Drei Kameraden / Три товарища. Книга для чтения на немецком языке. Эрих Мария Ремарк
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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      II

      Der nächste Tag war ein Sonntag. Ich schlief lange und erwachte erst, als die Sonne auf mein Bett schien. Ich sprang rasch auf und riss die Fenster auf. Draußen war es frisch und klar. Ich stellte den Spirituskocher auf die Bank und suchte die Dose mit Kaffee. Meine Wirtin, Frau Zalewski, hatte mir erlaubt, im Zimmer meinen eigenen Kaffee zu kochen. Ihrer war zu dünn. Besonders wenn man abends getrunken hatte.

      Ich wohnte schon zwei Jahre in der Pension Zalewski. Die Gegend gefiel mir. Es war immer etwas los, weil das Gewerkschaftshaus, das Cafe International und das Versammlungslokal der Heilsarmee[31] dicht beisammen waren. Vor dem Hause lag außerdem ein alter Friedhof, der schon seit langem stillgelegt war. Er hatte Bäume wie ein Park, und wenn es nachts ruhig war, konnte man meinen, man wohne auf dem Lande.

* * *

      Ich zog mich sehr langsam an. Das gab mir das Gefühl von Sonntag. Ich wusch mich, ich wanderte im Zimmer umher, ich las die Zeitung, ich brühte den Kaffee auf, ich stand am Fenster und sah zu, wie die Straße besprengt wurde, ich leerte pfeifend meine Taschen aus; – Kleingeld, Messer, Schlüssel, Zigaretten – und da der Zettel von gestern mit dem Namen des Mädchens und der Telefonnummer. Patrice Hollmann. Ein merkwürdiger Vorname, – Patrice. Ich legte den Zettel auf den Tisch. War das wirklich erst gestern gewesen?

      Ich steckte den Zettel unter einen Pack Bücher. Anrufen? Vielleicht, – vielleicht auch nicht. Tagsüber sah so etwas immer anders aus als abends. Ich war eigentlich ganz froh, meine Ruhe zu haben. War Lärm genug gewesen in den letzten Jahren. Nur nichts herankommen lassen, sagte Köster. Was man herankommen lässt, will man halten. Und halten kann man nichts —

      Nebenan stand die Tür offen. Ich wanderte den Korridor hinunter. Die nächste Tür war angelehnt. Dort hatte man gehorcht. Eine Wolke Parfüm kam heraus. Da wohnte Erna Bönig, Privatsekretärin. Viel zu elegant für ihr Gehalt; aber einmal in der Woche diktierte ihr Chef ihr bis zum Morgen. Dann war sie am nächsten Tag sehr schlechter Laune. Dafür ging sie jeden Abend tanzen. Wenn sie nicht mehr tanzen konnte, wollte sie nicht mehr leben, erklärte sie. Sie hatte zwei Freunde. Einer liebte sie und brachte ihr Blumen. Den anderen liebte sie und gab ihm Geld.

      Neben ihr Rittmeister Graf Orlow, russischer Emigrant, Eintänzer, Kellner, Filmkomparse[32], Gigolo[33] mit grauen Schläfen. Wunderbarer Gitarrespieler. Weinte leicht, wenn er betrunken wurde. Nächste Tür. Frau Bender, Krankenschwester in einem Säuglingsheim. Fünfzig Jahre alt. Mann im Kriege gefallen. Zwei Kinder 1918 an Unterernährung gestorben. Hatte eine bunte Katze. Das einzige.

      Daneben – Müller, pensionierter Rechnungsrat. Schriftführer eines Philatelistenvereins. Lebendige Briefmarkensammlung, sonst nichts. Glücklicher Mensch.

      An der letzten Tür klopfte ich. „Na, Georg”, sagte ich, „immer noch nichts?”

      Georg Block schüttelte den Kopf. Er war Student im vierten Semester. Um die vier Semester machen zu können, hatte er zwei Jahre im Bergwerk gearbeitet. Das ersparte Geld war jetzt fast verbraucht; er hatte nur noch für zwei Monate zu leben. Dabei war es egal, ob er die Restsemester noch machte oder nicht – auf eine Stelle konnte er auch nach dem Examen in frühestens zehn Jahren rechnen.

      Ich schob ihm ein Paket Zigaretten hin. „Lass den Kram sausen, Georgie. Ich hab’s auch getan. Kannst später immer wieder anfangen.”

      Er schüttelte den Kopf.

      Die Korridortür mit den vielen Visitenkarten neben dem Klingelknopf. Meine auch. „Robert Lohkamp, stud. phil., zweimal lang klingeln.” Sie war gelb und schmutzig. Stud. phil. Hatte sich was![34] War lange her. Ich ging die Treppe hinunter zum Cafe International.

      Das International war ein großer, dunkler, verräucherter Schlauch mit mehreren Hinterzimmern. Vorn, neben der Theke, stand das Klavier. Es war verstimmt, ein paar Saiten waren gesprungen und von den Elfenbeintasten fehlten auch einige; aber ich liebte den braven, ausgedienten Musikschimmel[35]. Er hatte das Jahr meines Lebens mit mir geteilt, wo ich als Stimmungsklavierspieler[36] hier engagiert gewesen war.

      In den hintern Zimmern des Cafes hielten die Viehhändler ihre Versammlungen ab; manchmal auch die Rummelplatzleute. Vorn saßen die Huren.

      Das Lokal war leer. Nur der plattfüßige Kellner Alois stand hinter der Theke. „Wie immer?” fragte er.

      Ich nickte.

      Alois spülte Gläser. Die Katze des Wirtes saß auf dem Klavier und schnurrte. Ich rauchte langsam eine Zigarette. Die Luft machte schläfrig. Eine sonderbare Stimme hatte das Mädchen gestern gehabt. Dunkel, etwas rauh, fast heiser, aber doch weich.

      Da knarrte die Tür. Rosa kam. Rosa, die Friedhofshure, genannt das Eiserne Pferd. Sie wollte eine Tasse Schokolade trinken. Die leistete sie sich jeden Sonntagmorgen hier; dann fuhr sie nach Burgdorf, um ihr Kind zu besuchen.

      „Servus[37], Robert.”

      „Servus, Rosa. Was macht die Kleine?”

      „Will mal sehen. Hier – das bringe ich ihr mit.”

      Sie packte aus einem Paket eine Puppe mit roten Backen und drückte ihr auf den Bauch. „Ma – ma” quäkte die Puppe. Rosa strahlte.

      „Fabelhaft!” sagte ich.

      Sie war befriedigt und packte die Puppe wieder weg. „Du verstehst was von solchen Sachen, Robert. Wirst mal ein guter Ehemann.”

      „Na, na”, sagte ich zweifelnd.

      Rosa erhob sich. „Du kommst doch Freitag?”

      Ich nickte.

      Sie sah mich an. „Du weißt doch, was los ist?”

      „Natürlich.”

      Ich hatte keine Ahnung, was los war; aber ich hatte auch keine Lust danach zu fragen. Das hatte ich mir hier so angewöhnt in dem Jahr als Klavierspieler.

      „Servus, Robert.”

      „Servus, Rosa.”

      Ich trank noch einen Rum, streichelte die Katze und ging dann.

* * *

      Tagsüber trieb ich mich umher. Ich wusste nicht recht, was ich machen sollte, und hielt es nirgendwo lange aus. Am späten Nachmittag ging ich in unsere Werkstatt. Köster war da. Er arbeitete an dem Cadillac. Wir hatten ihn vor einiger Zeit für einen Spottpreis alt gekauft. Jetzt war er von uns gründlich überholt worden,[38] und Köster gab ihm gerade den letzten Schmiss.[39] Es war eine Spekulation. Wir hofften gut damit zu verdienen. Ich zweifelte, ob es ein Geschäft sein würde. Bei den schlechten Zeiten wollten alle Leute kleine Wagen kaufen, aber nicht so einen Omnibus. „Wir bleiben darauf sitzen, Otto”, sagte ich.

      Aber Köster war zuversichtlich. „Auf mittleren Wagen bleibt man sitzen, Robby”, erklärte er. „Billige werden gekauft und ganz teure auch. Es gibt immer noch Leute, die Geld haben. Oder so aussehen wollen.”

      „Wo ist Gottfried?” fragte ich.

      „In СКАЧАТЬ



<p>31</p>

Heilsarmee f – армия спасения

<p>32</p>

Filmkomparse m – статист

<p>33</p>

Gigolo m (франц.) – жиголо, платный партнер для танцев

<p>34</p>

Hatte sich was! – Тоже мне! (Подумаешь!)

<p>35</p>

Musikschimmel m – авторское сложное существительное; образовано для обозначения фортепиано. Schimmel m – белая (сивая) лошадь; здесь: кляча – по описанию фортепиано старое – некоторые клавиши отсутствуют, несколько струн лопнули. Нарушение сочетаемости компонентов (Musik + Schimmel) создает иронический эффект.

<p>36</p>

Stimmungsklavierspieler m – тапер

<p>37</p>

Servus ! (австр.) – Здравствуй! а также Прощай!

<p>38</p>

überholen – здесь: проверить и отремонтировать перед продажей

<p>39</p>

den letzten Schmiss geben – навести лоск