Название: Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Laurin
isbn: 9783959796644
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»Wie lange waren Sie in Österreich?«
»Bis vor vier Tagen. Irene hatte mir geschrieben, daß ich zu ihr kommen solle, wenn es soweit sei. Sie meinte wenn das Kind sich anmelden würde. Am gleichen Tag bekam ich ein Päckchen mit dem Geld. Es war in Innsbruck abgeschickt, und ich dachte, es käme von Horst. Ich kann nicht glauben, daß er zu einer solchen Tat fähig ist, aber so langsam werde ich es nun wohl glauben müssen.«
Nun strömten die Tränen wieder über ihr Gesicht.
Dr. Laurin ließ sie weinen, aber er streichelte beruhigend ihre Hände.
»Niemand wird Ihnen etwas tun, solange Sie hier sind, Frau Geßner«, versprach er.
»Was kann mir das Leben noch bedeuten ohne meinen Mann? Mein Kind hat keinen Vater, der sich mit mir freut. Wenn ich nicht an Horsts Schuldlosigkeit glauben kann, ist alles zu Ende.«
»Dann glauben Sie fest daran«, sagte Dr. Laurin tröstend.
Emilia Geßner sah ihn verwirrt an.
»Ja«, betonte Dr. Laurin, »glauben Sie an seine Schuldlosigkeit, wenn Sie ihn lieben. Sie lieben ihn doch noch immer?«
»Ich würde ihn auch lieben, wenn er schuldig wäre«, flüsterte sie. »Niemals hat er sich das selbst ausgedacht. Ich könnte mir nur vorstellen, daß er jemandem beweisen wollte, daß er Mut hat.«
Es standen noch immer Fragen offen. Dr. Laurin wollte soviel wie nur möglich herausbringen, damit die Beamten Emilia Geßner nicht selbst fragen mußten.
»Können Sie sich erklären, warum Sie Ihre Schwägerin nicht antrafen, da sie doch mit Ihrem Kommen rechnete?«
Emilia zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Wenn ich doch mit Horst sprechen könnte.«
»Sie haben gar keinen Anhaltspunkt, wo er sein könnte?«
»Nein«, erwiderte sie verzweifelt. »Ab und zu bekam ich eine Karte, einmal aus dem Elsaß, dann aus der Schweiz, immer das gleiche.
›Tausend Grüße, Hilfe.‹
Aber es war seine Schrift. Seit Wochen hörte ich nichts mehr.«
Wenn man ihn nun als lästigen Mitwisser aus dem Wege geräumt hat? überlegte Dr. Laurin. Hanna hatte recht, diese junge Frau war ein bedauernswertes Geschöpf.
»Er muß doch wissen, daß er mir vertrauen kann, mehr als jedem anderen«, sagte sie noch. »Ich kann doch jetzt wieder arbeiten, wo das Baby da ist. Ich werde auf ihn warten, solange es auch dauert. Aber diese schreckliche Ungewißheit kann ich bald nicht mehr ertragen.«
»Dann werden wir eben einiges dazu tun müssen, daß diese Ungewißheit beseitigt wird, Frau Geßner. Haben Sie Vertrauen. Und jetzt denken Sie wieder an Ihr Kindchen.«
*
In der Klinik ging der Betrieb weiter, als lasteten nicht wieder Probleme auf Dr. Laurin. Verspätet machte er seine Visite, war freundlich, aufmerksam und konzentriert wie immer.
In Hanna Bluhmes Büro hatte sich wieder Kriminalkommissar Thal eingefunden. Das Tonbandgerät war dorthin gebracht worden.
»Dr. Laurin hat Ihnen Wichtiges mitzuteilen«, sagte Hanna rasch.
»Und Sie?« fragte er anzüglich. »Wissen Sie, von wem Sie das Geld haben?«
Sie nickte verlegen. »Dr. Laurin wird Ihnen alles sagen«, bemerkte sie.
Er begann eine harmlose Unterhaltung. »Die Prof.-Kayser-Klinik erfreut sich eines ausgezeichneten Rufes«, stellte er fest. »Inspektor Stoll ist mit einer Krankenschwester verheiratet, die hier früher angestellt war, wie ich hörte.«
»Laura, meine Vorgängerin«, nickte Hanna. »Sie hat dann das Tabea-Heim geleitet.«
»Ganz richtig. Eine nette Frau. Hier gibt es anscheinend nur nette Schwestern.« Er sah blinzelnd zu Hanna, und sie errötete.
»Dr. Laurin legt großen Wert auf höfliche Angestellte«, erwiderte sie mit leichtem Spott.
»Ich kann mir vorstellen, daß er großen Eindruck auf die Weiblichkeit macht.«
»Er ist glücklich verheiratet«, bemerkte sie aggressiv.
»Es war ja nur eine Feststellung. In solch einer Klinik passiert wohl auch mancherlei.«
»Das bleibt nirgendwo aus, wo Menschen kommen und gehen. So aufregend wie bei der Polizei ist es aber nicht bei uns.«
»Wir haben ja auch nur mit sehr unangenehmen Dingen zu tun. Hier kommen Kinder zur Welt, das allein bringt Freude.«
»Haben Sie Kinder?« fragte sie.
»Leider nicht. Meine Frau ist nach kurzer Ehe tödlich verunglückt. Ich konnte mich nicht mehr dazu entscheiden, wieder zu heiraten.«
Jetzt erschien er ihr schon richtig menschlich. Der Jüngste war er auch nicht mehr.
»Haben Sie Kinder?« fragte er nun, um die Wartezeit zu verkürzen.
»Zwei, eine verheiratete Tochter und einen Sohn, der Betriebswirtschaft studiert.«
Thal wußte das alles, denn er hatte eingehende Erkundigungen über Hanna Bluhme eingezogen, aber er hätte nicht gewagt, das zuzugeben. Manchmal empfand er seinen Beruf als arge Belastung, weil er so ungeheuer mißtrauisch machte, auch da, wo dieses Mißtrauen gar nicht angebracht war. Aber es gehört nun mal zu diesem Beruf, persönliche Gefühle auszuschalten.
»Darf ich Sie mal zu einem Gegenbesuch einladen?« fragte er überraschend.
Hanna sah ihn verblüfft an. »Was Sie erfahren wollen, erfahren Sie von Dr. Laurin«, erwiderte sie spöttisch.
Ihm stieg tatsächlich das Blut in die Stirn. »So habe ich das nicht gemeint«, rechtfertigte er sich. »Es war eine private Frage.«
Doch da kam Dr. Laurin, und Hanna wurde einer Antwort enthoben.
Als er eine Stunde später ging, konnte Kommissar Thal bemerkenswerte Informationen mitnehmen. Er hatte auf Dr. Laurins Ersuchen darauf verzichtet, Emilia Geßner zu vernehmen. Was dem auf dem Tonband aufgenommenen Gespräch zu entnehmen war, genügte ihm vorerst. Er wußte, wo er anzusetzen hatte.
Sehr höflich verabschiedete er sich von Hanna, und seine Miene drückte Bedauern aus, als sie so reserviert blieb.
»Ein ganz netter Mensch«, stellte Dr. Laurin fest.
»Sie sind alle nett, wenn sie was herauskriegen wollen«, bemerkte sie hintergründig. »Ich bin da vorsichtig.«
Dr. Laurin ging schmunzelnd hinaus. Eine Bemerkung von Kommissar Thal über Hanna hatte ihn stutzig gemacht. Er hatte eben wieder einmal festgestellt, daß Hanna noch immer eine hübsche Frau war. Aber er war durchaus nicht interessiert, daß sie an eine Bindung dachte. Er war froh, wieder eine zuverlässige Kraft zu haben.
*
Kommissar СКАЧАТЬ