Am Jenseits. Karl May
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Название: Am Jenseits

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ bin ich einverstanden; ich werde es gern tun.«

      »Aber das braucht keiner, der dabeisteht, zu bemerken. Darum mußt du vermeiden, mir eine lange Rede zu halten, Sihdi!«

      »Hast du mich als einen Freund von langen Reden kennen gelernt, Halef?

      »Nein. Aber auch mir wird ein einziges Wort genügen.«

      »Welches?«

      »Kutub (Bücher). Sag einfach Kutub, so weiß ich, was du meinst, ohne daß ein anderer es erfährt! Sobald du dieses Wort aussprichst, werde ich sofort daran denken, daß ich den vielen, vielen Lesern deiner Bücher als erhabenes Vorbild und unerreichtes Muster aller irdischen und männlichen Tugenden zu gelten habe. Dieses Wort wird mich im größten Zorne beruhigen, indem es meinen Grimm mit Sanftmut übergießt; es wird mich in jeder Aufregung, überhaupt in jeder Lage, zur Besinnung und Überlegung dessen bringen, daß derjenige Teil der Weltgeschichte, weicher von mir, von meinen Worten und Werken handeln wird, nichts enthalten darf, wodurch der Glanz meines Ruhmes verdunkelt werden könnte. Also nur dieses eine Wort »Kutub« brauchst du zu sagen, wenn du den wütenden Löwen, der ich zuweilen bin, schnell in ein stilles, geduldiges Lamm verwandeln willst. Dafür bin ich aber auch überzeugt, zur Besänftigung deines Zornes nun alles getan zu haben, was du von mir verlangen kannst, und bitte dich, den überflüssigen Schwung, den ich meiner Peitsche gegeben habe, nicht wieder zu erwähnen!«

      Mit diesen Worten war für ihn die Sache abgemacht, für mich aber freilich noch nicht, denn ich war überzeugt, daß die Folgen gewiß nicht auf sich warten lassen würden.

      Jetzt war es Zeit, uns schlafen zu legen; ich sah also noch einmal nach dem Hedschihn, welches ich während dieser Reise ritt, und rief dann meinen Hengst Assil zu mir, denn er war jetzt ganz genau so mein Schlafkamerad, wie sein Vater Rih es früher gewesen war. Sein Hals diente mir als Kopfkissen, und vor dem Einschlafen sagte ich ihm die für ihn bestimmte Sure in das Ohr. Dann wurde es rundum still, denn außer dem einen Haddedihn, auf welchen die Wache gefallen war, hatten sie alle sich zur Ruhe gelegt. Später wurden wir durch einen Schuß aus dem Schlaf geschreckt; die Geier hatten sich zu nahe an den Toten gewagt und waren von dem Wächter vertrieben worden. Als ich später wieder aufwachte, war es um die Zeit des Fagr, des Gebetes um die Zeit der Morgenröte. Die meisten der Haddedihn waren schon munter. Hanneh hatte das Feuer wieder angezündet, um den Morgenkaffee zu kochen, zu welchem die gestern übrig gebliebenen Brotkuchen verzehrt werden sollten.

      Hierbei will ich bemerken, daß der Beduine außerordentlich mäßig lebt und nur bei festlichen Schmausereien von dieser Regel eine Ausnahme macht. Der Fremde, weicher sich denselben Anstrengungen wie der Einheimische unterwerfen will. muß sich auch ganz derselben Mäßigkeit befleißigen, wenn er nicht von Krankheiten schnell dahingerafft sein will. Ich denke da noch heut mit großem Vergnügen eines Zusammentreffens zwischen mir und einem Wüstenreisenden, dessen Werke nicht unbekannt sind. Er erzählte mir mit großer, sichtlicher Befriedigung, daß er in der Wüste stündlich mehrere Glas Wasser getrunken habe. Er reiste mit vierzehn Zelten. Sobald diese aufgeschlagen waren, nahm er ein Frühstück zu sich, weiches aus einer Flasche Wein, Sardinen, kalter Zunge und Biskuit bestand, hierauf aß er zu Mittag eine »Suppe ersten Ranges«; so nannte er sie nämlich. Sie bestand, notabene für ihn ganz allein, aus drei Hühnern und einer ganzen Ochsenschwanz— oder Schildkröten-Konserve. Hierauf folgten Schafs oder Lammbraten, eine Eier oder Reisspeise, Biskuit nebst Wein und Kaffee. Dieser Herr versicherte mir im Tone stolzer Genugtuung, daß er »in der Wüste niemals einen Beduinen besucht habe, ohne Handschuhe anzuziehen! Und das, was er mir erzählte, hat er auch geschrieben und durch den Druck veröffentlicht! Wenn es Europäer gibt, welche in südlichen Ländern in dieser ausgiebigen Weise für das Wohlbefinden ihres Körpers sorgen, so ist es gar kein Wunder, wenn die durch diese Völlerei erzeugten überschüssigen Säfte sich auf dem auch schon nicht mehr ungewöhnlichen Wege des Tropenkollers Luft zu machen suchen! Ich habe stets genau in derselben Weise wie die Eingeborenen gelebt und bin nie der Ansicht gewesen, daß ich mich durch den Genuß von Extraspeisen und Delikatessen vor ihnen auszeichnen müsse. Was sie hatten und aßen, das hatte und aß auch ich, und da ich diesen Grundsatz auch in jeder andern Beziehung verfolgte, so bin ich mit ihnen stets, auch ohne Tropenkoller, sehr gut ausgekommen.

      Als wir den Morgenkaffee zu uns genommen hatten, durften wir an unsern Aufbruch denken; vorher aber hatten wir das zu tun, was zu tun wir uns durch die Malice el Ghanis gezwungen sahen: Wir mußten die Leiche des Münedschi vollends mit Sand bedecken, wenn wir uns nicht einer ganz unverzeihlichen religiösen Unterlassungssünde schuldig machen wollten. Es wurden einige Haddedihn damit beauftragt, denen Halef befahl, es nicht bloß bei dem einfachen Zudecken zu lassen, sondern einen hohen und möglichst festen Grabhügel aufzubauen. damit die Geier dann nicht zu der Leiche könnten. Meiner alten Gewohnheit folgend, mich womöglich um alles selbst mit zu bekümmern, ging ich mit diesen Leuten nach der Stelle, wo die Mekkaner ihren Toten liegengelassen hatten; Halef war auch dabei.

      Der Körper der Leiche war im Sande eingegraben, der Kopf noch nicht, das Gesicht hatte man mit einem Zipfel des Gewandes bedeckt. Ich schlug diesen Zipfel zurück.

      »Allah w‘Allah!« sagte Halef. »Welcher Ausdruck der Ehrwürdigkeit! So wie diesen Mann habe ich mir die Propheten vergangener Jahrhunderte vorgestellt!«

      Er hatte recht; es ging mir grad so wie ihm. Ich hatte wohl noch selten ein so schönes, Ehrfurcht gebietendes Greisenangesicht gesehen, noch jetzt, im Tode, schön!

      »Er hat nicht das Aussehen eines Toten, sondern eines Schlafenden«, fuhr Halef fort, »eines Schlafenden, der von Allahs Himmel träumt. Sieh, wie er selig lächelt!«

      Es ist nach meinen Erfahrungen mit diesem sogenannten »seligen Lächeln« der Verstorbenen eine ganz eigene Sache, denn ich habe es am ausgeprägtesten, am ergreifendsten bei Personen gefunden, deren Ende ein gewaltsames gewesen war. Ich habe in den Zügen im Kampfe Gefallener kurz nach ihrem Tode den sprechendsten Ausdruck des Hasses, des Grimmes, der Angst, d ‚ es physischen Schmerzes gesehen, und dann wahrgenommen, daß dieser Ausdruck sich sehr bald in denjenigen der Milde, der Ruhe, des Friedens verwandelte. Und wiederum sah ich Leute so sanft und kampflos hinüberschlafen, daß ich mir wünschte »so möchte einst auch dein Tod sein!«, und dann nahmen ihre Gesichter nach und nach das Gepräge seelischer Angst oder körperlicher Pein, des Leidens an. Sollten die Affekte oder Stimmungen, welche im Augenblicke des für uns sichtbaren Sterbens vorherrschend sind, nur deshalb keine nachhaltige Wirkung hinterlassen, weil die eigentliche Trennung der Seele von dem Körper erst später, von uns unbemerkbar, erfolgt und der Geist erst dann das, was ihm bei diesem endgültigen Scheiden bewegt. zum Troste oder zur Warnung für die Hinterbliebenen auf das Angesicht schreibt? Diese Frage gehört auch zu denen, welche wir Lebenden wohl aussprechen, aber nicht beantworten können.

      Indem ich die Züge des Münedschi betrachtete, fiel mir die Färbung des Gesichtes auf; sie war blaß und totenähnlich, dabei aber von einem so eigentümlichen Ton, daß ich aufmerksam wurde. Ich legte die Hand an seine Wange und fühlte, daß sie kalt war. Ich entfernte den Sand von den Armen und den Händen; diese letzteren hatten auch die Kälte des Todes. Nach der Trübung der Augen sah ich nicht, da ich ja gehört hatte, daß der Münedschi blind gewesen war. Leichengeruch gab es nicht, doch war die Todesstarre eingetreten, die aber ebenso wie die Kälte und die Veränderung der Hornhaut des Auges kein unzweifelhafter Beweis des wirklich eingetretenen Todes ist. Ich forderte einige Haddedihn, welche bei uns standen, auf, den Mekkaner ganz vom Sande freizumachen.

      »Warum das?« fragte Halef im Tone der Überraschung. »Denkst du etwa, daß er noch lebt, Sihdi?«

      »Das wohl nicht«, antwortete ich, »aber ich habe das Gefühl, als läge auf dem Gesichte noch ein leiser, leiser Lebenshauch, der nicht auf wirklichen Tod, sondern nur auf Ohnmacht schließen läßt.«

      »Nur ohnmächtig? Also scheintot? Effendi, wir haben schon viel, sehr viel erfahren und gar manches СКАЧАТЬ