Oblomow. Иван Гончаров
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Название: Oblomow

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Was machte er denn zu Hause? Las er? Schrieb er? Lernt er? Ja, wenn ihm ein Buch oder eine Zeitung in die Hand kam, las er. Wenn er von irgendeinem merkwürdigen Werk hörte, erwacht in ihm der Wunsch es kennen zu lernen; er sucht danach, bittet, ihm das Buch zu bringen, und wenn man es bald bringt,  nimmt er es vor und beginnt sich eine Vorstellung über den Gegenstand zu bilden; nur noch ein einziger Schritt und er würde denselben beherrschen, wenn man aber nach einer Weile hinsieht,  ruht er schon wieder, apathisch auf die Zimmerdecke blickend, und das Buch liegt, nicht zu Ende gelesen und unverstanden, neben ihm. Die Abkühlung erfaßte ihn noch schneller als die Begeisterung. Er kehrte nie mehr zum verlassenen Buch zurück. Und dabei hatte er wie die andern, wie alle, bis zum fünfzehnten Jahr im Pensionat gelernt; dann entschlossen sich die alten Oblomow nach langem Kampf Iljuscha nach Moskau zu schicken, wo er, er wollte oder nicht den Lehrcursus bis zu Ende verfolgen mußte. Sein schüchterner, apathischer Charakter hinderte ihn daran seine Faulheit und seine Launen vor fremden Leuten, in der Schule, wo man zu Gunsten von verwöhnten Muttersöhnchen keine Ausnahme machte, ganz zu äußern. Er saß nothgedrungen in gerader Haltung in der Classe da, hörte zu, was die Lehrer sagten, weil er nicht anders durfte, und lernte mit Mühe, schwitzend und seufzend seine Aufgaben.

      Er überschritt niemals die Zeile, unter welcher der Lehrer mit dem Nagel einen Strich gezogen hatte, stellte ihm keinerlei Fragen und forderte keinerlei Erklärungen. Er begnügte sich damit, was im Heft stand und äußerte auch dann keine lästige Neugierde, wenn er nicht alles verstand, was er hörte und lernte. Wenn es ihm irgendwie gelang, ein Buch, das Statistik, Geschichte, politische Ökonomie hieß, zu bewältigen, war er ganz zufrieden. Wenn ihm aber Stolz Bücher brachte, welche er noch außer dem Gelernten lesen sollte, blickte Oblomow ihn lange schweigend an. »Auch Du Brutus bist gegen mich,« sagte er seufzend und nahm die Bücher vor. Ein so übermäßiges Lesen erschien ihm unnatürlich und lästig. »Wozu sind denn alle diese Hefte, auf welche man eine Menge Papier, Zeit und Tinte verwendet? Wozu sind die Schulbücher? Wozu sind endlich die sechs, sieben Jahre des Einsiedlerthums, all die Strenge, die Strafen, das Einsperren und Quälen mit Aufgaben, das Verbot zu laufen, herumzutollen und lustig zu sein, wenn noch nicht alles zu Ende ist?« »Wann soll man denn leben?« – fragte er sich wieder. »Wann soll man denn endlich dieses Wissenscapital, dessen größten Theil man im Leben gar nicht verwenden kann, in Umsatz bringen? Was werde ich zum Beispiel mit politischer Ökonomie, mit Algebra und Geometrie in Oblomowka anfangen?« Und die Geschichte macht einen nur niedergeschlagen. Man lernt und liest, daß die Stunde der Trübsal gekommen ist, daß der Mensch unglücklich ist; er sammelt seine Kräfte, arbeitet, läuft hin und her, leidet furchtbar und müht sich ab, und das alles, um sich lichte Tage vorzubereiten. Jetzt kommen sie, und die Geschichte könnte ausrasten. Aber nein, es kommen wieder Wolken, das Gebäude stürzt zusammen, man muß wieder arbeiten und sich abmühen. . . Die lichten Tage bleiben nicht, sie flüchten, und das Leben fließt und fließt immerzu weiter und wird immer wieder umgebaut.

      Die ernste Lectüre ermüdete ihn. Den Denkern gelang es nicht, in ihm den Durst nach beschaulichen Wahrheiten wachzurufen. Aber die Dichter packten ihn mächtig, und er wurde dabei ein Jüngling wie alle. Auch für ihn kam der glückliche, niemand versagte Augenblick des Lebens, wo die Kräfte aufblühen, die Hoffnung auf das Sein, der Wunsch des Guten, der Thaten und Wagnisse erwacht, die Epoche des Herzklopfens, des gesteigerten Pulses; des Bebens, der begeisterten Reden und süßen Thränen, Verstand und Herz läuterten sich. Er schüttelte die Schläfrigkeit von sich ab, die Seele verlangte nach Thätigkeit. Stolz verhalf ihm dazu, diesen Moment um so viel zu verlängern, als es für seine Natur, wie sein Freund sie besaß, nur irgend möglich war. Er ertappte Oblomow bei den Dichtern und hielt ihn im Laufe von anderthalb Jahren im Bann des Gedankens und der Wissenschaft. Er nützte den jugendlichen Aufschwung aus, schloß in das Lesen der Dichter außer dem Genuß neue Ziele ein, wies ihn mit einer gewissen Strenge auf die in der Ferne liegenden Weges ihres Lebens hin und riß ihn mit sich in die Zukunft. Beide regten sich auf, weinten und versprachen einander feierlich, einen vernünftigen und lichten Weg zu wählen. Stolzʼ jugendliches Feuer steckte Oblomow an, und er vergieng vor Sehnsucht nach Arbeit, nach einem fernen, aber verlockenden Ziel.

      Doch die Blüte des Lebens entfaltete sich ohne Früchte tragen. Oblomow wurde nüchtern und las nur manchmal, auf den Rath von Stolz hin, das eine oder das andere Buch, doch er that es nicht auf einen Zug, nicht plötzlich und ohne Gier, er ließ Augen nur träge den Zeilen folgen. Wie interessant die Stelle, die er las, auch sein mochte, wenn ihn aber die Stunde des Speisens oder Schlafens dabei antraf, legte er das Buch mit dem Einband nach oben hin und gieng Mittag essen oder löschte die Kerze aus und gieng schlafen. Wenn man ihm den ersten Band gab, verlangte er, als er damit fertig war, nicht nach dem zweiten, wenn man ihm aber denselben brachte, las er ihn langsam zu Ende. Später konnte er nicht einmal den ersten Band bewältigen, sondern verbrachte den größten Theil seiner freien Zeit damit, daß er seine Ellbogen auf den Tisch legte und darauf den Kopf stützte, manchmal gebrauchte er statt der Ellbogen das Buch, welches Stolz ihm aufgedrängt hatte.

      So beschloß Oblomow seine wissenschaftliche Laufbahn. Der Tag, an welchem er seine letzte Vorlesung hörte, bildete die Herkulessäulen seiner Gelehrsamkeit. Der Director der Anstalt zog durch seine Unterschrift auf dem Diplom denselben Strich, den der Lehrer früher mit seinem Nagel im Buch gezeichnet hatte, und unser Held hielt es für unnöthig, seine wissenschaftlichen Bestrebungen diese Grenze überschreiten zu lassen. Sein Hirn bildete ein compliciertes Archiv von todten Begebenheiten, Personen, Epochen, Ziffern, Religionen, zusammenhanglosen, socialwissenschaftlichen, mathematischen und anderen Wahrheiten, Aufgaben, Theorien u. s. w. Das war eine Bibliothek, die aus einzelnen, verschiedenen Bänden über alle Gebiete des Wissens bestand.

      Das Lernen hatte auf Ilja Iljitsch eine seltsame Wirkung ausgeübt: für ihn lag zwischen der Wissenschaft und dem Leben ein ganzer Abgrund, den er nicht zu überbrücken versuchte. Das Leben und das Wissen existierten für ihn jedes für sich allein. Er lernte alle bestehenden und längst nicht mehr bestehenden Rechte, absolvierte auch den Cursus des praktischen Gerichtsverfahrens; als er aber aus Anlaß irgendeines Diebstahls im Hause einen Bericht an die Polizei schreiben mußte, nahm er einen Bogen Papier und eine Feder, dachte und dachte und ließ einen Schreiber holen. Die Bücher auf dem Gut führte der Dorfschulze. »Was hatte denn die Wissenschaft damit zu thun?« fragte er sich verblüfft.

      Er kehrte ohne die Last des Wissens, das seinem frei herumirrenden oder träge schlummernden Denken eine Richtung hätte geben können, in seine Einsamkeit zurück. Was machte er denn? Er fuhr noch immer fort, sich das Muster seines eigenen Lebens vorzuzeichnen. Er fand darin, nicht ohne Grund, soviel Weisheit und Poesie, die man auch ohne Bücher und Gelehrtheit niemals ausschöpfen konnte. Nachdem er seine amtliche und gesellschaftliche Carriére aufgegeben hatte, begann er die Aufgabe seiner Existenz anders zu lösen, sann über seine Bestimmung nach und entdeckte endlich, daß der Horizont seiner Thätigkeit und seines Lebens in ihm selbst verborgen war. Er begriff, daß das Glück in der Familie und das Besorgen des Gutes sein Antheil waren. Bis dahin war er mit seinen Angelegenheiten nicht ganz vertraut; dieselben wurden statt seiner manchmal von Stolz besorgt. Er war weder in seine Einkünfte noch in seine Ausgaben genau eingeweiht, stellte niemals ein Budget zusammen und befaßte sich überhaupt mit gar nichts.

      Der alte Oblomow hatte seinem Sohne das Gut in demselben Zustande übergeben, in dem er es von seinem Vater übernommen hatte. Trotzdem er sein ganzes Leben im Dorf verbrachte, zerbrach er sich doch nicht den Kopf und klügelte sich nicht aller neue Einrichtungen aus, wie man es jetzt thut, um irgendwelche neue Quellen der Productivität der Erde zu entdecken oder die alten auszudehnen und zu verstärken u.s.w. Er nahm für seine Felder dieselbe Aussaat, die sein Großvater genommen hatte und behielt für die Feldproducte auch dieselben Absatzgebiete bei. Der Alte war übrigens sehr zufrieden, wenn eine gute Ernte oder ein erhöhter Preis sein Einkommen gegen das vorjährige vergrößerte; er nannte das Gottes Segen. Er liebte nur keine Anstrengung und keine Extravaganz im Gelderwerb. »Gott wird uns schon satt machen sagte er.

      Ilja Iljitsch war anders als sein Vater und sein Großvater. Er lernte, lebte in der Welt; das alles brachte ihn auf verschiede СКАЧАТЬ