In den Schluchten des Balkan. Karl May
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Название: In den Schluchten des Balkan

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ ein wenig gelitten hatte. Diese kurzen Aermel erlaubten, ein Paar sehr lange, fuchsfeuerrote Handschuhe zu sehen, welche von ausgezeichneter Arbeit waren, da sie sich ohne das leiseste Fältchen an Hand und Arm anschlossen.

      Es war ihr, ich weiß nicht wie, gelungen, ein Loch in das Taschentuch zu konstruieren. Durch dieses Monocle betrachtete sie mich eine Weile. Dann sagte sie unter einem mächtigen, donnerartig grollenden Seufzer:

      »Fremdling, willst du mich retten?«

      »Ja,« antwortete ich galant.

      »Kannst du mich tragen?«

      Ich erschrak auf das tiefste; doch suchte ich mich zu fassen und erkundigte mich:

      »Muß dies denn sein?«

      »Ja.«

      »Kannst du nicht gehen?«

      »Nein.«

      »Bist du verletzt?«

      »Ja.«

      »Wo?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Du mußt es doch fühlen!«

      »Ich fühle es überall.«

      »Hast du versucht, aufzustehen?«

      »Nein.«

      »Warum nicht?«

      »Es geht nicht.«

      »Versuche es getrost. Ich werde dir helfen.«

      Nur drei Fuß bis hinab zu den Teppichen betrug die Tiefe. Ich sprang hinab und wollte ihr meine Hand bieten. Da aber schrie sie laut auf:

      »Müssibet, müssibet – Unglück, Unglück! Rühre mich nicht an! Ich bin nicht verhüllt!«

      »Wo denn nicht?«

      »Hier an den Armen.«

      »Du hast doch Handschuhe an!«

      »Handschuhe? Fremdling, bist du blind? Das ist doch nur el Pane, die rote Farbe des Krapp!«

      Wahrhaftig! Diese Tschileka, zu deutsch »Erdbeere«, welche hier mitten unter Brom- und Himbeeren saß, hatte keine Handschuhe an. Ihre Arme waren vom Krapp so hochrot gefärbt. Ja, nun begriff ich, warum diese Handschuhe so faltenlos gesessen hatten!

      Aber noch etwas anderes begriff ich auch: Frau Erdbeere war eine Bäckerin. Sie hatte krapprote Arme; sie war also wohl auch Färberin. Ich hatte die Frau des Bojadschy Boschak vor mir, den ich besuchen wollte, die gute Frau, welche ihre Tochter beschützte, wenn diese mit dem Freier sprach.

      O gute Erdbeere! Derjenige, dessen Liebe du unter deinen mütterlichen Fittich nimmst, hat dich vor kaum einer Viertelstunde für einen Frosch, für eine Kröte und deine hilfeflehende Stimme für den Ruf einer mit klebrigen Warzen bedeckten Unke gehalten! Hat die Liebe nicht mehr Instinkt? Vermag sie nicht, die Nähe der Beschützerin zu ahnen —?

      »Aber, wie soll ich dich aufrichten, wenn du mir nicht erlaubst, dich anzurühren?« fragte ich sie.

      »Fasse mich von hinten an!«

      Ich schlug einen Halbkreis, mit dessen Hilfe ich hinter ihren Rücken gelangte, und legte ihr die Hände unter.

      »Chajyr, chajyr! Sen tschapuk kydschylelanyr – nein, nein! Ich bin kitzlich!« kreischte sie so laut auf, daß ich vor Schreck mehrere Ellen weit zurückprallte.

      »Aber wo soll ich dich anfassen?« fragte ich.

      »Ich weiß es nicht.«

      »So müssen wir es anders versuchen.«

      »Aber wie?«

      »Dort liegt ein Strick. Diejenigen, welche diese Waren hierherbrachten, haben ihn vergessen. Ich werde dich mit dem Strick aufziehen.«

      »Doch nicht am Halse?«

      »Nein, sondern an der Hüfte.«

      »Versuche es!«

      Ich holte den Strick, schlang ihn um den Leib der Erdbeere, drehte mich so, daß wir uns Rücken an Rücken befanden, zog den Strick, indem ich mich bückte, über meine Achsel und kommandierte dann:

      »Gözet! Bir – iki – ütsch – passe auf! Eins – zwei – drei!«

      Bei drei richtete ich mich langsam auf. Der Strick spannte sich an, und ich begann zu ziehen. Es ging nicht.

      »Sür, sür, sür – schieb, schieb, schieb mit!« rief ich keuchend.

      »Mümkinsiz, mümkinsiz; kajar-im – unmöglich, unmöglich; ich rutsche aus!« keuchte sie noch mehr als ich.

      Ich zog ihr den Strick wieder weg und holte Atem. War das ein ungeschicktes Weib! Allerdings war die Teppichlage, auf welche diese Mammut-Erdbeere zum Fall gekommen war, von einer gewissen Glattheit; überdies bildete dieselbe eine schiefe Ebene. Eine solche Last, die an sich keine Beweglichkeit besitzt, ist da nicht leicht empor zu bringen, und ich gestehe, daß mir beim Anblick der stacheligen Ranken ein sehr verbrecherischer Gedanke kam, den ich aber sofort von mir wies.

      »Hast du denn jetzt nicht wenigstens bemerkt, ob du verletzt bist?« fragte ich.

      »Ich bin verletzt,« antwortete sie.

      »Wo denn?«

      »Ich weiß es nicht – überall. O Allah! Was werden die Leute sagen, wenn sie erfahren, daß ich mit dir ganz allein hier gewesen bin?«

      »Habe keine Sorge! Man wird nichts erfahren.«

      »Du sagst nichts?«

      »Nein. Ich bin übrigens hier fremd.«

      »Fremd? So bist du nicht aus dieser Gegend?«

      »Nein.«

      »Woher denn?«

      »Weit her aus dem Abendlande.«

      »So bist du kein Moslem?«

      »Nein. Ich bin ein Christ.«

      »Nicht wahr, die Frauen der Christen brauchen sich nicht zu verhüllen?« fragte sie.

      »Nein.«

      »Nun, so brauche auch ich keinen Schleier. Ich werde durch die Augen eines Christen, der tausend Frauen sieht, nicht beleidigt. Gib mir deine Hände!«

      Ich gab sie ihr. Sie faßte an. Ich zog, und – — da stand sie aufrecht vor mir, zwar ein wenig schnaufend, aber doch glücklich auf die Füße gebracht.

      War es eine Schande für mich, daß sie meinte, sich vor mir nicht genieren zu dürfen? Oder war es eine Ehre?

      »Wie lange steckst du bereits hier?« fragte ich.

      »O, eine lange, lange Zeit.«

      »Wie aber kamst du herein?«

      »Der СКАЧАТЬ