Die neue Form, welche die Gewinnsucht angenommen hatte, lieferte den humoristischen Dichtern und Satyrikern einen vortrefflichen Stoff, und dieser Stoff war ihnen um so willkommener, weil einige der gewissenlosesten und glücklichsten von dieser neuen Gattung von Spielern Männer in schwarzen Röcken und mit schlichten Haaren waren, Männer, welche die Spielkarten Bücher des Teufels nannten, Männer, die es für eine Sünde und Schande hielten, einige Pence am Triktrakbret zu gewinnen oder zu verlieren. In Shadwell’s letztem Drama wurde die Heuchelei und Schurkerei dieser Spekulanten zum ersten Male dem öffentlichen Spotte preisgegeben. Er starb im November 1692 kurz vor der ersten Aufführung seiner „Stockjobbers,” und der Epilog wurde von einem Schauspieler in Trauerkleidern gesprochen. Die beste Scene ist die, in welcher vier oder fünf starre Nonconformisten in vollständigem puritanischen Costüm, nachdem sie die Prospecte der Mausefallencompagnie und der Flohtödtungscompagnie discutirt haben, die Frage besprechen, ob die Gottseligen gesetzmäßigerweise Actien einer Compagnie zur Herbeischaffung chinesischer Seiltänzer haben dürften. „Angesehene Leute haben Actien,” sagt ein ernster Mann mit kurzgeschorenen Haaren und mit Bäffchen; „aber ich bin wahrhaftig in Zweifel, ob es erlaubt ist oder nicht.” Diese Zweifel werden durch einen trotzigen alten Rundkopfobersten gehoben, der bei Marston Moor gefochten hat und der seinen schwächeren Bruder daran erinnert, daß die Heiligen für ihre Person den Seiltanz nicht anzusehen brauchten und daß aller Wahrscheinlichkeit nach überhaupt gar kein Seiltanz zu sehen sein werde. „Die Sache scheint Anklang zu finden,” sagt er, „die Actien werden sich gut verkaufen lassen, und dann kann es uns gleichgültig sein, ob die Tänzer kommen oder nicht.” Es ist wichtig, zu bemerken, daß diese Scene dargestellt und applaudirt wurde, bevor noch ein Farthing von der Nationalschuld contrahirt war. So schlecht waren die zahlreichen Schriftsteller unterrichtet, die zu einer späteren Zeit der Nationalschuld das Entstehen des Börsenspiels und aller damit verbundenen Unmoralitäten zuschrieben. Das Wahre ist, daß die Gesellschaft in ihrem natürlichen Entwicklungsgange einen Punkt erreicht hatte, auf welchem das Börsenspiel, mochte es eine Nationalschuld geben oder nicht, eben so unvermeidlich war als das Vorhandensein einer Nationalschuld, wenn ein langer und kostspieliger Krieg geführt wurde.
Wie wäre es in der That möglich gewesen, keine Schuld zu contrahiren, wenn der eine Theil durch die stärksten Beweggründe zum Entlehnen, der andre Theil durch eben so starke Beweggründe zum Darleihen angetrieben wurde? Der Augenblick war gekommen, wo sich die Regierung in die Unmöglichkeit versetzt sah, ohne die bedenklichste Unzufriedenheit zu erregen, durch Besteuerung die zur Vertheidigung der Freiheit und Unabhängigkeit der Nation erforderlichen Geldmittel zu beschaffen, und gerade in diesem Augenblicke sahen sich zahlreiche Kapitalisten vergebens nach einer guten Art und Weise der Anlegung ihrer Ersparnisse um und behielten in Ermangelung einer solchen ihr Geld im Kasten oder verschwendeten es an unsinnige Projecte. Reichthümer, welche hingereicht haben würden, eine Flotte auszurüsten, die den deutschen und den atlantischen Ocean von den französischen Kapern hätte säubern können, Reichthümer, welche hingereicht haben würden, eine Armee zu unterhalten, die Namur hätte wiedernehmen und die Niederlage von Steenkerke rächen können, lagen müßig oder gingen aus den Händen ihrer Besitzer in die Hände von Gaunern über. Ein Staatsmann konnte wohl auf den Gedanken kommen, daß ein Theil des Geldes, das täglich vergraben oder vergeudet wurde, mit Vortheil für den Eigenthümer, für den Steuerzahlenden und für den Staat in den Schatz gezogen werden könne. Warum den außerordentlichen Aufwand eines Kriegsjahres dadurch bestreiten, daß man fleißigen Familien Stühle, Tische und Betten wegnahm, daß man den einen Landgentleman nöthigte, seine Bäume zu schlagen, bevor sie für die Art reif waren, einen andren die Landhäuser auf seinem Gute verfallen zu lassen, einen dritten, seinen hoffnungsvollen Sohn von der Universität zu nehmen, während es um die Börse herum von Leuten wimmelte, die nicht wußten was sie mit ihrem Gelde anfangen sollten, und die in Jedermann drangen, es ihnen abzuborgen?
Es wurde späterhin von Tories, welche unter allen Dingen die Nationalschuld und unter allen Menschen Burnet am meisten haßten, oft behauptet, Burnet sei Derjenige gewesen, der der Regierung zuerst gerathen habe, eine Nationalschuld zu contrahiren. Allein diese Behauptung wird durch keinen glaubwürdigen Beweis bestätigt und scheint durch das Stillschweigen des Bischofs widerlegt zu werden. Er war unter allen Menschen derjenige, von dem am wenigsten anzunehmen war, daß er die Thatsache verschweigen würde, daß eine wichtige fiskalische Revolution sein Werk gewesen. Auch war das damalige Schatzcollegium kein solches, das die Rathschläge eines Geistlichen nöthig gebraucht, oder von dem man hätte annehmen können, daß es dieselben sonderlich beachten würde. In diesem Collegium saß Godolphin, der klügste und erfahrenste, und Montague, der waghalsigste und erfinderischste aller Financiers. Es konnte keinem dieser beiden ausgezeichneten Männer unbekannt sein, daß es in den Nachbarstaaten schon längst Gebrauch war, die durch ein Kriegsjahr nöthig gemachte übermäßige Besteuerung auf mehrere Friedensjahre zu vertheilen. In Italien bestand dieser Gebrauch seit mehreren Generationen. Frankreich hätte während des Kriegs, welcher 1672 begann und 1679 endigte, nicht weniger als dreißig Millionen nach unsrem Gelde geborgt. Sir Wilhelm Temple hatte in seinem interessanten Werke über die Batavische Föderation seinen Landsleuten erzählt, daß zu der Zeit als er Gesandter im Haag war, die damals von dem sparsamen und klugen De Witt verwaltete Provinz Holland allein ungefähr fünf Millionen Pfund Sterling schuldete, für welche die Zinsen zu vier Procent stets auf den Tag bereit waren, und daß, wenn ein Theil des Kapitals zurückgezahlt wurde, der Staatsgläubiger sein Geld mit Thränen in Empfang nahm, wohl wissend, daß er keine Anlage von gleicher Sicherheit finden konnte. Das Wunder ist nicht, daß England endlich das Beispiel seiner Feinde wie seiner Verbündeten nachahmte, sondern daß bereits das vierte Jahr seines schweren und erschöpfenden Kampfes gegen Ludwig zu Ende ging, ehe es zu einem so nahe liegenden Aushülfsmittel griff.
Am 15. December 1692 erklärte sich das Haus der Gemeinen zu einem Ausschusse für Feststellung der Mittel und Wege. Somers nahm den Präsidentenstuhl ein. Montague schlug vor, eine Million auf dem Wege der Anleihe zu erheben; der Vorschlag fand Beifall und es wurde angeordnet, daß eine Bill eingebracht werden solle. Die Details des Planes wurden ausführlich besprochen und vielfach modificirt; das Prinzip aber scheint allen Parteien gefallen zu haben. Die Geldmänner waren froh, daß sie eine gute Gelegenheit hatten, ihre aufgehäuften Kapitalien zinsbar anzulegen, und die durch die Steuerlast hart gedrückten Grundbesitzer waren bereit, um momentaner Erleichterung willen Alles zu genehmigen. Kein Mitglied wagte das Haus abstimmen zu lassen. Am 20. Januar wurde die Bill zum dritten Male gelesen, durch Somers den Lords überreicht und von ihnen ohne Amendement angenommen.86
Durch dieses denkwürdige Gesetz wurden neue Abgaben auf das Bier und andere geistige Getränke gelegt. Diese Abgaben sollten im Schatze von allen übrigen Einnahmen gesondert bleiben und einen Fond bilden, auf dessen Garantie hin eine Million gegen Leibrenten aufgenommen werden sollten. Nach dem Absterben der Renteninhaber sollten ihre Annuitäten unter die Ueberlebenden vertheilt werden, bis die Zahl der Ueberlebenden auf sieben zusammengeschmolzen war. Was nach dieser Zeit zurückfiel, sollte dem Staate zu Gute kommen. Es war demnach ausgemacht, daß das 18. Jahrhundert weit vorgerückt sein würde, ehe die Schuld getilgt war. Der Zinsfuß sollte bis zum Jahre 1700 zehn Procent, und nach diesem Jahre sieben Procent sein. Die dem Staatsgläubiger durch diesen Plan gebotenen Vortheile mögen groß scheinen, waren aber nur eben hinreichend, um ihn für sein Risico zu entschädigen. Es war nicht unmöglich, daß eine Contrerevolution ausbrach, und wenn eine solche stattfand, war es gewiß, daß Die, welche Wilhelm Geld geliehen hatten, sowohl Zinsen als Kapital verloren.
Dies war der Ursprung der Schuld, die seitdem das größte Wunder geworden ist, das jemals den Scharfsinn der Staatsmänner und Philosophen in Verlegenheit gesetzt und ihren Stolz beschämt hat. Bei jeder neuen Vermehrung dieser Schuld hat die Nation stets das nämliche Geschrei der Angst und Verzweiflung erhoben. Bei jeder neuen Vermehrung dieser Schuld haben einsichtsvolle Männer allen Ernstes behauptet, daß Bankerott und Ruin bevorständen. СКАЧАТЬ
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Diese Darstellung des Ursprungs des Actienschwindels in der City von London habe ich hauptsächlich nach einer höchst interessanten periodischen Schrift, betitelt: „Collection for the Improvement of Husbandry and Trade, by J. Houghton, F. R. S.” entworfen. Sie ist thatsächlich eine wöchentliche Geschichte der Handelsspekulationen jener Zeit. Ich habe mehrere Jahrgänge durchgesehen. In Nr. 33, vom 17. März 1692/93, sagt Houghton: „Das Kaufen und Verkaufen von Actien ist einer der großen jetzt florirenden Handelszweige. Ich finde aber, daß sehr Viele nichts davon verstehen.” Unterm 13. und 22. Juni 1694 schildert er den ganzen Prozeß des Börsenspiels. Unterm 13. Juli des nämlichen Jahres spricht er zuerst von Zeitkäufen. Wer über die im Texte genannten Compagnien Näheres wissen will, der lese Houghton’s Sammlung und eine 1695 erschienene Flugschrift, betitelt: Angliae Tutamen.
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Commons’ Journals; Stat. 4. W. & M. C. 3.