Название: Der schweizerische Robinson
Автор: Johann David Wyss
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Erdäpfel, Vater, Erdäpfel!« rief er endlich, als er wieder die Stimme fand.
»Wie, was, wo?« sagte ich freudig. »Solltest du wirklich so glücklich sein? Herbei, ihr Jungen, herbei! – So laß doch sehen, mein Sohn! Ich wage es noch gar nicht zu glauben, daß du hier die Fruchtknollen von der herrlichen Pflanze habest; und doch sehen sie ganz, ganz danach aus.«
»Ja, gewiß, Vater, sind es Erdäpfel«, beteuerte Fritz; »das ist ein rechter Segen für uns. Ernst ist doch glücklich gewesen.«
»O was?« rief Jack schnippisch dazwischen; »ich hätte sie auch gefunden, wenn ich den nämlichen Weg gegangen wäre wie er! Das ist keine Kunst!«
»Ei«, schalt die Mutter, »setze doch den Wert dieser herrlichen Entdeckung nicht herab! Wärest du auch mitten durch die Kartoffelstauden durchgewatet, so ist noch sehr die Frage, ob du sie erkannt hättest; denn du bist gar zu flüchtig. Ernst gibt in seiner Stille meistens acht auf alles, und was er entdeckt, ist selten nur Zufall oder Glück. Aber ich fürchte noch immer, wir täuschen uns; denn die lebhaften Wünsche machen leichtgläubig. Es könnten vielleicht auch andere Gewächse eine solche glatte, kugelförmige Frucht erzeugen.«
Wir eilten nun alle hin, wo sich Ernst die Knollen abgebrochen hatte, und mit freudigem Entzücken sahen wir von dem Ende unsres Wäldchens bis hinauf an die Flühe den Boden ganz mit Kartoffelstauden überdeckt, und in ihrer Demut gefielen sie uns besser als alle Rosen von Persien. Ein Teil stand in Samen, ein Teil schon abgedorrt, ein Teil in erfreulicher Blüte, und hin und wieder sproßten noch junge Pflänzchen hervor.
Jack rief aus: »O prächtig! Gewiß sind das Erdäpfel! Die wollen wir schon kriegen!« – und hiermit stürzte er flugs auf die Knie und fing mit allen zehn Fingern an zu kratzen und zu graben. Von seinem feurigen Beispiel hingerissen, war auch der Affe sogleich von seinem Gaul herunter und über die Stauden her, riß einige weg und scharrte so behende, daß er noch lange vor Jack die herrlichste reife Kartoffel aus dem Boden zog, und nachdem er sie berochen und zur Seite geschmissen, immer andre hervorholte und in kurzem ein ganzes Häufchen beisammen hatte; denn Fränzchen nahm sich die Mühe, den fortgeworfenen nachzulaufen und sie aufzufischen. Wir übrigen blieben dabei nichts weniger als müßig. Teils mit den Händen, teils mit den Hirschfängern und Messern grub jeder nach Kartoffeln, so fleißig er konnte, und fast unersättlich füllten wir unsre Säcke und Weidtaschen so voll von der köstlichen Speise, als es nur möglich war.
Erst nach einer Weile setzten wir uns wieder in Bewegung, um vollends nach Zeltheim zu wandern. Bill verzog keine Miene, als Fritz den Affen wieder auf seinen Rücken setzte. Zwar hatten ein paar lüsterne Mäuler geraten, sogleich nach Falkenhorst zurückzukehren und ein herrliches Kartoffelgericht zu schmausen; aber da dringende Gründe nach Zeltheim mahnten, so ward unser angefangener Spaziergang, wiewohl von der unerwarteten Belastung etwas erschwert, doch lustig und freudig fortgesetzt.
»Kinder«, sagte ich im Gehen, »die Entdeckung der Erdäpfel ist fast unschätzbar für uns.«
»Ja, wahrhaftig«, sagte Fritz, »wir haben Ursache, Gott auf das innigste zu danken.«
In allerlei Gesprächen waren wir bis an die Felsenreihe gekommen, von welcher unser Bächlein mit sanftem Geräusch als ein lieblicher, kleiner Wasserfall herniederrieselte und längs welcher wir nun gegen den Schakalbach gingen. Wir mußten uns durch hochstehendes Gras arbeiten und bekamen, die Felswand links, das Meerufer in einiger Ferne rechts, eine zweifache, schöne, aber durchaus verschiedene Aussicht, über die wir uns nicht wenig freuten.
Besonders die Felsen gewährten ein so malerisches Schauspiel, als man nur wünschen konnte. Sie stellten sich dar wie ein offenes Treibhaus, wo statt der Blumentöpfe die kleinen Absätze, Risse und Vorsprünge der Fluh mit den seltensten und mannigfaltigsten Gewächsen ganz überdeckt waren. Am zahlreichsten erschienen die stachligen Saftpflanzen, die man eben in den Treibhäusern auch gewöhnlich zu ziehen pflegt. Da sah man die sogenannten indianischen Feigen, die Aloe, die prächtige, mehr als mannshohe indische Stachelkerze, die dornige Schlangenwinde und zwischendurch, was uns am meisten entzückte, selbst die gekrönte Ananas, diese Königin der Früchte.
Alle fuhren wir begierig nach einer solchen Kostbarkeit, weil sie uns allen bekannt war, und vorzüglich, weil sie roh genossen werden konnte. Der Affe ging dem jungen Völklein vor, und nach seinem löblichen Muster wurde genascht, daß es eine Freude war. Ich fand also nötig, die Knaben zu warnen, daß sie von der Leckerei nicht übermäßig genießen möchten, weil sie Gefahr liefen, an der kältenden Frucht, die dabei nicht ohne Schärfe wäre, sich die Ruhr zu essen und ihre Freude mit Schmerz und Krankheit zu bezahlen.
Endlich entdeckte ich unter den verschiedenen Stachelpflanzen auch ein paar Karatten – eine Art von Aloe oder Agave, die teils in voller Blüte, teils schon verblüht wie junge Bäumchen emporgeschossen waren, eine mir ganz überaus willkommene Erscheinung.
»Da seht her, Kinder«, rief ich; »da machen wir einen bessern Fund als mit den Ananas, so vortrefflich euch diese behagen mochten! Das untere Laubwerk dieser Pflanzen ist der Ananas fast gleich; aber dann betrachtet den schlanken geraden Stengel, der mitten emporsteigt und sich oben wie ein hübsches Bäumchen gestaltet! Betrachtet die angenehme Blüte!« Mit vollem Munde antworteten alle: »Das ist nichts, wenn man die Frucht nicht essen kann! Die Ananas geht über alles; wir lassen euch diese trostlosen Bäumchen gern, wenn wir Ananas haben.«
»O ihr Leckermäuler!« lachte ich; »ihr macht es eben wie so viele tausend Menschen! Ihr überseht einen wahren und dauerhaften Vorteil über einem flüchtigen Sinnenkitzel. Das will ich euch handgreiflich und auf der Stelle beweisen. – Ernst, nimm hier meinen Stahl und Feuerstein und schlage mir doch Feuer!«
»Ja, bitte um Vergebung!« erwiderte dieser, »ich muß auch Zunder haben!«
»Richtig, mein Freund!« fuhr ich fort. »Aber gesetzt nun, wir hätten keinen, oder der unsrige wäre schon aufgebraucht, womit wollten wir Feuer machen? Und ohne Feuer wäre es mit unserm hiesigen Wohlsein bald zu Ende.«
»Oh, wir könnten es machen wie die Wilden«, sagte Ernst, »und zwei verschiedene Hölzer aneinander reiben, bis sie sich entzündeten.«
»Gehorsamer Diener!« antwortete ich. »Für uns, die wir es nicht gewohnt sind, würde das ein saures Stück Arbeit sein. Ich will wetten, daß zum wenigsten keiner von euch, und wenn er den ganzen Tag hindurch riebe, nur ein Fünkchen erhielte. So schnell, sicher und bequem wie mit Zunder bekämen wir auf keinen Fall unser Feuer.«
»Dann müßten wir also Geduld haben«, meinte er, »bis wir einen tauglichen Baumschwamm fänden, um uns andern zu bereiten.«
»Dies eben nicht!« bemerkte ich. »Wir könnten uns welchen aus Leinwand verfertigen, wenn wir sie in einem verschlossenen Gefäß verbrennten. Aber Leinwand haben wir sonst nötig, und es ist doch allemal das beste, wenn wir unsern Zunder gleich bereit und gewachsen finden.«
Mit diesen Worten nahm ich einen dürren Stengel von einer Karatte zur Hand, schälte die äußere Rinde davon ab, brach ein Stücklein des trockenen, schwammigen Markes heraus, legte es auf den Feuerstein, schlug mit dem Stahl an, und im Hui war mein neumodischer Zunder entbrannt. Die Knaben sahen mich erstaunt an, machten einen Freudensprung und riefen: »Vortrefflich, vortrefflich! Es lebe die Zunderstaude!«
»Nun«, sagte ich, »das war eins! Jetzt soll uns die Mutter berichten, womit sie die СКАЧАТЬ