Название: Gesammelte Werke
Автор: Henrik Ibsen
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237722
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Gunnar. Ja, Sigurd. Haß und Rachsucht verblenden Dich, sonst würdest Du ihn höher schätzen. Wie Sigurd hätt' ich sein müssen: dann hätt' ich Dein Leben Dir fröhlich gestaltet.
Hjördis in starker, doch unterdrückter Erregung. Und das – das, meinst Du, hätte Sigurd gekonnt?
Gunnar. Er ist starkherzig und dabei stolz wie Du.
Hjördis heftig. Wenn dem so ist – Faßt sich. Gleichviel, gleichviel! Mit hervorbrechender Leidenschaft. Gunnar, gib Sigurd den Tod!
Gunnar. Nimmermehr!
Hjördis. Durch List und Lüge ward ich Dein Eheweib – es soll vergessen sein! Fünf freudlose Jahre hab' ich hier verbracht – das alles soll vergessen sein, von dem Tag an, da Sigurd nicht mehr lebt!
Gunnar. Von meiner Hand soll ihm kein Leid geschehen! Weicht unwillkürlich zurück. Hjördis, Hjördis! Versuche mich nicht.
Hjördis. So muß ich einen ändern Rächer ausfindig machen. Nicht länger soll Sigurd Worte des Hohns sprechen über Dich und mich. Ballt die Hände in krampfhafter Erbitterung. Bei ihr, dem einfältigen Weibe – bei ihr sitzt er jetzt vielleicht, kosend, und lacht über uns; er spricht von all der Schmach, die ich erduldet, da er mich raubte an Deiner Statt, erzählt ihr, wie er listig lachte, als er in der dunklen Kammer stand und ich ihn nicht erkannte!
Gunnar. Das tut er nicht, – gewiß nicht!
Hjördis. Sigurd und Dagny müssen sterben! Ich kann nicht atmen, solang' die beiden nicht tot sind. Sie tritt mit funkelnden Augen dicht vor Gunnar hin und sagt leidenschaftlich, aber flüsternd:
Könntest Du mir dazu verhelfen, Gunnar – dann könnt' ich in Liebe mit Dir leben, dann könnt' ich Dich in meine Arme schließen so heiß und so heftig, wie Du nie es geträumt hast!
Gunnar schwankend. Hjördis, Du wolltest –
Hjördis. Ans Werk, Gunnar – dann sollen die schweren Tage vorbei sein! Nicht mehr werd' ich aus der Stube gehen, wenn Du kommst, nicht unfreundliche Reden mehr führen oder Dein Lächeln lahmen, wenn Du froh bist. Pelz und kostbare Seidenkleider will ich tragen; ziehst Du in den Krieg – ich folge Dir; reitest Du zu friedlichem Tun – ich reite Dir zur Seite! Beim Festgelag werd' ich neben Dir sitzen, Dein Horn füllen, Dir zutrinken und süße Weisen singen, die Dein Herz erfreuen.
Gunnar halb und halb überwunden. Ist es wahr? – Du wolltest –?
Hjördis. Mehr als das, zehnfach mehr! Glaube mir. Nur Rache! Rache an Sigurd und Dagny, und ich will – Hält inne, da die Tür sich öffnet. Dagny! Du hier?
Dagny aus dem Hintergrunde.
Dagny. Schnell, schnell, Gunnar – Deine Mannen sollen rüsten!
Gunnar. Rüsten? Gegen wen?
Dagny. Der Bauer Kåre zieht heran mit vielen Geächteten – Böses führt er im Schilde. Eben zwar tritt ihm Sigurd in den Weg – aber man kann nicht wissen –
Gunnar gerührt. Das hat Sigurd für mich getan!
Dagny. Sigurd ist Dir doch ein treuer Freund.
Gunnar. Und wir, Hjördis, wir dachten daran – – ja, es ist, wie ich sagte: ein Zauber liegt über allen Deinen Worten. Jedwede Tat dünkt mich recht, wenn Du sie heischest.
Dagny verwundert. Was meinst Du?
Gunnar. Nichts, nichts! Dank für die Botschaft, Dagny! – Nun geh' ich, – meine Mannen zu sammeln. Wendet sich zur Tür, hält aber inne und kommt wieder näher. Was macht Oernulf?
Dagny senkt das Haupt. Das frage nicht. Gestern trug er Thorolfs Leichnam auf das Schiff; nun wirft er ein Grab auf am Strande – darin sollen seine Söhne liegen.
Gunnar schweigt und geht ab durch die Mitte.
Dagny. Vor Abend ist keine Gefahr. Nähert sich. Hjördis! Noch ein Geschäft hab' ich hier auf dem Hofe. Zu Dir komm' ich.
Hjördis. Zu mir? Nach dem, was gestern geschehen?
Dagny. Eben deshalb. – – Hjördis! Pflegeschwester! Hege keinen Groll wider mich! Vergiß die Worte, die Kummer und böse Mächte mir in den Mund legten; vergib all den Schimpf, den ich Dir angetan; denn, glaube mir, ich bin zehnfach unglücklicher als Du!
Hjördis. Unglücklich – Du? Sigurds Gattin?
Dagny. Ist doch alles, was geschah, mein Werk: Daß sich Streit entspann, daß Thorolf fiel, daß jene Schmähreden über Dich und Gunnar ergingen. Weh' mir! So heiter war mein Los! – Doch von Stund' an werd' ich niemals wieder froh.
Hjördis wie von einer plötzlichen Eingebung ergriffen. Vorher aber, in den fünf langen Jahren – in all der Zeit war das Glück mit Dir?
Dagny. Kannst Du daran zweifeln?
Hjördis. Hm! Gestern hab' ich nicht daran gezweifelt, aber –
Dagny. Was meinst Du?
Hjördis. Ach, nichts Bedeutendes. Laß uns von andern Dingen reden!
Dagny. Nein, nein! Hjördis, sag' mir –
Hjördis. Es wird Dir kaum erfreulich sein. Doch weil Du es begehrst – Mit boshaftem Ausdruck. Entsinnst Du Dich noch – damals auf Island – wir waren auf dem Thing zusammen mit Oernulf, Deinem Vater, und saßen bei unsern Spielgenossinnen in der Thingstube, nach Frauensitte. Da traten zwei Fremdlinge in die Stube.
Dagny. Sigurd und Gunnar.
Hjördis. Sie grüßten uns nach Ritterart, setzten sich zu uns auf die Bank, und allerlei scherzhafte Reden führten wir mitsammen. Etliche verlangten zu wissen, warum die beiden Helden gelandet, – ob sie wohl Ehefrauen sich auf der Insel suchen wollten. Da sagte Sigurd: »Schwer wird es mir fallen, ein Weib so ganz nach meinem Sinne zu finden.« – Oernulf lachte und meinte, in Island sei kein Mangel an erlauchten Frauen. Doch Sigurd antwortete: »Hochgemute Hausfrau heischt der Held. Die will ich wählen, die in ein niederes Los sich nicht finden kann; keine Ehre darf ihr zu hoch hängen, daß sie nicht danach haschte; in den Kampf muß sie mir willig folgen; eine Rüstung muß sie tragen; zum Streit muß sie mich anfeuern, und nicht mit den Wimpern darf sie zucken, wenn die Schwerter blitzen; denn ist sie zaghaften Gemütes, so ernt' ich wenig Ehre.« Nicht wahr, so sprach Sigurd?
Dagny unsicher. Gewiß – aber –
Hjördis. Also dacht' er sich das Weib, das sein Leben ihm hold machen könnte, und – dann – mit verächtlichem Lächeln – dann wählt' er Dich.
Dagny in schmerzlicher Bestürzung. Du meinst –
Hjördis. Sieh, darum hast Du wohl Stolz und Edelsinn an den Tag gelegt, hast Ehre von allen beansprucht, auf daß Sigurd durch Dich geehrt würde – nicht wahr?
Dagny. Nein, Hjördis, doch –
Hjördis. Doch Du feuertest ihn an zu großen Taten, folgtest ihm in den Kampf und verlangtest dort zu sein, wo СКАЧАТЬ