Название: Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Laurin
isbn: 9783959796644
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Gebe Gott, daß sich alles in Wohlgefallen auflöst und unsere Klinik nicht auch noch in einen Bankraub verwickelt wird, dachte Leon Laurin.
Es war noch nicht ganz acht Uhr, als sie in der Klinik ankamen, aber Hanna Bluhme war schon an ihrem Platz.
»Das ist Frau Bluhme, meine bewährte und über jeden Verdacht erhabene Sprechstundenhilfe«, sagte Leon mit einem warnenden Unterton, den Hanna allerdings sehr gut verstand. Und zu ihr gewandt, fuhr er fort: »Es handelt sich um die Hunderteuroscheine, die Sie mir gestern gegeben haben, Hanna. Die Herren sind von der Kriminalpolizei.«
Hanna klammerte sich an die Schreibtischkante.
»Es kommt so überraschend«, stammelte sie. »Ich muß erst überlegen.«
Sie will nur Zeit gewinnen, dachte Leon, der Blümchen schon sehr gut kannte. Aber was hat sie für einen Grund?
»Verschiedene Patientinnen haben gestern bar bezahlt«, sagte sie zögernd.
Dr. Laurin kam ihr zu Hilfe. »Sie werden verstehen, Herr Kommissar, daß wir nicht irgend jemanden verdächtigen können. Es würde dem Ruf unserer Klinik schaden, wenn wir alle Namen preisgeben und die Damen dann in ein Verhör verstrickt würden, obgleich sie mit der ganzen Angelegenheit nichts zu schaffen haben.«
»Wir wollen ja auch nicht behaupten, daß diese Dame zu den Bankräubern gehört. Wir möchten nur wissen, woher sie das Geld hat«, erklärte Kommissar Thal. »Ich habe durchaus Verständnis, daß Sie diese Angelegenheit unter aller Diskretion behandelt wissen wollen.«
Dr. Laurin blickte auf die Uhr. »Ich muß in den OP«, sagte er mit gekünstelter Ruhe. »Überlegen Sie in aller Ruhe, Blümchen. Aber bevor es zur Befragung einer Patientin kommt, möchte ich informiert werden. Ich kann keinesfalls zulassen, daß der Gesundheitszustand der Betroffenen darunter leidet.«
»Wir werden das alles berücksichtigen«, versprach der Kommissar.
*
So war der Stand der Dinge, als Dr. Laurin sich seiner unaufschiebbaren Arbeit zuwandte. Hanna Bluhme wünschte den Kommissar und seinen Begleiter, mit Verlaub zu sagen, zum Teufel. Sie wußte natürlich genau, von wem diese vier Hunderteuroscheine stammten und hatte noch sechs weitere in der Kassette verschlossen, die eventuell auch falsch sein konnten; aber sich Emma Grohn als Komplizin eines Bankräubers vorzustellen, war ihr unmöglich.
»Ich begreife noch immer nicht ganz«, sagte sie. »Es handelt sich also um einen Bankraub, wie ich Ihren Worten entnehmen konnte. Hat er erst kürzlich stattgefunden?«
Kommissar Thal betrachtete sie mit gemischten Gefühlen. Eine außerordentlich nette Frau in mittleren Jahren, war der erste und überzeugende Eindruck, den er von ihr gewonnen hatte. Gewiß keine Frau, die mit Kriminellen unter einer Decke stecken würde. Aber dieser Geßner, den man des Raubes beschuldigte, sollte auch ein sehr anständiger, sympathischer Mann gewesen sein nach der Aussage seiner Kollegen, die sich vor ihn gestellt hatten, bis er flüchtete.
»Ist Ihnen der Name Geßner bekannt?« fragte er.
»Geßner? Nein, eine Patientin dieses Namens haben wir nicht«, erwiderte Hanna, schon ein wenig erleichtert.
Es klang durchaus aufrichtig.
»Der Bankraub fand in Berlin statt, vor fast fünf Monaten«, erklärte Kommissar Thal nun. »Ein paar Wochen vorher war ein Kassierer angestellt worden, der früher in München wohnte. Er war jung verheiratet, und seine Anstellung erfolgte auf Empfehlung eines Prokuristen der Bank, der sich als Anlageberater selbständig machte. Man war höchst zufrieden mit Herrn Geßner und vertraute ihm.«
»Ja, ich kann mich dunkel erinnern, einmal so etwas gelesen zu haben«, sagte Blümchen. »Aber man vergißt das ja so schnell, weil dauernd etwas Neues passiert, und Banküberfälle sind heute ja schon beinahe an der Tagesordnung.«
»Leider. Hierbei handelt es sich aber um die Summe von vierhundertzwanzigtausend Euro. Der Überfall erfolgte nicht im Kassenraum, sondern zu nächtlicher Stunde wurde der Tresor ausgeräumt. Der oder die Täter haben nicht die geringsten Spuren hinterlassen. Die Alarmanlage war unterbrochen, der Tresor wurde mit Nachschlüsseln geöffnet.«
»Umgebracht aber wurde wohl niemand?« fragte Blümchen ängstlich.
»Nein, aber jetzt geht es um die Aufklärung. Diese Hunderteuroscheine sind die erste Spur. Der Räuber muß in Druck sein, wenn er sie jetzt unter die Leute bringt. Sie sehen also, wie wichtig es ist, daß wir jede noch so kleine Spur verfolgen, Frau Bluhme.«
»Ja, das sehe ich ein, aber würden Sie mir etwas Zeit lassen, damit ich alles nachkontrollieren kann, damit kein Verdacht auf Unbeteiligte fällt?«
Sie hatte ein ganz ungutes Gefühl, Kommissar Thal aber auch. Sie will jemanden decken, dachte er. Vielleicht eine Krankenschwester, eine Patientin, – oder das Geld stammt von ihr selbst. Sie mochte es von jemandem bekommen haben, den sie schützen wollte.
»Gut, ich komme mittags wieder. Vielleicht können Sie bis dahin eine Liste machen von den Leuten, von denen Sie Bargeld in Empfang genommen haben und wieviel«, sagte er.
»Danke, Herr Kommissar«, sagte sie leise.
*
Was nun? dachte Blümchen eine Stunde später. Sie saß erstmals hinter verschlossener Tür in ihrem Büro. Vor sich die Kassette mit dem Geld, das heute eigentlich zur Bank gebracht werden sollte. Sie konnte natürlich nicht unterscheiden, von wem dies und von wem jenes war, denn sie kannte die Nummern der gestohlenen Scheine nicht. Aber wenn sie das Geld zur Bank brachte, würde es herauskommen.
Sie hatte alles fein säuberlich aufgeschrieben. Nein, sie konnte es drehen, wie sie wollte, Frau Grohn hatte ihr zehn Hunderteuroscheine gegeben, obgleich sie soviel gar nicht annehmen wollte.
Ob Frau Grohn einen Ausweis bei sich hatte?
Hanna Bluhme gab sich einen Ruck. Konnte, durfte sie eigenmächtig handeln? Mußte sie nicht erst mit dem Chef Rücksprache nehmen?«
Sie schloß das Geld und ihre Aufstellung wieder weg und machte sich auf den Weg zu Emma Grohns Zimmer.
Inge Büren schien sich mit Emma Grohn unterhalten zu haben, und so war es dieser nicht mehr möglich, die Schlafende zu spielen. Hanna sah, daß sie sehr unruhig war.
»Es tut mir leid, wenn ich stören muß«, sagte Hanna, »aber ich brauche von Ihnen noch ein paar Angaben, Frau Grohn.«
Inge Büren bewies unerwarteten Takt. »Ich schau mal, ob mein Mann kommt«, sagte sie freundlich. »Ich werde doch nicht gerade in die Visite hineinlaufen?«
»Dr. Laurin operiert noch«, erwiderte Hanna, ihr einen dankbaren Blick zuwerfend, den Inge Büren richtig deutete.
Sie machte sich ja schon ihre eigenen Gedanken über ihre Bettnachbarin und war überzeugt, daß diese über den Vater ihres Kindes keine Auskunft geben konnte СКАЧАТЬ