In den Schluchten des Balkan. Karl May
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Название: In den Schluchten des Balkan

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ auch Prachtstare, wie jeder Ornitholog weiß. Der Gerufene schritt gravitätisch zur Hintertür ins Haus hinein und brachte wirklich eine mehrstufige Treppenleiter herbei, welche er neben den Maulesel stellte. Die Reiterin stieg ab.

      »Was macht mein Mann?« fragte sie.

      »Ich weiß es nicht,« war die Antwort.

      »Nun, er muß doch etwas machen!«

      »Nein.«

      »Dummkopf! Wo ist er denn?«

      »Weiß es nicht.«

      »Doch im Zimmer?«

      »Nein.«

      »In der Kammer?«

      »Nein.«

      »Wo denn sonst?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Er ist doch daheim?«

      »Nein.«

      »Also fortgegangen?«

      »Ja.«

      »Warum sagtest du‘s nicht gleich? Schaffe den Esel fort!«

      Der farbenprächtige Mensch hatte seine Antworten in höchst feierlicher Weise gegeben, mit einem Ernste, als ob es sich um die hochwichtigste Angelegenheit handele. Jetzt ergriff er den Esel beim Zügel und wollte fort.

      »Erst abladen, natürlich!« schrie sie ihn an.

      Er nickte ihr verständnisvoll zu und machte sich nun daran, die Körbe abzunehmen.

      »Komm nun mit herein, Effendi!« lud sie mich ein.

      Ich hatte mein Pferd an einen in den Boden gerammten Pfahl gebunden und folgte ihr. Es drang mir ein starker Geruch von Butter und heißer Sodalauge entgegen. Links bemerkte ich eine Vorrichtung, welche ich für den Backofen zu halten geneigt war, denn ein Dachsbau konnte sich doch nicht hier im Wohnhause befinden. Rechts war der Eingang in den Wohnraum.

      Als wir da eintraten, stand ich dem leibhaftigen, allerdings jüngeren Ebenbilde meiner »Erdbeere« gegenüber. Ich konnte nicht im Zweifel sein, daß es ihre Tochter sei.

      Diese war nach bulgarischer Weise, doch häuslich leicht gekleidet, hatte keine so uninteressanten Züge und besaß die größte Schönheit des orientalischen Weibes, die Wohlbeleibtheit, beinahe in demselben Grade wie ihre Mutter.

      Sie stand vor einigen Schüsseln und war im Begriffe, von der darin befindlichen Milch die Haut mittels der zwei Zeigefinger nach ihrem weit geöffneten Munde zu führen.

      »Ikbala, was tust du da?« fragte die Mutter.

      »Derisini tschykar-im – ich häute ab,« antwortete die Gefragte.

      »Nereje – wohin?«

      »Aghyz itschine – in den Mund hinein.«

      »Aber diese Häute sollst du doch auf einen Teller oder in einen Topf tun, keineswegs aber in den Mund.«

      »Es schmeckt gut!«

      Das war allerdings ein sehr triftiger Grund, welchen das Mädchen da angab. Die Mutter ließ ihn auch gelten, denn sie trat auf die Tochter zu, klopfte ihr zärtlich auf die volle Wange und sagte in liebkosendem Tone:

      »Benim tschüstlüka – mein Leckermäulchen!«

      Dieses Leckermäulchen richtete einen sehr erstaunten Blick auf mich. Die Mutter erklärte:

      »Dieser Effendi will sich hier bei uns ausruhen.«

      »Warum?«

      »Er ist ermüdet.«

      »So mag er draußen im Grase liegen. Wie kannst du ohne Schleier mit einem Fremden verkehren und ihn zu mir bringen, da du doch weißt, daß ich hier keinen Schleier trage?«

      »O, er ist mein Freund, mein Erretter!«

      »Warst du in Gefahr?«

      »In großer Lebensgefahr.«

      Jetzt richtete die Tochter ihre Augen mit verminderter Strenge auf mich; dann sagte sie:

      »Du kannst noch gar nicht zurück sein. Es muß dir unterwegs etwas geschehen sein?«

      »Freilich ist mir etwas geschehen.«

      »Was denn?«

      »Ein Unglück.«

      »Das vermute ich allerdings. Aber was denn für ein Unglück?«

      »Ich hatte nicht daran gedacht, daß heute einer der fünfzig unglücklichen Tage des Jahres ist; sonst wäre ich daheim geblieben. Ich war kaum eine halbe Stunde geritten, da tat sich vor mir die Erde auf – —«

      »O Allah!« sagte die Tochter erschrocken.

      »Ein blauer Rauch stieg hervor,« fuhr die Mutter fort.

      »Wai sana – wehe dir!«

      »Und aus diesem Rauche trat ein Geist, ein Gespenst hervor, welcher hundertvierundvierzig Arme nach mir ausstreckte – —«

      »Allah beschütze dich! Es gibt viele und schlimme Gespenster auf der Erde!«

      »Allerdings, mein Kind. Mein Esel erschrak natürlich ebenso wie ich und entfloh, so schnell er konnte. Ich bin eine sehr gute Reiterin, wie du weißt; aber ich kam dennoch zu Falle, und der Esel entfloh.«

      »Welch ein Unglück! Ist er fort?«

      »Nein. Dieser Effendi kam geritten, nahm den Esel gefangen und hob auch mich von der Erde auf, um mich heimzugeleiten. Wo ist dein Vater?«

      »Er ist in das Dorf gegangen.«

      »Was will er da?«

      »Er will Rosinen und Mandeln kaufen.«

      »Hat er gesagt, wann er wieder kommt?«

      »Er sagte, daß er nicht lange ausbleiben werde.«

      »So bediene diesen Effendi, bis ich zurückkehre. Ich muß ein anderes Kleid anlegen.«

      Sie wollte sich durch eine zweite Tür zurückziehen, aber ihre Tochter faßte sie am Arme und sagte:

      »Sage mir vorher, was aus dem Geiste, aus dem Gespenste geworden ist.«

      »Ich habe keine Zeit; frage den Effendi, er wird es dir sagen.«

      Damit entfernte sich die Schlaue und überließ es mir, ihr Gespenstermärchen bis zu Ende zu führen.

      Was mich betrifft, so hatte ich mich bereits nach den ersten, zwischen Mutter und Tochter gewechselten Worten auf eine an der Wand liegende Matte gesetzt.

      Die junge »Erdbeere« sah sich nun mit mir allein und war in sichtlicher Verlegenheit. Nach einer Pause fragte sie:

      »Bist du müde, Effendi?«

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