Название: Gesammelte Werke
Автор: Henrik Ibsen
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237722
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Sigurd. Um so mehr mußte Sigurd an sie denken; doch keiner wußte darum. Da, eines Abends beim Trinkgelage geschah es, daß jene stolze Jungfrau schwur, nur der Mann sollte sie zu eigen haben, der die Heldentat vollbringe, die sie namhaft mache. Hoch schlug da Sigurd das Herz vor Wonne, denn er fühlte die Kraft in sich, die Tat zu vollbringen; doch Gunnar nahm ihn beiseite und gestand ihm seine Liebe – Sigurd verschwieg die seine, und so –
Hjördis aufschreiend. Sigurd, Sigurd! Faßt sich. Und die Saga – ist sie wahr?
Sigurd. Sie ist es. Einer von uns mußte ja weichen; Gunnar war mein Freund – ich konnte nicht anders handeln. So wardst Du Gunnars Gattin, und ich freite ein ander Weib.
Hjördis. Und gewannst sie lieb?
Sigurd. Ich lernte sie schätzen; aber es gibt nur ein Weib, das Sigurd geliebt hat, und das ist jenes Weib, das ihm gram war vom ersten Tag, da sie sich begegneten. Erhebt sich. Hier endet meine Saga. Leb' wohl, Gunnars Gattin, wir sehen uns niemals wieder!
Hjördis springt auf. Nein, bleib! Weh uns beiden! Sigurd, was hast Du getan!
Sigurd stutzt. Ich? – Was ist Dir?
Hjördis. Und all das sagst Du mir jetzt! Doch nein, – es kann nicht die Wahrheit sein!
Sigurd. Es ist das letzte Mal, daß wir uns sprechen. Jedes Wort ist Wahrheit! Du solltest lernen milder über mich zu urteilen – darum mußt' ich reden.
Hjördis faltet unwillkürlich die Hände und sieht in stiller Bestürzung zu ihm empor. Geliebt – ich geliebt – von Dir! Heftig, indem sie dicht an ihn herantritt. Ich glaub' Dir nicht! Blickt ihn starr an; ausbrechend in wildem Schmerz: Ja, es ist wahr und – verderblich für uns beide! Sie bedeckt das Gesicht mit den Händen und wendet sich ab.
Sigurd entsetzt. Hjördis!
Hjördis leise, zwischen Lachen und Weinen kämpfend. Kehr' Dich nicht dran – Ich meinte nur – Sie legt die Hand auf seinen Arm. Sigurd, Deine Saga ist noch nicht zu Ende. – Jenes stolze Weib, von dem Du sprachst – sie hat Dich wieder geliebt!
Sigurd fährt zurück. Du!
Hjördis mit Fassung. Ja, Sigurd, ich habe Dich geliebt, das erkenn' ich jetzt. Du sagst, ich war wortkarg und unmild gegen Dich – was soll ein Weib Bessres tun? – Hätt' ich meine Liebe zur Schau getragen, ich wäre Deiner unwert gewesen! Du warst mir stets der herrlichste unter allen Männern, und Dich als den Gatten einer andern zu wissen, das schuf mir jenes bittre Weh, das ich selbst nicht begriff.
Sigurd erschüttert. Ein unselig Gespinst hat die Norne um uns beide gesponnen.
Hjördis. Du selbst bist schuld daran; stark und kühn soll der Mann handeln. Als ich jene schwere Bedingung stellte dem, der mich erringen wollte, dacht' ich nur an Dich – und dennoch konntest Du –
Sigurd. Ich kannte Gunnars Seelenschmerz; ich allein könnt' ihn heilen; – welche Wahl blieb mir? Doch hätt' ich gewußt, was ich jetzt weiß – ich hätte nicht für mich einstehen können; denn eine gar gewaltige Macht ist die Liebe.
Hjördis rasch. Nun wohl, Sigurd, ein unselig Spiel hat uns lange Jahre getrennt; jetzt ist der Knoten gelöst. Die kommenden Zeiten sollen uns Ersatz geben!
Sigurd kopfschüttelnd. Unmöglich! Wir müssen uns wieder trennen.
Hjördis. Das müssen wir nicht. Ich liebe Dich! Jetzt darf ich's gestehen, ohne zu erröten; denn meine Liebe ist nicht buhlerisch wie die weichlicher Weiber. Wär' ich ein Mann – bei allen Mächten! ich könnte Dich just so lieben, wie ich es jetzt tue. Auf denn, Sigurd! Das Glück ist einer großen Tat wert. Wir beide sind frei, wofern wir es sein wollen, und dann ist das Spiel gewonnen!
Sigurd. Frei? Wie meinst Du das?
Hjördis. Was ist Dagny Dir? Was kann sie Dir sein? Nicht mehr, als Gunnar mir in meinen geheimen Gedanken. Was liegt daran, ob zwei elende Leben verspielt sind!
Sigurd. Hjördis, Hjördis!
Hjördis. Laß Gunnar hier bleiben, laß Dagny mit ihrem Vater nach Island ziehen – ich folge Dir in Stahl und Panzer auf allen Deinen Fahrten! Sigurd ist bewegt. Nicht als Deine Gattin will ich Dir folgen; denn ich hab' einem andern angehört, und das Weib lebt, das ehedem an Deiner Seite weilte. Nein, Sigurd, nicht als Gattin – wie eines jener starken Weiber, wie eine von Hildes Schwestern will ich Dir folgen, Dich zu Kampf und Mannestaten anfeuern, daß Dein Name weit über alle Lande klinge; im Schwerterspiel will ich nicht von Deiner Seite weichen, im Unwetter und auf der Wikingsfahrt will ich ausharren unter Deinen Mannen; und wenn Dir einst das Totenlied gesungen wird, dann soll es künden von Sigurd und von Hjördis.
Sigurd. Das war einst mein schönster Traum – jetzt ist es zu spät. Gunnar und Dagny stehen zwischen uns, und beide haben ein Recht auf diesen Platz. Um Gunnars willen gab ich meine junge Liebe hin – soll ich Seelenpein erdulden, so will ich wenigstens dies Opfer nicht umsonst gebracht haben. Und Dagny – treuherzig und vertrauensvoll, verließ sie Heimat und Sippe; nie darf sie ahnen, daß es Hjördis war, nach der ich mich sehnte in ihren Armen.
Hjördis. Und darum willst Du eine Last durchs Leben schleppen? Wozu wurden Dir Kraft und Mut, und alle die edlen Geistesgaben? Meinst Du, es sei fürder ein geziemend Los für mich, auf Gunnars Hof zu sitzen? Nein, Sigurd, glaube mir, es gibt noch viel zu tun für einen Mann wie Dich! Erik regiert Norwegens Reich – erhebe Dich wider ihn! Manch guter Kämpe wird in Deiner Gefolgschaft streiten; mit unüberwindlicher Macht wollen wir vordringen, streiten und wirken und nicht ruhen, bis Du auf Hårfagers Königsthron sitzest.
Sigurd. Hjördis, Hjördis! Das war der Traum meiner wilden Jugend. Er sei vergessen! Versuche mich nicht!
Hjördis mit Hoheit. Es ist der Norne Beschluß, daß wir beide zusammenhalten sollen. Er ist nicht umzustoßen. Klar seh' ich jetzt meinen Beruf im Leben: Dich berühmt zu machen über alle Lande! Du hast vor mir gestanden jeden Tag, jede Stunde, die ich hier gelebt. Ich wollte Dich aus meinem Herzen reißen, aber ich konnt' es nicht! Nun ist es nicht mehr nötig, denn nun weiß ich, daß Du mich liebst!
Sigurd mit erzwungener Kälte. Wohlan – so wisse: ich habe Dich geliebt. Es ist vorbei – vergessen sind jene Tage.
Hjördis. Du lügst, Sigurd! In meinem Wert steh' ich so hoch, daß Du es nie vergessen kannst, wenn Du mich einmal geliebt hast!
Sigurd heftig. Das muß ich und das will ich!
Hjördis. Sei's drum, aber Du kannst nicht. Hindern willst Du mich – es gelingt Dir nicht. Vor Abend noch sollen Gunnar und Dagny alles wissen!
Sigurd. Ha, das tust Du nicht!
Hjördis. Ich tu's.
Sigurd. Dann hab' ich Dich verkannt; für hochherzig hab' ich Dich stets gehalten.
Hjördis. Böse Tage zeugen böse Gedanken. Zu groß ist das Vertrauen, das Du in mich setztest. Ich will, ich muß Dir folgen – hinaus ins Leben, in den Kampf! Zu eng ist's mir in Gunnars Haus.
Sigurd mit Nachdruck. Aber den Wert der Mannesehre weißt Du doch zu schätzen ?! Es ist triftiger Grund zum Kampf zwischen mir und Gunnar. Wenn Gunnar nun fiele von meiner Hand – würdest Du gleichwohl alles kund tun und mir folgen?
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