Rudin. Иван Тургенев
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Название: Rudin

Автор: Иван Тургенев

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ nur Klügelei – um die Leute zu bethören. Gebt uns Facta, meine Herren, weiter fordern wir nichts von Euch.

      – Wirklich! erwiederte Rudin. – Aber der Sinn der Facten muß doch gedeutet werden!

      – Allgemeine Theorien, fuhr Pigassow fort: – nicht ausstehen kann ich sie, diese allgemeinen Theorien, Uebersichten, Schlußfolgerungen! Das stützt sich Alles auf sogenannte Ueberzeugungen; ein Jeder faselt von seinen Ueberzeugungen, und verlangt noch dazu, daß man sie respectire, daß man sich mit dergleichen befasse . . . Oh! Oh! Und Pigassow schüttelte mit der Faust in der Luft. Pandalewski lachte auf.

      – Herrlich! sagte Rudin: – es giebt also, Ihrer Ansicht nach, keine Ueberzeugungen.

      – Nein – es giebt keine.

      – Das ist Ihre Ueberzeugung?

      – Ja.

      – Wie können Sie nun sagen, es gäbe keine? Da haben Sie eben eine ausgesprochen.

      Alle im Zimmer lächelten und warfen sich Blicke zu.

      – Erlauben Sie, erlauben Sie aber, begann wieder, Pigassow . . .

      Doch Darja Michailowna klatschte in die Hände und rief: bravo, bravo, geschlagen, Pigassow ist geschlagen! und nahm sachte den Hut aus Rudins Händen.

      – Halten Sie ein wenig ein mit der Freude, gnädige Frau: ein wenig Geduld! sagte Pigassow ärgerlich. – Es kommt nicht darauf an, mit Ueberlegenheitsmiene ein witziges Wort abzuschießen, beweisen soll man, widerlegen . . . Wir sind vom Gegenstande unseres Streites abgekommen.

      – Erlauben Sie, bemerkte Rudin gelassen: – die Sache ist ganz einfach. Sie glauben nicht an den Nutzen allgemeiner Theorien, Sie glauben nicht an Ueberzeugungen.

      – Ich glaube nicht, glaube daran nicht, an nichts glaube ich!

      – Sehr gut. Sie sind Skeptiker.

      Ich sehe nicht ein, wozu uns dies gelehrte Wort nützen soll. Indessen . . .

      – Unterbrechen Sie doch nicht, mischte sich Darja Michailowna in’s Gespräch.

      – Jetzt geht es los! sagte Pandalewski schmunzelnd vor sich hin.

      – Dieses Wort drückt meinen Gedanken aus, fuhr Rudin fort. Sie verstehen es: weshalb sollte ich es nicht gebrauchen? Sie glauben an nichts . . . Wie glauben Sie denn an ein Factum?

      – Wie? das ist aber schön! Ein Factum ist eine bekannte Sache, ein Jeder weiß, was ein Factum ist . . . Ich urtheile darüber aus Erfahrung, nach eigener Empfindung.

      – Die Empfindung kann Sie aber täuschen! Die Empfindung sagt Ihnen, daß die Sonne sich um die Erde dreht, oder . . . oder, vielleicht theilen Sie Kopernikus Ansicht nicht? Sie glauben auch ihm nicht?

      Von Neuem überflog ein Lächeln die Gesichter, Aller Augen waren aus Rudin gerichtet. »Ein ganz gescheidter Mensch,« dachte Jeder,

      – Sie gefallen sich in Scherzen, sagte Pigassow. – Freilich, das ist sehr originell, gehört aber nicht zur Sache.

      – In dem, was ich bis jetzt gesagt habe, erwiederte Rudin: – war leider sehr wenig Originelles. Alles dies ist schon längst bekannt, und ist tausendmal wiederholt worden. Nicht darauf kam es an . . .

      – Aber worauf denn? fragte Pigassow, mit leichtem Anflug von Unverschämtheit.

      Er pflegte, wenn er stritt, mit spöttischen Ausfällen gegen seinen Widerpart anzufangen, dann grob zu werden, und endlich schmollend zu verstummen.

      – Ich will Ihnen sagen, woraus, fuhr Rudin fort: – ich kann mich wirklich nicht, ich muß es gestehen, eines tiefen Bedauerns erwehren, wenn verständige Leute in meiner Gegenwart herfallen über . . .

      – Ueber Systeme! unterbrach ihn Pigassow.

      – Nun, meinetwegen, über Systeme. Was bringt Sie dies Wort so außer sich? Jedes System stützt sich ja auf die Kenntniß der Grundgesetze des Lebens . . .

      – Aber ich bitte Sie, die kann man doch nicht kennen, nicht ergründen . . .

      – Erlauben Sie. Freilich, nicht Jedem sind sie zugänglich, und der Mensch ist dem Irrthum unterworfen. Sie werden mir aber wahrscheinlich zugeben, daß Newton, zum Beispiel, einige dieser Grundgesetze dennoch entdeckt hat. Das war ein Genie, zugestanden; die Entdeckungen, die geniale Geister machen, sind aber eben dadurch groß, daß sie zum Gemeingute Aller werden. Das Bestreben, allgemeine Gesetze aus partiellen Erscheinungen herauszufinden, bildet eine Grundeigenschaft des menschlichen Geistes, und unsere ganze Bildung . . .

      – Dahin also wollten Sie! unterbrach ihn wiederum mit gedehnter Stimme Pigassow. – Ich bin ein praktischer Mensch und vertiefe mich nicht gern in diese metaphysischen Spitzfindigkeiten.

      – Sehr wohl! Das steht bei Ihnen. Beachten Sie indessen, daß schon der Wille allein, ausschließlich ein praktischer Mensch zu sein, an und für sich ein System vorstellt, eine Theorie . . .

      – Bildung! sagten Sie, unterbrach ihn Pigassow: – Sie glauben wohl, mich mit diesem Wort aus der Fassung zu bringen! Wir haben sie sehr nöthig, diese angepriesene Bildung! Nicht einen kupfernen Groschen möchte ich für diese Ihre Bildung hingeben!

      – Sie disputiren aber grundschlecht, Afrikan Semenitsch! bemerkte Darja Michailowna, im Innern sehr befriedigt durch die Ruhe und weltmännische Artigkeit ihres neuen Gastes. – »C’est un homme comme il faut« dachte sie, Rudin’s Gesicht mit Wohlwollen betrachtend: »Ich muß ihn gewinnen.« Die letzten Worte sagte sie in Gedanken russisch.

      – Ich werde es nicht unternehmen, fuhr Rudin nach einigem Schweigen fort, – die Bildung zu vertheidigen: – sie bedarf meiner Vertheidigung nicht. Sie mögen dieselbe nicht . . . Jeder hat feinen eigenen Geschmack. Es würde uns übrigens auch zu weit führen. Erlauben Sie mir nur, Sie an einen alten Spruch zu erinnern: »Jupiter, du wirst böse, folglich hast du Unrecht!« Ich wollte sagen, daß alle diese Ausfälle auf Systeme, allgemeine Theorien u.s.w. deshalb eben so zu bedauern sind, weil mit den Systemen zugleich die Menschen das Wissen überhaupt, die Wissenschaft und den Glauben an eine solche, verleugnen, folglich auch den Glauben an sich selbst, an die eigene Kraft. Die Menschen bedürfen aber dieses Glaubens: von Eindrücken allein können sie nicht leben, es wäre sündhaft, wenn sie vor dem Gedanken Scheu hätten und ihm nicht Vertrauen schenkten. Der Skeptizismus hat sich von jeher durch Unfruchtbarkeit und Ohnmacht ausgezeichnet . . .

      – Das sind alles Worte! murrte Pigassow.

      – Vielleicht. Erlauben Sie mir aber, Ihnen zu bemerken, daß mit diesem Ausrufe »Das sind nur Worte,« wir uns oft der Nothwendigkeit entheben, etwas Gescheidteres als nur Worte zu sagen.

      – Wie? fragte Pigassow und kniff die Augen zusammen.

      – Sie haben verstanden, was ich Ihnen sagen wollte, erwiederte Rudin, mit unwillkührlicher, doch sofort unterdrückter Ungeduld. – Ich wiederhole es, wenn der Mensch keinen festen Grund hat, an den er glaubt, keinen Boden, aus dem er sicher fußt, wie kann er sich dann Rechenschaft geben von den Bedürfnissen, der Bedeutung, der Zukunft seines Volkes? wie kann er wissen, was er selbst? zu thun hat, wenn . . .

      – Ehre dem Ehre gebührt! stotterte Pigassow hervor, verbeugte sich und trat auf die Seite, ohne Jemand anzublicken.

      Rudin sah ihn an, СКАЧАТЬ