Название: Im Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Im Sonnenwinkel Staffel
isbn: 9783740914325
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Die Tage gingen dahin. Franziska ließ sich nicht beirren. Jeden Morgen suchte sie ihre Arbeitsstätte auf, wie auch Carola.
Peter und Volker fuhren in die Schule, während Helga im Hinblick darauf, dass sie in Amerika ein College besuchen sollte, davon befreit war.
Sie durchstreifte mit Onkel Paul die Umgebung, lernte Land und Leute richtig kennen und kam auch zu der Überzeugung, dass der Abschied nicht leichtfallen würde.
Aber nun stand es schon fest.
Nächste Woche würden sie fliegen.
Die Plätze waren bereits gebucht. Onkel Paul musste sich wieder um seine Fabrik kümmern.
Sehr unterschiedlich hatten Peter und Volker auf dieses Vorhaben reagiert.
Peter war durchaus nicht abgeneigt gewesen, mit ihnen zu gehen, aber da Franziska so konsequent blieb, äußerte er seine Meinung nicht.
Volker stellte sich noch immer auf die Hinterbeine.
»Du wirst schon sehen, Mami, dass Helga bald wiederkommt«, meinte er zuversichtlich.
»Onkel Paul kann doch alles verkaufen und auch herkommen. Es werden ja noch ein paar Häuser gebaut.«
»Und was soll er hier anfangen?«
Das wusste Volker allerdings auch nicht, denn er konnte sich keinen Begriff von dem Ausmaß der Fabrik machen, die Paul Deuring mit unerhörtem Fleiß vergrößert hatte und die vielen Menschen Arbeit gab.
Immerhin konnte man sagen, dass er sich jetzt auch recht gut mit Onkel Paul verstand, nachdem dieser ihm das heißersehnte Fahrrad gekauft hatte. Kinder seines Alters waren nun mal bestechlich.
Für Franziska war das ein unbehaglicher Gedanke. Sie wusste sehr gut, dass Paul die Wünsche der Kinder nicht aus purer Berechnung erfüllte, aber er nahm nun schon einen Platz unter ihnen ein, der leer bleiben würde, wenn er nicht mehr bei ihnen weilte.
Mit Erschrecken wurde sie sich ihrer Gedanken bewusst, und Wehmut beschlich sie, als der Tag des Abschieds vor der Tür stand.
Helga war so vom Reisefieber gepackt, dass sie solchen wehmütigen Gedanken nicht nachhängen konnte.
Für sie stand es fest, dass sie bald wieder vereint sein würden.
»Du musst uns aber ausführlich schreiben, wie es dort ist«, verlangte nun auch Volker nachdrücklich.
»Und dann werdet ihr uns in den Sommerferien besuchen«, schlug Onkel Paul vor.
Die standen nun ohnehin vor der Tür. Eigentlich, so meinte Peter, und insgeheim schloss sich auch Volker ihm an, hätten sie doch gleich mitfliegen können, wenigstens zu einem Besuch.
Franziska aber beharrte eigensinnig darauf, dass sie sich eben erst eingearbeitet hätte. Nein, in den Sommerferien würden sie bestimmt nicht kommen.
Dann Weihnachten, meinte Helga. Ein Schatten fiel über ihr Gesicht; denn nun dachte sie daran, dass es das erste Weihnachten ohne den Vater war, ein Weihnachtsfest, das sie fern von Mutter und Geschwistern verbringen wollte.
»Carola wird im Dezember heiraten«, sagte Franziska. Sie sah Paul dabei nicht an.
»Nun, dann werden wir ja auf jeden Fall kommen, und …« Er unterbrach sich und griff nach Franziskas Hand. Eine stumme Bitte lag in dieser Geste.
»Und dann feiern wir Weihnachten hier alle zusammen«, freute sich Volker.
*
Noch einmal waren Helga und Onkel Paul auf dem Friedhof gewesen und hatten das Grab mit Blumen geschmückt.
Nun, als das Flugzeug sie schon über das Meer trug, stand Franziska hier. Wie schnell doch die Zeit verging!
Die kleine Zwergtanne neben dem Grabstein, der nur den schlichten Namenszug trug, war eingewurzelt. Das Leben geht weiter, dachte sie, und es ist gut so.
Plötzlich stand Volker neben ihr und lehnte seinen Kopf an ihren Arm.
»Wir hatten früher Schule aus. Ich dachte mir schon, dass ich dich hier finden würde, Mami«, sagte er leise. »Es ist mächtig heiß heute, aber nächste Woche beginnen ja die Ferien.«
Für die Kinder gilt es noch mehr, dass das Leben weitergeht, dachte Franziska. Sie wollen nicht an das Sterben erinnert werden, nicht daran denken, wer der Nächste sein könnte.
»Wo sind Helga und Onkel Paul jetzt?«, fragte er weiter.
»Über dem Atlantik.«
»Da fliegen sie ganz dicht unter dem Himmel weg«, bemerkte er gedankenvoll. »Ich möchte zu gern wissen, ob Vati es weiß, dass sie in dem Flugzeug sind. Manche sagen, wenn man tot ist, ist man tot, dann weiß man gar nichts mehr. Wollen wir nicht lieber gehen, Mami? Ich habe solchen Durst.«
Es hatte Tage gegeben, in denen sie ohne Hoffnung gewesen war, vor sich einen Berg von Schwierigkeiten, die sie allein nicht bewältigen konnte. Aber sie war nicht allein gewesen, nicht verlassen. Sie legte den Arm um ihren Jüngsten und ging mit ihm aus dem Schatten in den lichten Sommertag hinein.
*
Helgas erster Brief kam schon ein paar Tage später. Ganz ausführlich beschrieb sie alles, was sie auf ihrer ersten großen Reise erlebt hatte.
Der Fug war herrlich gewesen. Sie könne es gar nicht glauben, dass sie nun so weit entfernt von ihnen sei, aber hier in Kalifornien sei es wunderschön.
Sie schilderte das Haus in allen Einzelheiten. Man konnte es sich richtig vorstellen, wie es aussah, großzügig und doch behaglich.
Sie schrieb von Molly, der schokoladenbraunen Köchin, die sie mit den köstlichen Speisen verwöhnte, von dem Butler Josias, der viel vornehmer sei als Onkel Paul, vom Swimming-pool, in den sie gleich von ihrem Zimmer aus springen konnte.
Dann hatte sie noch etwas unter den Brief gekritzelt, das wohl eigentlich nur für ihre Mutter bestimmt sein sollte, was diese aber zu spät begriff.
Und stell Dir vor, Mami, Onkel Paul hat ein Bild von Dir malen lassen, nach einem Jugendbild. Es hängt im Wohnzimmer, und Du siehst einfach wunderschön darauf aus. So habe ich Dich auch immer vor mir, aber wir wären beide sehr froh, wenn ihr auch kommen würdet.
Franziska ging schnell aus dem Zimmer, damit die Kinder ihre Tränen nicht sehen sollten, Tränen der Rührung und Sehnsucht.
Volker warf seinem Bruder einen schrägen Blick zu.
»Vielleicht sollten wir Mami doch zureden, dass wir auch ’rüberfahren«, meinte er. »Es sieht nicht so aus, als möchte Helga wieder zurück.«
»Warten wir es ab«, stellte Peter fest.
*
Doch die Tage und Wochen vergingen, und regelmäßig kamen Helgas Briefe. Immer wusste sie etwas Neues zu berichten.
In Erlenried СКАЧАТЬ