ist es doch!«
»Das СКАЧАТЬ