Am Jenseits. Karl May
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Am Jenseits - Karl May страница 21

Название: Am Jenseits

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ nicht der, der vorhin noch bei mir war und für den ich dich bis jetzt gehalten habe!«

      »So sag, wer du dachtest, daß ich sei!«

      »Ben Nur (Sohn des Lichtes), der Bote des Propheten. »

      »Der bin ich nicht und kenne ihn auch nicht. Sein Name steht in keinem Buche verzeichnet, welches von dem Propheten handelt.«

      »In keinem irdischen Buche, aber im Kitab et Tubanijin (Buch der Seligen) ist er zu finden. Nun weiß ich nicht, wo ich jetzt bin, denn du bist nicht Ben Nur und bist auch nicht El Ghani. Bin ich noch im Lande der Verstorbenen, oder kehrte ich schon wieder auf die Erde zurück?«

      Sonderbar, höchst sonderbar! Hatten wir es etwa mit einem Irren, einem Wahnsinnigen zu tun? Er schaute mit weit geöffneten, glänzenden Augen um sich, die unmöglich blind sein konnten, mußte uns also doch sehen. Und im Lande der Verstorbenen wollte er gewesen sein? Er wurde el Münedschi genannt, der Wahrsager. Dieses türkische Wort bedeutet auch Sterndeuter. Wahrsager, Stern und Zeichendeuter, diese Worte haben selbst für jemanden, der sonst nicht nach biblischen Verboten fragt, einen warnenden Beigeschmack. Ich mußte an den Hokuspokus der südafrikanischen Regenmacher, die indianischen Medizinmänner und ähnliche zweideutige Existenzen denken. Einen so tiefen, Ehrfurcht erweckenden Eindruck dieser Mann erst auf mich gemacht hatte, jetzt fühlte ich nur noch die Notwendigkeit, vorsichtig gegen ihn zu sein. Hanneh war weit zurückgetreten; Halef sah ihn mißtrauisch von der Seite an, und die Haddedihn schienen nicht im Klaren darüber zu sein, ob sie sich wundern oder über ihn lachen sollten

      »Du bist natürlich auf der Erde«, beantwortete ich seine letzte Frage.

      »Wo da?«

      »Wo du vorher warst.«

      »Ich war bei El Ghani. Wo ist er? Ich höre ihn nicht.«

      »Aber du siehst doch uns!«

      »Euch? Sehen? Allah w‘Allah! Deine Worte sagen mir, daß ich mich bei Leuten befinde, die mich gar nicht kennen. Seht ihr denn nicht, daß ich blind bin?«

      »Nein, das sehen wir nicht. Du scheinst vielmehr ganz vortreffliche Augen zu besitzen.«

      »Du irrst. Ich weiß, daß meine Augen glänzen, aber dieser Glanz ist Täuschung. Ich höre deiner Stimme an, wie weit du dich von mir befindest, aber ich kann dich nicht erkennen. Nur wenn du ganz nahe zu mir herankommst, kann ich dich wie die dunkle, verschwimmende Schattengestalt eines bösen Geistes erkennen.«

      »Du scheinst solche böse Geister gesehen zu haben?«

      »O sehr oft! Aber wo ist El Ghani? Ich bin besorgt um ihn und also auch um mich. Er ist der einzige, der mich verstehen und behandeln kann, er, mein Wohltäter, ohne den ich längst gestorben wäre. Sagt es mir! Ich bitte euch!«

      Das schien der Ton wirklicher, ungeheuchelter Angst zu sein. Ich wollte und mußte ihn prüfen. Darum legte ich die Hand um den Griff meines Messers, welches ich im Gürtel stecken hatte, zog es plötzlich heraus und stieß damit nach seinem Gesicht, als ob ich ihn ins Auge stechen wolle. Er zuckte, obgleich dieses letztere fast von der Spitze der Klinge berührt wurde, doch mit keiner Wimper und veränderte auch den Ausdruck des Gesichtes nicht im geringsten. Ein Sehender hätte sich bei dieser meiner plötzlichen Bewegung doch wohl anders verhalten; er schien also doch wirklich blind zu sein. Darum antwortete ich in freundlicherem Tone als zuletzt.

      »Du wirst die gewünschte Auskunft erhalten, wenn du vorher uns welche über dich gegeben hast. Vor allen Dingen will ich dir sagen, daß du dich um dich nicht zu ängstigen brauchst. Du befindest dich bei guten Menschen, weiche dich als Freund und Hilfsbedürftigen behandeln werden. El Ghani ist ein Mekkaner?«

      ja; wir alle sind aus Mekka. Aber ich bin blind und sehe euch nicht; ich weiß also nicht, ob und wie ich euch antworten soll und darf. Ich bitte euch also, nachsichtig gegen meine Unbehilflichkeit zu sein und mir zuerst zu sagen, wer ihr seid!«

      »Komm erst zu unserem Lagerplatz! Du hast nur höchstens fünfzig Schritte weit zu gehen.«

      »So führe mich!«

      Ehe ich ihn bei der Hand nahm, wiederholte Halef mein voriges Experiment mit seinem Messer. Der Blinde bemerkte es wirklich nicht., Dann, als wir gingen, nahm ich ihn so, daß das Grab grad vor ihm lag. Drei Schritte, und dann wäre er unbedingt hineingelaufen, wenn ich ihn nicht auf die Seite gezogen hätte. Der Ortswechsel wäre gar nicht notwendig gewesen, wenn ich ihn nicht vorgeschlagen hätte, um den Gang dieses Mannes zu prüfen. Er bewegte sich mit einer Unsicherheit, welche gewiß nicht bloß eine Folge der ausgestandenen Anstrengungen und Entbehrungen war. Obgleich er von mir geführt wurde, waren seine Schritte so vorsichtig suchend, wie man es nur bei Blinden beobachtet und ein Sehender es nicht nachmachen kann. Wir hatten es also nicht mit einem Simulanten zu tun.

      Die guten Folgen dieser bestandenen Prüfung gaben sich sofort im Verhalten der Haddedihn zu erkennen, die nun nicht mehr Mißtrauen gegen, sondern herzliches Mitleid für ihn fühlten. Sie reiteten ihm einen weichen Sitz und fragten ihn nach Wünschen, die sie vielleicht erfüllen könnten. Er bat wieder um Wasser. Als er nun zum dritten Male seinen immer wiederkehrenden Durst gelöscht hatte und wir ihn fragten, ob er nicht auch Hunger habe, antwortete er:

      »Ich weiß nicht, wie lange ich nicht gegessen habe, denn ich war nicht in meinem Körper und habe keine Augen für den Unterschied zwischen Tag und Nacht. Der Morgen ist für mich grad wie der Abend, und nur wenn von einem mir ganz nahen Gegenstande der Sonnenstrahl in das Auge zurückgebrochen wird, kann ich ihn als Schatten mit verschwommenen Umrissen erkennen. Als ich zum letztenmale aß, wird es am Jom el Guma (Freitag) früh gewesen sein.«

      »Und heute ist Jom el Itnehn (Montag), rief Halef. »Du hast also drei volle Tage nichts genossen!«

      »Ich habe doch noch keinen Hunger. Aber Tabak, Tabak, den gebt mir, wenn ich euch darum bitten darf!«

      Da hatte er auch schon eine alte Pfeife mit kurzem Rohre und ungewöhnlich großem Kopfe aus der Tasche seiner weiten Hosen gezogen und steckte sie in den Mund. Seine Bitte wurde in, ich möchte sagen, inbrünstigem Tone ausgesprochen, und in seinem Gesichte drückte sich dabei eine Sehnsucht, ja fast eine Gier aus, welche die Erfüllung des Wunsches kaum erwarten konnte. Und als dies geschehen war, rauchte, nein, qualmte er mit einem. Eifer, als ob sein Leben daran hänge, die Pfeife so bald wie möglich wieder stopfen zu können. Eine solche Leidenschaftlichkeit hätte ich einem Blinden niemals zugemutet. Sie würde mich wahrscheinlich auf den Gedanken gebracht haben, daß die Blindheit doch und doch erdichtet sei, aber ich hatte nun trotz der Kürze der Zeit die Beobachtung gemacht, daß der Blick dieser schönen Augen leer und seelenlos war und die Wimpern fast unbeweglich blieben.

      »Der arme, blinde Mann!« raunte Hanneh mir mitleidig zu. »Soeben erst vom Tode erstanden, von seinen Freunden verlassen, mitten in der Wüste! Sihdi, was hast du über ihn beschlossen?«

      Ich winkte ihr beruhigend zu und öffnete schon den Mund zum Sprechen, als Halef, welcher meine Absicht erriet, mir schnell die leise Frage vorlegte:

      »Effendi, du willst ihm sagen, wer wir sind?«

      »Ja«, antwortete ich ebenso leise.

      »Erlaube, daß ich dies tue! Ich kenne uns ja ebenso gut, wie du uns kennst!«

      Er setzte sich an die andere Seite des Blinden, zu dessen Linken ich saß, nieder und erklärte ihm:

      »Du wirst jetzt zwei sehr berühmte Männer kennen lernen, höre also mit Aufmerksamkeit, was ich dir sagen werde! Ich bin nämlich Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah, der oberste СКАЧАТЬ