Название: Das adelige Nest
Автор: Иван Тургенев
Издательство: Public Domain
Жанр: Русская классика
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Sechstes Kapitel
Laut und entschlossen griff Panschin die erstere Accorde der Sonate, (er spielte den Baß) Liese aber begann ihre Partie nicht. Er hielt inne und blickte auf sie. – Liesens Augen, die auf ihn fest geheftet waren, drückten Unwillen aus; ihre Lippen lächelten nicht, ihr ganzes Gesicht war streng, fast traurig.
»Was haben Sie?« fragte er.
»Warum haben Sie nicht Ihr Wort gehalten?« sagte sie. »Ich habe Ihnen die Cantate von Christophor Fedorowitsch unter der Bedingung gezeigt, daß Sie ihm nichts davon sagen sollten.« —
»Verzeihen Sie, Elisabeth Michailowna, es ist mir entfahren.«
»Sie haben ihn betrübt und mich auch; jetzt wird er auch mir mißtrauen.«
»Was soll ich thun, Elisabeth Michailowna? Von Jugend auf kann ich nicht gleichgültig einen Deutschen sehen, es zieht mich, so zu sagen, ihn zu necken.«
»Was sagen Sie da, Wladimir Nikolaitsch! Dieser Deutsche ist arm, steht allein da, ist vom Schicksal geknickt – und er thut Ihnen nicht leid? Und Sie möchten ihn necken?«
Panschin wurde verlegen.
»Sie haben Recht, Elisabeth Michailowna,« murmelte er, »ein Allem ist meine Unbedachtsamkeit schuld. Nein, widersprechen Sie mir nicht, ich kenne mich selbst sehr gut; meine Unbedachtsamkeit hat mir schon vielen Schaden gebracht, ihr verdanke ich, daß man mich für einen Egoisten hält.«
Panschin schwieg. Worüber er auch sprach, das Gespräch endigte gewöhnlich damit, daß er von sich selbst zu reden begann, und dies kam aus seinem Munde so hübsch und weich, so herzlich, als wäre es unwillkürlich.
»In Ihrem Hause zum Beispiel» fuhr er fort, »ist Ihre Mutter mir gewogen, sie ist so gut; Sie, – nun ich weiß nicht, was Sie von mir meinen; Ihre Tante dagegen kann mich ganz einfach nicht ausstehen. Ich muß sie auch durch ein dummes, unüberlegtes Wort beleidigt haben; denn sie liebt mich nicht, nicht wahr?«
»Ja,« sagte Elisabeth Michailowna etwas zögernd, – »Sie gefallen ihr nicht.«
Panschin eilte mit den Fingern über die Tasten und ein kaum bemerkbares spöttisches Lächeln glitt über seine Lippen.
»Nun und Sie,« sagte er, »scheine ich auch Ihnen ein Egoist zu sein?«
»Ich kenne Sie wenig, doch ich halte Sie nicht für einen Egoisten, im Gegentheil, ich muß Ihnen dankbar sein . . .«
»Ich weiß, ich weiß, was Sie sagen wollen,« unterbrach sie Panschin, und wieder glitten seine Finger über die Tasten: »für die Noten, für die Bücher, welche ich Ihnen bringe, für die schlechten Zeichnungen, mit welchen ich Ihr Album schmücke, und so weiter. Das Alles kann ich aber thun und dabei doch Egoist sein. Ich wage es zu glauben. daß Sie sich mit mir nicht langweilen und daß Sie mich nicht für einen schlechten Menschen halten; immerhin aber denken Sie, daß ich, wie soll ich mich doch ausdrücken, um eines Witzes willen, weder Vater noch Freund schonen würde.«
»Sie sind zerstreut und vergeßlich, wie alle Weltleute,« sagte Liese, »das ist Alles.«
Panschin runzelte etwas seine Stirn.
»Hören Sie,« sagte er, »wir wollen lieber von mir ganz und gar nicht reden, lassen Sie uns die Sonate spielen. Um Eins nur bitte ich Sie, fügte er hinzu, mit seiner Hand die Blätter des auf dem Notenpult liegenden Heftes glättend, »denken Sie von mir, was Sie wollen, nennen Sie mich sogar Egoist – nun meinethalben! Nur nennen Sie mich nicht einen Weltmann, dieses Wort ist mir unerträglich . . . Anch’io sono pittore. Auch ich bin Künstler, obgleich ein ziemlich schlechter, – und dieß, nämliche daß ich ein schlechter Künstler bin, will ich Ihnen gleich mit der That beweisen. Lassen Sie uns anfangen.«
»Fangen wir meinethalben an,« sagte Liese.«
Das erste Adagio wurde ziemlich glücklich überwunden, obgleich Panschin einige Schnitzer machte. Seine eigenen Compositionen und was er einstudirt hatte, spielte er sehr hübsch, vom Blatte aber las er sehr schlecht. Der zweite Theil der Sonate aber, ein ziemlich schnelles Allegro, ging ganz und gar nicht; beim zwanzigsten Tacte hielt es Panschin, der ein paar Takte zurückgeblieben war, nicht aus und rückte lachend seinen Stuhl fort.
»Nein,« rief er, »heute kann ich nicht spielen, gut daß uns Lemm nicht gehört hat, er wäre sonst in Ohnmacht gefallen.«
Liese stand auf, klappte den Deckel des Clavieres zu und wandte sich zu Panschin.
»Was werden wir jetzt thun?« fragte sie.
»Ich erkenne Sie an dieser Frage! Unmöglich können Sie mit gekreuzten Armen sitzen. Nun wenn Sie es wünschen, wollen wir zeichnen, so lange es noch nicht ganz dunkel geworden ist. Vielleicht wird die andere Muse, die Muse der Zeichnenkunst, – wie nannte man sie doch, . . . ich habe es vergessen. Wo ist Ihr Album? Ich erinnere mich, daß, meine Landschaft noch nicht beendigt ist.«
Liese ging in ein anderes Zimmer, um ihr Album zu holen, Panschin aber nahm, als er allein war, ein Batistschnupftuch aus seiner Tasche und blickte von der Seite auf seine Hände. Er hatte sehr hübsche und weiße Hände; auf dem Zeigefinger der Linken trug er einen schlangenförmigen goldenen Ring. Liese kehrte zurück; Panschin setzte sich an’s Fenster und öffnete das Album. »Aha!« rief er, »Sie haben meine Landschaft abzuzeichnen begonnen – das ist wunderschön. Sehr gut! Hier nur, – geben Sie mir den Bleistift, – sind die Schatten nicht dunkel genug. Sehen Sie!« Und Panschin zeichnete einige kühne und lange Striche. Er zeichnete beständig eine und dieselbe Landschaft: an dem Vorderplan große Bäume mit wild herabhängendem Laube, in der Ferne eine Wiese, und zackige Berge am Horizont. Liese blickte über seine Schulter auf seine Arbeit.
»Ja der Zeichnung, wie im Leben im Allgemeinen,« sagte Panschin, den Kopf bald rechts bald links wendend: »sind die Hauptsache – Leichtigkeit und Kühnheit.«
In diesem Augenblicke trat Lemm in’s Zimmer und wollte, nachdem er trocken gegrüßt hatte, sich entfernen; Panschin aber warf Album und Bleistift auf die Seite und vertrat ihm den Weg.
»Wohin wollen Sie aber, mein lieber Christophor Fedorowitsch? Wollen Sie denn nicht bleiben und mit uns Thee trinken?«
»Ich muß nach Hanse,« sagte Lemm mit finsterer Stimme »ich habe Kopfschmerzen.«
»Nun, was ist das für Unsinn; bleiben Sie hier und trinken Sie Thee mit uns. Wir wollen zusammen über Shakespeare streiten.«
»Ich habe Kopfschmerzen» wiederholte der Alte.
»Wir hatten in Ihrer Abwesenheit uns an Beethoven’s Sonate gemacht,« fuhr Panschin fort, ihn freundlich bei der Taille ergreifend und fröhlich lächelnd; – »doch wollte die Sache nicht gehen. Denken Sie sich nur, ich konnte nicht zwei Noten richtig hinter einander spielen.«
»Sie hätten doch lieber Ihre Romanze noch einmal gesungen,« erwiderte Lemm, die Hände Panschin’s wegnehmend,« und ging heraus.
Liese eilte ihm nach. Sie holte ihn auf der Treppe ein.
»Christophor СКАЧАТЬ