Название: Väter und Söhne
Автор: Иван Тургенев
Издательство: Public Domain
Жанр: Русская классика
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Nikolaus Petrowitsch läutete und rief: »Duniascha!« Allein statt Duniascha war es Fenitschka selbst, die erschien. Sie war eine junge Frau von etwa 23 Jahren, weiß und rund, mit schwarzen Augen und dunklem Haar; ihre Lippen waren rot und voll wie die eines Kindes, und ihre Hände zierlich und fein. Ihr Anzug bestand in einem Kattunkleide und einem ganz neuen blauen Halstuch, das über ihre runden Schultern geworfen war; sie hielt eine große Tasse Schokolade in der Hand; indem sie diese vor Paul niederstellte, schien sie ganz außer Fassung, und die feine, durchsichtige Haut ihres Antlitzes färbte sich mit einem lebhaften Rot. Sie schlug die Augen nieder und blieb nahe dem Tisch stehen, auf den sie sich mit den Fingerspitzen stützte. Sie sah aus, wie wenn sie sich über ihr Kommen Vorwürfe mache und doch zugleich fühle, daß sie nicht ohne ein Recht dazu gekommen sei.
Paul runzelte streng die Augenbrauen, Kirsanoff war gänzlich verwirrt.
»Guten Morgen, Fenitschka,« murmelte er endlich.
»Guten Morgen,« erwiderte sie mit einer nicht lauten, doch wohlklingenden Stimme; dann zog sie sich langsam wieder zurück, nachdem sie verstohlen einen Blick auf Arkad geworfen hatte, den dieser mit freundlichem Lächeln erwiderte. Sie wiegte sich im Gehen ein wenig in den Hüften; es stand ihr aber sehr gut.
Nachdem sie gegangen war, herrschte einige Augenblicke auf der Terrasse ein tiefes Schweigen. Paul trank seinen Kakao. Langsam erhob er den Kopf …
»Da kommt ja der Herr Nihilist, dems endlich gefällt, zu erscheinen,« sagte er halblaut. Wirklich war Bazaroff, über die Rabatten wegschreitend, eben in den Garten eingetreten. Sein Paletot und seine leinenen Beinkleider waren beschmutzt, eine Sumpfpflanze war um seinen alten runden Hut geschlungen. In der rechten Hand hielt er einen kleinen Sack, darin bewegte sich etwas. Er kam mit großen Schritten auf die Terrasse zu, neigte ein wenig den Kopf und sagte:
»Guten Morgen, meine Herren, entschuldigen Sie, wenn ich etwas spät zum Tee komme. Ich werde sogleich wiedererscheinen, ich muß mich vorher meiner Gefangenen entledigen.«
»Sind das Blutegel?« fragte Paul.
»Nein, Frösche.«
»Wollen Sie die essen oder aufziehen?«
»Ich brauche sie zu Untersuchungen,« antwortete Bazaroff gleichgültig und trat ins Haus.
»Wahrscheinlich seziert er sie,« fuhr Paul fort. »Er glaubt nicht an Prinzipien und glaubt an die Frösche.«
Arkad warf auf seinen Onkel einen Blick des Mitleids, und Kirsanoff zuckte fast unmerklich die Achseln. Paul begriff übrigens selbst, daß sein Witzwort ihm nicht gelungen war – und fing an, über Landwirtschaft zu sprechen, bei welcher Gelegenheit er erzählte, daß der neue Verwalter mit seiner gewohnten Beredsamkeit sich über den Arbeiter Foka beklagt habe, mit dem er nichts anzufangen wisse. Der Kerl sei ein wahrer Äsop, sagte der Verwalter, er wisse den üblen Burschen, vor dem jedermann das Kreuz schlage, nicht zu verwenden, kaum sei er bei der Arbeit, so mache er Dummheiten, reiße aus – und – gesehen hat man ihn.
Sechstes Kapitel
Bazaroff erschien bald wieder; er nahm Platz und schickte sich an, Tee zu trinken, wie wenn er den Samowar hätte erschöpfen wollen. Die beiden Brüder sahen ihm stillschweigend zu, während Arkad von der Seite her wieder diese beobachtete.
»Sind Sie weit weg gewesen?« fragte endlich Kirsanoff.
»Bis zu einer Art von Sumpf bei Ihrem Espenwald. Dort sind fünf oder sechs Bekassinen vor mir aufgestiegen; die kannst du schießen, Arkad.«
»Sie selbst sind wohl nicht Jäger?«
»Nein.«
»Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit Physik?« fragte Paul.
»Ja, mit Physik und überhaupt mit den Naturwissenschaften.«
»Man behauptet, die Germanen hätten in diesen Wissenschaften seit einigen Jahren große Fortschritte gemacht.«
»Ja, darin sind die Deutschen unsere Meister,« erwiderte Bazaroff nachlässig.
Paul hatte den Ausdruck »Germanen« in ironischer Absicht gebraucht, aber es machte keine große Wirkung.
»Sie haben für die Deutschen eine sehr hohe Achtung?« fuhr er mit erzwungener Höflichkeit fort. Er fing an, eine dumpfe Erregung in sich zu fühlen. Seine aristokratische Natur konnte Bazaroffs ungeniertes Auftreten nicht ertragen. Dieser Chirurgensohn zeigte nicht nur keine Spur von Verlegenheit, sondern antwortete ihm auch schroff und keineswegs verbindlich, und der Ton seiner Stimme hatte etwas Grobes, das an Insolenz streifte.
»Die Gelehrten dieses Landes sind verdienstvolle Burschen,« sagte Bazaroff.
»Jawohl, jawohl. Wahrscheinlich haben Sie von den russischen Gelehrten keinen so schmeichelhaften Begriff?«
»Wohl möglich.«
»Eine solche Unparteilichkeit macht Ihnen viel Ehre,« fuhr Paul fort und richtete sich mit etwas aufgeworfenem Kopf empor. »Übrigens hat uns Arkad Nikolajewitsch schon gesagt, daß Sie ja in Sachen der Wissenschaft gar keine Autorität anerkennen. Wie verträgt sich das mit der Ansicht, die Sie soeben aussprechen? Ist das wirklich wahr, daß Sie keine Autorität anerkennen?«
»Warum sollte ichs tun? Und an was müßte ich glauben? Beweist man mir eine vernünftige Sache, bin ich damit einverstanden, und alles ist gesagt.«
»Demnach sagen die Deutschen immer nur vernünftige Dinge?« murmelte Paul Petrowitsch, und sein Gesicht nahm einen solchen Ausdruck von Gleichgültigkeit und Unempfindlichkeit an, daß man hätte glauben können, er habe sich in eine irdischen Gemütsbewegungen ganz unzugängliche Sphäre erhoben.
»Nicht immer,« erwiderte Bazaroff mit verhaltenem Gähnen, wie wenn er zu verstehen geben wollte, daß ihm dieser müßige Streit lästig werde.
Paul betrachtete Arkad mit einem Ausdruck, der zu sagen schien: Man muß zugeben, daß dein Freund nicht gerade höflich ist.
»Was mich anbelangt,« fuhr er mit lauter Stimme und nicht ohne einige Anstrengung fort, »ich gestehe in Demut, daß ich die Herren Deutschen nicht sehr liebe. Ich verstehe darunter die echten Deutschen und nicht die Deutschrussen. Übrigens weiß man auch, was an diesen ist. Ja, die Deutschen in Deutschland sind nicht mein Geschmack. Vormals waren sie noch erträglich; sie hatten bekannte Namen: Schiller, Goethe zum Beispiel. Mein Bruder hat für diese Schriftsteller eine ganz besondere Verehrung, jetzt aber gewahre ich unter ihnen nur Chemiker und Materialisten.«
»Ein guter Chemiker ist zwanzigmal nützlicher als der beste Poet,« sagte Bazaroff.
»Wirklich?« erwiderte Paul und hob die Augenbrauen, wie wenn er soeben erwachte; »die Kunst scheint also für Sie eine gänzlich wertlose Sache?«
»Die Kunst, Geld zu gewinnen und die Hühneraugen gründlich zu vertreiben,« rief Bazaroff mit verächtlichem Lächeln.
»Vortrefflich! Wie Sie zu scherzen geruhen! Das kommt auf eine vollständige Negation heraus. Gut! Immerhin, Sie glauben also nicht an die Wissenschaft?«
»Ich habe schon die Ehre gehabt, Ihnen zu sagen, daß ich an gar nichts glaube. Was verstehen Sie unter dem Wort Wissenschaft im generellen Sinn? Es gibt Wissenschaften, wie es Handwerke, wie es Professionen gibt. Eine Wissenschaft СКАЧАТЬ