Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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      Vom Wege des Schaffenden

      Willst du, mein Bru­der, in die Ver­ein­sa­mung ge­hen? Willst du den Weg zu dir sel­ber su­chen? Zau­de­re noch ein We­nig und höre mich.

      »Wer sucht, der geht leicht sel­ber ver­lo­ren. Alle Ver­ein­sa­mung ist Schuld«: also spricht die He­er­de. Und du ge­hör­test lan­ge zur He­er­de.

      Die Stim­me der He­er­de wird auch in dir noch tö­nen. Und wenn du sa­gen wirst »ich habe nicht mehr Ein Ge­wis­sen mit euch«, so wird es eine Kla­ge und ein Schmerz sein.

      Sie­he, die­sen Schmerz sel­ber ge­bar noch das Eine Ge­wis­sen: und die­ses Ge­wis­sens letz­ter Schim­mer glüht noch auf dei­ner Trüb­sal.

      Aber du willst den Weg dei­ner Trüb­sal ge­hen, wel­ches ist der Weg zu dir sel­ber? So zei­ge mir dein Recht und dei­ne Kraft dazu!

      Bist du eine neue Kraft und ein neu­es Recht? Eine ers­te Be­we­gung? Ein aus sich rol­len­des Rad? Kannst du auch Ster­ne zwin­gen, dass sie um dich sich dre­hen?

      Ach, es giebt so viel Lüs­tern­heit nach Höhe! Es giebt so viel Krämp­fe der Ehr­gei­zi­gen! Zei­ge mir, dass du kei­ner der Lüs­ter­nen und Ehr­gei­zi­gen bist!

      Ach, es giebt so viel gros­se Ge­dan­ken, die thun nicht mehr als ein Bla­se­balg: sie bla­sen auf und ma­chen lee­rer.

      Frei nennst du dich? Dei­nen herr­schen­den Ge­dan­ken will ich hö­ren und nicht, dass du ei­nem Jo­che ent­ron­nen bist.

      Bist du ein Sol­cher, der ei­nem Jo­che ent­rin­nen durf­te ? Es giebt Man­chen, der sei­nen letz­ten Werth weg­warf, als er sei­ne Dienst­bar­keit weg­warf.

      Frei wo­von? Was schiert das Za­ra­thustra! Hell aber soll mir dein Auge kün­den: frei wo­zu ?

      Kannst du dir sel­ber dein Bö­ses und dein Gu­tes ge­ben und dei­nen Wil­len über dich auf­hän­gen wie ein Ge­setz? Kannst du dir sel­ber Rich­ter sein und Rä­cher dei­nes Ge­set­zes?

      Furcht­bar ist das Al­lein­sein mit dem Rich­ter und Rä­cher des eig­nen Ge­set­zes. Also wird ein Stern hin­aus­ge­wor­fen in den öden Raum und in den ei­si­gen Athem des Al­lein­seins.

      Heu­te noch lei­dest du an den Vie­len, du Ei­ner: heu­te noch hast du dei­nen Muth ganz und dei­ne Hoff­nun­gen.

      Aber einst wird dich die Ein­sam­keit müde ma­chen, einst wird dein Stolz sich krüm­men und dein Muth knir­schen. Schrei­en wirst du einst »ich bin al­lein!«

      Einst wirst du dein Ho­hes nicht mehr sehn und dein Nied­ri­ges all­zu­na­he; dein Er­hab­nes selbst wird dich fürch­ten ma­chen wie ein Ge­s­penst. Schrei­en wirst du einst: »Al­les ist falsch!«

      Es giebt Ge­füh­le, die den Ein­sa­men töd­ten wol­len; ge­lingt es ih­nen nicht, nun, so müs­sen sie sel­ber ster­ben! Aber ver­magst du das, Mör­der zu sein?

      Kennst du, mein Bru­der, schon das Wort »Ver­ach­tung«? Und die Qual dei­ner Ge­rech­tig­keit, Sol­chen ge­recht zu sein, die dich ver­ach­ten?

      Du zwingst Vie­le, über dich um­zu­ler­nen; das rech­nen sie dir hart an. Du kamst ih­nen nahe und giengst doch vor­über: das ver­zei­hen sie dir nie­mals.

      Du gehst über sie hin­aus: aber je hö­her du steigst, um so klei­ner sieht dich das Auge des Nei­des. Am meis­ten aber wird der Flie­gen­de ge­hasst.

      »Wie woll­tet ihr ge­gen mich ge­recht sein! – musst du spre­chen – ich er­wäh­le mir eure Un­ge­rech­tig­keit als den mir zu­ge­mess­nen Theil.«

      Un­ge­rech­tig­keit und Schmutz wer­fen sie nach dem Ein­sa­men: aber, mein Bru­der, wenn du ein Stern sein willst, so musst du ih­nen dess­halb nicht we­ni­ger leuch­ten!

      Und hüte dich vor den Gu­ten und Ge­rech­ten! Sie kreu­zi­gen ger­ne Die, wel­che sich ihre eig­ne Tu­gend er­fin­den, – sie has­sen den Ein­sa­men.

      Hüte dich auch vor der hei­li­gen Ein­falt! Al­les ist ihr un­hei­lig, was nicht ein­fäl­tig ist; sie spielt auch ger­ne mit dem Feu­er – der Schei­ter­hau­fen.

      Und hüte dich auch vor den An­fäl­len dei­ner Lie­be! Zu schnell streckt der Ein­sa­me Dem die Hand ent­ge­gen, der ihm be­geg­net.

      Man­chem Men­schen darfst du nicht die Hand ge­ben, son­dern nur die Tat­ze: und ich will, dass dei­ne Tat­ze auch Kral­len habe.

      Aber der schlimms­te Feind, dem du be­geg­nen kannst, wirst du im­mer dir sel­ber sein; du sel­ber lau­erst dir auf in Höh­len und Wäl­dern.

      Ein­sa­mer, du gehst den Weg zu dir sel­ber! Und an dir sel­ber fuhrt dein Weg vor­bei und an dei­nen sie­ben Teu­feln!

      Ket­zer wirst du dir sel­ber sein und Hexe und Wahr­sa­ger und Narr und Zweif­ler und Un­hei­li­ger und Bö­se­wicht.

      Ver­bren­nen musst du dich wol­len in dei­ner eig­nen Flam­me: wie woll­test du neu wer­den, wenn du nicht erst Asche ge­wor­den bist!

      Ein­sa­mer, du gehst den Weg des Schaf­fen­den: einen Gott willst du dir schaf­fen aus dei­nen sie­ben Teu­feln!

      Ein­sa­mer, du gehst den Weg des Lie­ben­den: dich selbst liebst du und dess­halb ver­ach­test du dich, wie nur Lie­ben­de ver­ach­ten.

      Schaf­fen will der Lie­ben­de, weil er ver­ach­tet! Was weiss Der von Lie­be, der nicht ge­ra­de ver­ach­ten muss­te, was er lieb­te!

      Mit dei­ner Lie­be gehe in dei­ne Ver­ein­sa­mung und mit dei­nem Schaf­fen, mein Bru­der; und spät erst wird die Ge­rech­tig­keit dir nach­hin­ken.

      Mit mei­nen Thrä­nen gehe in dei­ne Ver­ein­sa­mung, mein Bru­der. Ich lie­be Den, der über sich sel­ber hin­aus schaf­fen will und so zu Grun­de geht. –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von alten und jungen Weiblein

      »Was schleichst du so scheu durch die Däm­me­rung, Za­ra­thustra? Und was birgst du be­hut­sam un­ter dei­nem Man­tel?

      »Ist es ein Schatz, der dir ge­schenkt? Oder ein Kind, das dir ge­bo­ren wur­de? Oder gehst du jetzt sel­ber auf den We­gen der Die­be, du Freund der Bö­sen?« –

      Wahr­lich, mein Bru­der! sprach Za­ra­thustra, es ist ein Schatz, der mir ge­schenkt wur­de: eine klei­ne Wahr­heit ist’s, die ich tra­ge.

      Aber sie ist un­ge­bär­dig wie ein jun­ges Kind; und wenn ich ihr nicht den Mund hal­te, so schreit sie über­laut.

      Als ich heu­te al­lein mei­nes We­ges gieng, zur Stun­de, wo die Son­ne sinkt, be­geg­ne­te mir ein al­tes Weib­lein und re­de­te also zu mei­ner See­le:

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