Название: Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Ist der Stuhl zu der Hege genugsam besetzt?« frug Hans weiter.
Cunz von Hohendorf erhob sich und überblickte die Zahl der auf den Bänken Sitzenden. Dann antwortete er:
»Er ist zur Hege genugsam besetzt, und wir sind alle vorhanden, die zum Rechte erforderlich sind.«
Darauf schlug Hans mit dem Stabe auf den Tisch.
»So gebiete ich denn Stille und befehle Bann und Frieden, daß ein Jeder schweige und sich aller Keif— und Scheltworte enthalte. Niemand gehe aus dem Gerichte oder in das Gericht, er habe denn Urlaub; Keiner falle dem Andern in das Wort, ohne Erlaubniß zu fordern, und auch Niemand besetze ohne Erlaubniß eines Andern Stelle. Ich verbiete Zwietracht und Alles, was das Gericht kränken kann; ich verbiete Hand und Mund, und ich verbiete Euch überhaupt Jedes, was ich verbieten soll, und erlaube Alles, was ich erlauben soll, hin und her zum ersten, zum zweiten und zum dritten Male. Die Lehnbank ist gespannt!«
Ringsum trat die tiefste Stille ein. Alle Zuschauer und Zuhörer, welche, weil sie um das Gericht herum standen, der Umstand genannt wurden, beobachteten das größte Schweigen, denn ganz allgemein galt das Gericht als etwas durchaus Heiliges und Ehrfurchtgebietendes, weshalb auch die Richter und Schöppen mit vollem Vertrauen ohne Schutz und Waffen ihr ernstes Geschäft mitten unter der Volksmasse ausüben konnten, von der sie häufig durch gar kein Hinderniß, öfters nur durch einen dünnen, umspannenden Faden oder eine unbedeutende hölzerne Schranke geschieden waren; ein Beweis, daß die nicht wegzuleugnende Rohheit der Masse doch ihres Zügels nicht entbehrte, wo es nothwendig war. Die Ueberschreitung der gesetzten Schranke wurde hart gebüßt. Ausländer durften sich ihr nur bis auf eine gewisse Entfernung, meistens bis auf sechzig Fuß, nahen.
»So weiset mir denn,« fuhr Hans von Torgau fort, »ob die Bank nach Lehenrecht gespannt ist, und ob ich ein rechtes Lehengericht halten werde!«
Die Schöppen antworteten im Chore:
»Die Bank ist nach Recht und alter Gewohnheit gespannt, genugsam besetzt, und es ist wohl an der Tageszeit, daß Ihr ein rechtes und gerechtes Lehengericht hegen und halten werdet.
»So lasset den Kläger in die Schranken treten!«
Der Umstand öffnete eine Bahn, und Burggraf Friedrich näherte sich mit seinem Vorsprach und blieb dem Richter gegenüber am östlichen freien Ende des Tisches stehen.
Richter und Beisitzende erhoben sich ernst, um den hohen Herrn schweigend zu begrüßen; dann wandte sich Hans an den Vorsprach:
»Ihr habt Urlaub, zu sprechen!«
»Herr Richter,« nahm darauf der Angeredete das Wort, »ich klage gegen den Ritter Werner von Holzendorf und frage, ob ich in besetzter und gehegter Bank zu Lehenrecht mit Urtheil rechtlich und vollkommen mit meiner Klage komme!«
»Ihr kommet rechtlich und vollkommen zu uns mit Eurer Klage!«
»Herr Richter, ist Werner von Holzendorf auf diesen heutigen Tag geladen und gefordert, meinem Herrn, dem Burggrafen, wegen seiner Schuld zu antworten zu Lehenrecht, wie es recht ist?«
Auf diese Frage erhoben sich Albrecht von Quast, Cuno von Thömen und Witza von Wolf:
»Wir drei Männer thun hier in gehegter Bank das Bekenntniß, daß wir als Boten die Ladung gethan haben.«
»Auf dies Bekenntniß frage ich,« wandte sich Hans an die Schöppenversammlung, »ob der Ladung nach Lehenrecht Genüge geleistet ist.«
»Es ist der Ladung genug geschehen!« lautete die einstimmige Antwort.
»Kann sonach mein Herr seine Klage thun und verlauten lassen?«
»Ja!«
»Herr Richter,« begann nun wieder der Vorsprach oder Anwalt, »ich frage, wie oft ich bedingen und beklagen muß.«
»Dreimal.«
Die Klage wurde nun, so wie sie Friedrich schon auf dem Landtage ausgesprochen hatte, jetzt von seinem Beauftragten dreimal angebracht, und der Letztere fügte dann hinzu:
»Das Alles hat Werner gethan! Da er nun meines Herrn gehuldigter und geschworener Mann und Diener ist, so hat er damit seine Treue gegen ihn nach Lehenrecht gebrochen. Auf diese seine verlautbarte Schuld ist nach Lehenrecht geurtheilt, daß man Werner heischen sollte zur Verantwortung, und ist das geschehen nach Gebrauch und nach Recht, wie es vorgeschrieben ist.«
»Auf diese Anschuldigungen frage ich,« entgegnete Hans, »ob Werner von Holzendorf auf Bötzow dieser Handlungen eingeständig gewesen ist.«
»Wir alle sind des Zeuge!« klang es in der Runde.
»So bedarf es keiner zugezogenen Zeugen. Untersuchet denn, ob der genannte Werner die Treue an seinem Herrn, dem Burggrafen, gebrochen hat!«
Die Schöppen begannen eine leise Unterredung, deren Ergebniß bald also lautete:
»Wir finden nach Lehenrecht, daß Werner von Holzendorf die Treue an seinem und unserm Herrn gebrochen, er habe denn Hülfrede, die ihm in dem Rechte möchte behülflich sein nach Lehenrecht.«
»So lasset uns des Angeklagten und seiner Hülfrede warten!«
Dieses Warten war allerdings vergeblich, denn Werner hatte sich nicht zu dem Prozesse eingefunden. Furcht hielt ihn nicht zurück, denn es konnte weder seine Person noch seine Freiheit dabei angetastet werden, da es sich allein um das Lehen handelte. Allein er wußte recht gut, daß er Nichts zur Beschönigung seiner That beibringen konnte, nichts, wodurch die Wendung der Sache für ihn günstiger werden konnte, und darum blieb er zu Hause. Hätte er die Flucht Dietrichs von Grobsdorf weg nebst den dabei stattgehabten Umständen gekannt, so hätte er gewiß nicht so ruhig auf Bötzow gesessen und dem Schlusse des Prozesses zugewartet.
Nachdem man die bestimmte Zeit erfolglos auf sein Erscheinen geharrt hatte, trat der Vorsprech wieder herbei, wiederholte seinen vorigen Antrag und fügte demselben bei:
»Da hiernach Werner von Holzendorf sich Bötzow, Neumühl und anderer Güter, bewegliche und unbewegliche, mit Unrecht unterwunden hat und diese meinem Herrn zu Rechte verfallen und ledig geworden sind, so frage ich, ob er die genannten Güter und Schlösser nach Lehenrecht ihm unverzüglich abtreten und überantworten muß.«
»Weiset dann meinem Herrn, was nach Lehenrechte recht ist!« befahl Hans den Schöppen.
Diese gingen auf die Seite nach einem besonders eingehegten Orte und besprachen sich besonders mit dem Umstande. Nach einer Weile kamen sie wieder, und Ritter Heinrich von Strantz sprach dann:
»Wir urtheilen, daß Werner unserm Herrn die vorgenannten Schlösser und Güter abtreten und unverzüglich zurückgeben soll, es sei denn, er hätte Hülfrede, die ihm in dem Rechte möchte behülflich sein!«
Wieder wurde beschlossen, seiner zu warten, und der Frohnbote mußte ihn dreimal an verschiedenen Orten der Stadt vorladen. Indessen verging der Tag, ohne daß er erschien. Gegen Untergang der Sonne gebot Hans Stille, und Friedrichs Vorsprech fragte:
»Auf welche Zeit und bis zu welchem Tage soll mein Herr der Hülfrede warten nach Lehenrecht, um sein Recht zu vollführen, СКАЧАТЬ