Название: Im Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Im Sonnenwinkel Staffel
isbn: 9783740914325
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»Bitte nicht, Paul!« Sie war blass geworden.
»Drüben wartet ein schönes Haus und alles, was Kinder sich wünschen können. Begreif doch, dass ich endlich etwas für euch tun möchte! Ich kann dir doch nicht einfach Geld geben und wieder wegfahren.«
»Das sollst du auch nicht. Wir wollen alles so lassen, wie es war. Wir kommen jetzt gut zurecht.«
Er senkte den Kopf. Es schmerzte ihn, wie bestimmt sie es aussprach, aber er war nicht bereit, einfach aufzugeben.
»Du fühlst dich verpflichtet, Hilmar über den Tod hinaus das Wort zu halten«, sagte er heiser.
»Er hat mir nie ein Ehrenwort abgenommen«, stellte sie fest. »Aber ich habe seine Ansicht gebilligt, man kann sich nicht einfach helfen lassen, nur weil es einem andern gelang, schneller voranzukommen.«
»Ich bin doch nicht irgendwer!«, begehrte er auf. »Du weißt so gut wie ich, warum Hilmar sich nicht helfen lassen wollte.«
»Sieh es bitte nicht so, Paul«, sagte sie leise. »Hilmar hat manches Mal geäußert, dass es besser gewesen wäre, wenn ich dich geheiratet hätte. Er war sich immer im Zweifel über sich, und vielleicht ist ihm gerade deshalb alles so schwergefallen. Aber ich habe ihn geliebt, so wie er war. Er hat mich gebraucht.«
Weil er sie brauchte, liebte sie ihn, ging es ihm durch den Sinn.
Franziska war eine durch und durch mütterliche Frau. Sie hatte schon als junges Mädchen den Hang gehabt, jeden zu bemuttern.
»Du warst immer der Stärkere«, fuhr sie fort, um dann in gedankenvolles Schweigen zu versinken.
»Und du meinst, die Starken brauchen keine Liebe? Du meinst, sie beißen sich durch und kennen keine geheimen Wünsche? O Franzi, du weißt nicht, wie mir manches Mal zumute war. Einundzwanzig Jahre hat Hilmar das Glück gehabt, dich ganz zu besitzen. Ich würde lügen, sagte ich, dass ich ihn nicht beneidet hätte. Und nun bist du zu stolz, um etwas anzunehmen, was ich doch nur für deine Kinder geschaffen habe. Für wen sonst? Ich habe doch niemanden.«
Die Tränen kamen ihr. Sie konnte nicht dagegen an. Es klang so aufrichtig, wie er es sagte, und so voller Trauer.
»Bitte, lass uns nicht jetzt darüber sprechen«, flehte sie. »Es ist alles noch so frisch. Sein Grab ist hier.«
»Braucht man ein Grab, um einem geliebten Menschen die Erinnerung zu bewahren? Auf seinem Grab werden immer Blumen blühen. Ich will doch nicht, dass du ihn vergisst. Wir werden gemeinsam an ihn denken. Ich möchte doch nur wissen, ob ich hoffen darf.«
Sie wurde einer Antwort enthoben. Peter kam und gleich nach ihm Carola, und dann waren auch Helga und Volker wieder zur Stelle.
Die Geschwister lagen sich in den Armen. Carolas Gesicht leuchtete wie von innen heraus vor Glück.
Ein zentnerschwerer Stein war ihr von der Seele genommen. Das Lächeln, das sie Paul schenkte, erwärmte sein gequältes Herz.
Carola erschien ihm wie ein Rettungsanker, an den er sich klammern wollte.
*
»Und die Helga will mit nach Amerika«, erzählte Bambi ihren Eltern aufgeregt. »Volker will nicht. Er will lieber in Erlenried bleiben. Warum bleibt Onkel Paul nicht auch hier? Das Haus ist doch groß genug.«
»Immer langsam, Bambi«, mahnte Inge Auerbach. »Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.«
»Sonst brennt man sich«, nickte die Kleine. »Und das tut weh. Helga hat gelacht mit uns. Onkel Paul muss sehr nett sein.«
»Das ist er gewiss«, gab ihre Mutter ihr recht. »Aber man mischt sich nicht in Familienangelegenheiten, Bambi.«
»Ich mische ja nicht. Ich will auch gar nicht, dass Volker nach Amerika geht. Und was sollen Fuhrmanns ohne Peter machen? Sie haben ihn ganz schrecklich gern. Frau Fuhrmann hat neulich gesagt: Ja, wenn er doch unser Bub wäre. Die haben mit ihrem Erwin aber wirklich kein Glück. Er rast nur mit dem Motorrad herum. Und er hat doch so nette Eltern. Der Erwin passt gar nicht nach Erlenried, Mami.«
Das fand Inge Auerbach auch.
»Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, Bambi«, bemerkte sie.
»Wer hat das gesagt, Mami?«, fragte Bambi, die sich neuerdings nicht mit den Weisheiten allein zufriedengab, sondern auch den Urheber wissen wollte.
Da wusste Inge nicht gleich eine Antwort.
»Goethe«, warf Werner Auerbach ein.
Bambi strahlte. »Unser Papi ist der Schlaueste«, erklärte sie stolz. »Er weiß einfach alles.«
»So ist es nun auch wieder nicht«, wehrte der bescheiden ab.
»Und doch ist es so!«, beharrte Bambi.
»Was ist so?«, fragte Hannes, der mit sorgenvoller Miene eintrat.
»Dass Papi wahnsinnig schlau ist«, trumpfte Bambi auf.
»Na, dann soll er mir mal den Cäsar übersetzen«, meinte Hannes seufzend. »Ich bring’s nicht fertig.«
»Latein muss man sich eintrichtern«, stellte sein Vater fest. »Lernen und wieder lernen, bis es fest sitzt.«
»Ich fürchte, da sitze eher ich fest«, stöhnte Hannes. »Nämlich noch mal in derselben Klasse.«
»Untersteh dich«, empörte sich Bambi, »wo du doch einen Studienrat-Schwager hast!«
»Der hat das bessere Los erwählt, der unterrichtet moderne Sprachen«, sagte Hannes kleinlaut.
»Aber Latein hat er auch mal gelernt. Und er kann’s bestimmt noch«, bemerkte sein Vater streng.
»Ich frage den Fabian mal«, raunte Bambi ihrem Bruder zu. »Mir sagt er nicht nein.«
»Sie wickelt alle Männer um den Finger«, äußerte Werner Auerbach schmunzelnd, als die beiden das Zimmer verlassen hatten. »Ich werde mal höllisch auf sie aufpassen müssen.«
Inge lachte. »Du bist doch der Erste, der vor ihr kapituliert. Ach, Werner, hätten wir gedacht, dass sie uns mal den Herbst unseres Lebens verschönern würde, dass er unvergänglich zu bleiben scheint?«
»Wer redet denn von Herbst? Es ist Sommer. Und in unseren Herzen wird die Sonne noch lange scheinen.«
Weil Bambi uns noch lange bleibt, dachten sie beide gleichzeitig und lächelten sich innig zu, weil sie ihre Gedanken errieten.
*
Endlich konnte Franziska wieder am Bett ihres schon verloren geglaubten Kindes sitzen.
Sie hielt die schmale zarte Hand, und in ihrem Herzen kehrte wieder Ruhe ein. Aber schon Helgas erste Frage ließ sie wieder erzittern.
»Würdest du erlauben, dass ich mit Onkel Paul nach Amerika gehe, Mami?«
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