Der beiden Quitzows letzte Fahrten. Karl May
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Название: Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ bisher in ritterlicher Haft gehalten habt; aber es wird Euch wohl belieben, an seiner Stelle auf einige Zeit dies Wohngemach hier zu hüten, dessen Lieblichkeit ich unten in dem dunklen Gange nicht geahnt habe.«

      Die Treppe nämlich, welche er herauf gestiegen war, führte in das Innere eines alten, unbewohnten Thurmes, dessen Zugang man in weiser Absicht zugemauert hatte. Niemand hätte hier ein menschliches Wesen vermuthet, und doch waren die kleinen Räume wohnlich eingerichtet und ein Blick durch die zwar engen Mauerscharten lohnte mit der prächtigsten Fernsicht. Henning von Bismarck hätte hier wenigstens in Beziehung auf des Leibes Nahrung und Nothdurft keinen Schaden gelitten, und zudem hatte seine Gefangenschaft ja auch nur einige Stunden gewährt, so daß versöhnlichere Gefühle nicht ganz ungerechtfertigt waren.

      »Ich stimme Euch bei,« fügte Bismarck hinzu, »und werde aus dem Umstande, daß Ihr Euch jetzt in unserer Gewalt befindet, für meine Person keinen Nutzen ziehen. Was hindert mich, Gewalt an Euch zu legen oder Euch mit mir zu nehmen, um mich zu rächen und ein Erkleckliches von Euch zu erpressen!«

      »Ich, ich selbst würde Euch hindern!« rief Boldewin, indem er sich zusammenraffte, mit einem raschen Schritte vor Detlev stand und diesem mit einem unvermutheten Griffe das Schwert zu entreißen suchte. Aber er hatte sich verrechnet, denn der junge Mann erfaßte die Hand und hielt dieselbe mit solchem Drucke umschlossen, daß er vor Schmerz aufschrie; dazu gesellten sich die Qualen der plötzlich zurückgekehrten Krankheit, die so furchtbar waren, daß er beinahe in die Kniee sank.

      »Also für mich verlange ich nichts; aber wo habt Ihr die Juden? Sie sollen auch frei sein!«

      »Sucht sie Euch!« klang die Antwort.

      »Kommt Ritter,« sprach Detlev, den der Zustand des alten Mannes erbarmte, der in der verzweifelten Lage sich befand, an sich und den Seinen zum Verräther zu werden. »Wir werden sie wohl zu finden wissen!«

      Er erfaßte Laterne und Schlüssel, schob den widerstrebenden und nach Hülfe rufenden Schloßherrn in das Gemach hinein, warf die Thür in das Schloß und schob die schweren, dicken Eisenriegel vor. Dann führte er den befreiten Gefangenen durch den Neben— und Hauptgang bis an das Bild an der Rückseite des Altars. Dasselbe war weder mit Schloß noch Riegel versehen, sondern paßte ganz genau und lückenlos in die Umfassung und konnte sowohl nach innen als auch nach außen hin wie eine Thür geöffnet werden. Boldewin hatte also vorhin nur vergessen, sie in ihre gewöhnliche Lage zurückzuschieben. Da es schwer in den Angeln ging und einem gewöhnlichen Drucke der Hand Widerstand leistete, so war diese Einrichtung trotz ihrer scheinbaren Mängel doch eine kluge und vorsichtige zu nennen. Detlev schloß die Oeffnung und bat den Ritter:

      »Bleibt hier hinter dem Eingange und haltet Wache, damit wir nicht überrascht werden! Ihr habt Eure Waffen nicht?«

      »Man hat sie mir abgenommen.«

      »Hier ist mein Schwert; es befindet sich in kundiger und guter Hand.«

      Er schritt in den Gang zurück bis an die Thür der Zelle, in welcher Boldewin vorhin gewesen war, und öffnete dieselbe mit Hülfe des Schlüsselbundes. Als er eintrat, bemerkte er einen alten Mann, welcher, an Händen und Füßen gefesselt, auf dem Strohlager saß und ihn keines Blickes würdigte.

      »Erschreckt nicht vor der frohen Kunde, welche ich Euch bringe! Ihr seid – — —«

      Der Mann blickte auf, und ein unbekanntes Gesicht erblickend, fiel er ihm in die Rede:

      »Geht fort von mir und sagt Eure Thorheit Einem, der Eures Spottes würdig ist! Für mich giebt es hier keine frohe Kunde.«

      Detlev hatte keine Zeit zu einer langen Erklärung; er setzte die Laterne auf den Boden und suchte sich unter den Schlüsseln den passenden aus, um die Fesseln von des Mannes Gliedern zu lösen. Erstaunt sah dieser ihm zu.

      »Wahrhaftig, Ihr scheint die Wahrheit gesprochen zu haben! Sagt, seid Ihr ein Mensch oder ein Engel?«

      »Ein Mensch, wie Ihr, bin ich; aber haltet still, damit wir nicht säumen, wir haben keine Zeit!«

      »Dann sagt mir jetzt nur das Eine: Wer hat Euch erlaubt, meine Banden wegzunehmen?«

      »Niemand. Ich bin heimlich in das Schloß gedrungen, um einen edlen Ritter zu befreien, und stand vorhin an Eurer Thür, als dieselbe geöffnet war. Da nun der Ritter frei ist, sollt auch Ihr es sein.«

      »Ihr wißt aber nicht, wer ich bin?«

      »Nein. Ihr bedürft meiner Hülfe, und ich biete sie Euch.«

      »Du braver junger Mann, auch ich kenne Dich nicht,« rief der Gefangene; er stand jetzt von den Fesseln befreit grad und aufrecht vor Detlev, dessen Hände er erfaßt hielt, »aber Du sollst mich kennen lernen und meinen Dank empfinden, so lang mein Auge offen bleibt und weit darüber hinaus!«

      »Sprecht nicht von Dank, sondern eilt, daß Ihr von hinnen kommt. Geht hier nach vorn, da steht der Ritter, um den Ausgang zu behüten, und Ihr mögt mit ihm auf mich warten!«

      Nun klopfte er an jede der anderen Thüren, welche sich in dem Gange befanden und frug, ob Jemand hinter ihnen sich befinde, der frei zu sein wünsche. Bei allen, außer der letzten, war dieses Klopfen vergeblich, dort aber ertönte eine Antwort, die allerdings wegen der Dicke und Festigkeit des Verschlusses nicht deutlich verstanden werden konnte. Nach langem Bemühen gelang es ihm, zu öffnen, und kaum hatte er die Thür zurückgezogen, so traten zwei Männer mit solcher Eile in den Gang, daß sie ihn fast umgerissen hätten.

      »Ist es möglich, was wir haben gehört,« rief der Eine, »daß der Gott unserer Väter schickt seine Jerubim und Seraphim, welche klopfen an die Thüren der Hölle, um zu befreien die frommen Männer Aron Itzig und Veit Schmuel aus den Schatten des Todes und der Finsterniß?!«

      »Schreit nicht so laut,« raunte ihnen der Jerubim mit dem Schlüsselbunde zu, »sonst stecke ich Euch auf der Stelle wieder hinein!«

      »Um Gott, Herr Ritter, was Ihr doch könnt machen für einen Spaß mit zwei armen Juden aus der Stadt Gardelegen! Ihr klopft an die Thüren, um zu erlösen die Gefangenen, und nun wir Euch leisten Gehorsam, wollt Ihr uns wieder bringen zurück in das grausame Loch!«

      »Wo habt Ihr Eure Tochter?«

      »Meine Tochter?« antwortete Itzig, »welche ist schön wie Sulamith und herrlich wie Judith zu Bethulia? Die haben gerissen die Räuber von mir, und ich weiß nicht, wo hingekommen ist der Stolz und die Freude meines Lebens; aber Sarah, mein Weib, das mir geboren hat fünf Söhne und sieben Töchter, ist in meinem Hause zu Gardelegen und wartet mit Schmerzen auf Aron, ihren Geliebten, welchen sie – —«

      »Schweigt mit Eurer Sarah. Ich frug nach Eurer Tochter, um zu wissen, ob sie Euch wiederzugeben sei! Wenn heut nicht, so wird es doch später wohl geschehen; jetzt aber kommt mit mir zu Herrn Henning von Bismarck!«

      »Herr Henning von Bismarck ist gekommen, zu gedenken der Kinder Juda, welche da sitzen unter den Weiden zu Babylon und hängen ihre Harfen – — —«

      »Schweigt und kommt!«

      Der Ton dieser Unterbrechung klang jetzt so barsch, daß sie endlich beherzigt wurde. Die beiden glücklichen Kinder Israels folgten dem Voranschreitenden bis an den Ort, an welchem Bismarck stand, dem gegenüber sie sich zu voluminösen Lobes— und Dankesüberhebungen anschickten, dabei aber von ihm mit zwar leiser, jedoch scharfer Mahnung abgewiesen wurden:

      »Was schreit Ihr da in dem Gange, als stäkt Ihr an dem Spieße? Es gilt hier, vorsichtig zu sein, und mir scheint, ich habe Stimmen in der Kapelle vernommen.«

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