Название: Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten
Автор: Sven Elvestad
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027212743
isbn:
»Er steht Ihnen zu Diensten.«
»Aber bevor ich die Sache näher erkläre, muß ich Ihr Ehrenwort verlangen.«
»Wozu?« unterbrach der Arzt. »Das ist nicht notwendig. Ich verstehe, daß es sich um eine ernste Sache handelt, und auf mich können Sie sich unbedingt verlassen. Außerdem ist es nicht das erstemal, daß Asbjörn Krag und ich uns treffen. Er hat mir einmal einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Erinnern Sie ihn nur an die ›Witwe mit den zwei Kindern‹, dann wird er schon wissen, daß er in mir einen unbedingten Bundesgenossen hat.«
»Schön! Hier handelt es sich also um ein großes, fein ausgesonnenes Verbrechen.«
»Das kann ich mir denken.«
»Es ist ein Mann, der das gefährlichste Hindernis, Asbjörn Krag, für einige Tage weghaben will.«
»Verstehe.«
»Aber er will kein Mörder sein.«
»Ist auch viel riskanter.«
»Haben Sie den rotbärtigen Mann unten im Elektrizitätswerk gesehen? Den mit den Gummihandschuhen?«
»Ja, der Mann ist mir sogar aufgefallen.«
»Nun, der ist es.«
Der Doktor nickte.
»Infolge Ihres Ausspruchs dort unten«, fuhr Holst fort, »glaubt er und alle, daß Krag infolge des elektrischen Schlages etwa sechs Tage in mehr oder weniger bewußtlosem Zustande daliegen wird.«
»Das finde ich begreiflich, ja.«
»Aber Asbjörn Krag selbst, als er kürzlich wieder zu Bewußtsein kam, meinte, daß er es in drei oder vier Tagen machen würde. Ja, er müßte es und er würde es – durchaus.«
»Hm,« lächelte der Arzt. »Krag hat ja eine ganz einzige Willensstärke und ungewöhnliche Körperkräfte, also wir werden sehen. Wir werden schon sehen.«
»Nun wünscht aber Krag, daß dies nicht bekannt wird. Alle, verstehen Sie, müssen glauben, daß seine Krankheit mindestens zehn Tage anhalten wird.«
»Und Sie wollen also von mir, daß ich das verbreite?« fragte der Arzt.
»Allerdings. Das ist Krags Wunsch. Und einem gegenüber ist es von besonderer Wichtigkeit.«
»Dem rotbärtigen Ingenieur – Barra heißt er, scheint mir?«
»Sie kennen ihn?« fragte Holst verblüfft.
»Er war hier – unmittelbar, bevor Sie kamen. Er wollte sich erkundigen.«
Der Telegrapheningenieur sprang mit einem Ausruf der Enttäuschung auf – »Also doch alles verloren.«
»Durchaus nicht,« erwiderte der Doktor gelassen. »Er hat nichts erfahren.«
»Warum nicht?«
»Weil ich ihn gar nicht empfangen habe,« bemerkte der Arzt mit einem leisen Lächeln. »Mir hat der Mann auf den ersten Blick mißfallen.«
»Aber wie soll er dann die Nachricht von den zehn Tagen erhalten?«
»Ueberlassen Sie das mir,« sagte der Doktor. »Er wird schon wiederkommen, und dann empfange ich ihn bestimmt.«
»Dann bin ich vollständig beruhigt,« sagte Holst und erhob sich, um sich von dem Arzt zu verabschieden. Er wußte jetzt, daß er in ihm einen vortrefflichen Bundesgenossen erworben hatte.
Ein paar Stunden später war Holst wieder in Asbjörn Krags Wohnung. Die Wirtin öffnete ihm und teilte mit, daß Krag wieder schlief. Aber er war lange halbwach gelegen und hatte phantasiert, namentlich von einem Eisenbahnzug.
»Was hat er denn gesagt?« fragte Holst in großer Spannung.
»Unzählige Male hat er einen Namen ausgesprochen, Barra, glaube ich. Dann hat er von einem Eisenbahnzug gesprochen und von Telegrammen, die eingelaufen sein müssen, und von Sendungen von Goldsäcken. Es handelt sich um Menschenleben – Menschenleben, hat er dann mehrere Male gesagt.«
Holst ging in das Krankenzimmer. Krag lag da und schlief. Sein Gesicht war so weiß wie die Kissen, auf denen sein Kopf ruhte. Bei Holsts Eintreten wandte Krag den Kopf und sah zu ihm hin.
»Wie viele Stunden sind vergangen?« fragte er mit schwacher Stimme.
»Acht,« erwiderte Holst.
»Gott sei Dank. Da haben wir noch Zeit.«
»Kann ich vielleicht irgend etwas für Sie tun?« fragte der Ingenieur.
»Ja,« erwiderte der Detektiv etwas lebhaft. »Sie müssen Barra aufsuchen. Sie dürfen ihn nicht aus den Augen verlieren. Trachten Sie namentlich, zu erfahren, ob er etwas bei der Ostbahn zu tun hat – etwas mit den Eisenbahnzügen.«
»Das werde ich genau besorgen.«
»Wenn ich nur nicht so müde wäre,« seufzte Asbjörn Krag und griff sich fieberisch mit den Händen an die Stirn. »Haben Sie also mit dem Arzt gesprochen?«
»Ja, alles ist in Ordnung. Er ist unser Mann. Er bat mich, Sie zu grüßen und Sie an die ›Witwe mit den zwei Kindern‹ zu erinnern.«
»Ah,« rief Krag mit einem matten Lächeln. »Ja, ja, darum kamen mir seine Gesichtszüge in meiner Betäubung so bekannt vor. Ausgezeichnet! Der steht zuverlässig auf unserer Seite.«
Nach einiger Zeit begann sich der Kranke unruhig im Bette hin und her zu werfen. Er bemühte sich, herauszukommen und richtete sich auch auf den Ellbogen auf. Holst eilte zu ihm hin.
»Was haben Sie denn, lieber Freund?« fragte er. »Regen Sie sich doch nicht auf!«
»Wir sind so wenige, und sie sind so viele« rief Krag. »Der Teufel hat viele Fäden gesponnen – überallhin. Darum muß er bewacht werden. Und das müssen vorläufig Sie tun.«
»Seien Sie ganz beruhigt. Das werde ich.«
Asbjörn Krag wies auf eine Schreibtischlade und bat Holst, sie herauszuziehen und ihm den Revolver zu reichen, der zu oberst darin lag.
»Alle sechs Läufe sind geladen,« sagte er, »und ich fühle mich nicht sicher, wie ich daliege.«
Holst reichte ihm den Revolver, den der Kranke unter sein Kopfkissen schob.
»Ist es notwendig, daß ich Sie verlasse?« fragte Holst.
»Absolut. Sie müssen dem roten Teufel folgen. Hier handelt es sich um große Werte, vielleicht um viele Menschenleben.«
Der Telegrapheningenieur drückte Asbjörn Krag sanft in die Kissen zurück.
»Schlafen Sie jetzt,« sagte er. »Bedenken Sie. Wir müssen Sie bald wieder auf den Beinen haben.«
»Ja,« seufzte Krag. »Ich bin auch so müde! СКАЧАТЬ