Название: Die Nilbraut
Автор: Georg Ebers
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Natürlich,« versetzte Orion. Dann wandte er sich an den Arzt: »Dich, trefflicher Aeskulap, möcht’ ich bitten, meine Verwandte und mich einen Augenblick allein zu lassen. Ich habe ihr einen Rat zu erteilen, der ihr sicherlich zum Vorteil gereicht.«
Philippus blickte die Freundin fragend an, sie aber versetzte laut und entschieden: »Ich habe kein Geheimnis mit Dir; was ich hören soll, kann auch dieser vernehmen.«
Da zuckte Orion die Achseln und wandte sich zum Gehen; doch vor der Schwelle kehrte er um und rief erregt und voll wirklicher Besorgnis:
»Wenn Du mich nicht um Deinetwillen anhören willst, so thu es, wie übel Du mir auch gesinnt bist, weil ich Dich anflehe, mir diese Gunst nicht zu versagen. Es handelt sich um das Leben des einen und um das Glück, die Ruhe eines andern Menschen. Sage nicht nein, ich fordere nichts Unbilliges, Philippus! Erfülle meinen Wunsch und laß uns einige Augenblicke allein!«
Abermals fragten die Augen des Arztes die Jungfrau und diesmal entgegnete sie: »Geh!« und ihr Freund entfernte sich sogleich.
Da zog Orion die Thür zu und rief mit fliegendem Atem:
»Was hab’ ich Dir gethan, Paula, daß Du mich seit gestern wie einen Aussätzigen fliehst, daß Du darauf ausgehst, mich ins Unglück zu stürzen?«
»Ich denke für das Leben eines treuen Dieners einzutreten, nichts weiter,« entgegnete sie gelassen.
»Auf die Gefahr hin, mich zu verderben?« versetzte Orion bitter.
»Auf diese Gefahr hin, wenn Du den fluchwürdigen Mut findest, die eigene Schuld auf den redlichen Mann zu wälzen.«
»Du hast mich in der vergangenen Nacht belauscht!«
»Nur der Zufall fügte es, daß ich Dich aus dem Tablinum...«
»Ich forsche jetzt nicht, was Dich so spät dahin führte,« unterbrach sie der Jüngling. »Denn es widersteht mir, von Dir etwas anderes als das Beste, das Höchste zu glauben. Aber Du? Was hast Du anderes von mir erfahren als Freundschaft, ja — verbergen, verstecken wäre hier Thorheit — als was der Liebende der Geliebten...«
»Der Liebende?« fiel ihm Paula empört ins Wort. »Der Liebende, wagst Du zu sagen, Du, der Hand und Herz einer andern geboten, Du, der...«
»Wer sagt Dir das?« fragte Orion dumpf.
»Deine eigene Mutter.«
»Das! Also das?« rief der Jüngling und faltete die Hände krampfhaft fest in einander. »Nun erst versteh’ ich, begreif’ ich... Aber halt... Wenn es das ist, was Dich zum Haß, zur Verfolgung gegen mich reizt, dann mußt Du mich lieben, dann liebst Du mich, Mädchen, und dann, Du hohes, einziges Wesen...«
Damit streckte er die Hand nach ihr aus, sie aber stieß sie zurück und rief mit bebender Stimme:
»Irre Dich nicht! Ich gehöre nicht zu den schwachen Lämmern, gegen die Du Deine Gaben und Vorzüge mißbraucht hast und die sich beeilten, Dir die Hände zu küssen. Ich bin des Thomas Tochter, und der Bräutigam einer andern, den es auf dem Weg zur Hochzeit nach meiner Umarmung gelüstet, der wird zu seinem Schaden erfahren, daß es Frauen gibt, die seine verruchten Wünsche zurückzuweisen und den Schimpf, der ihnen zugedacht war, zu strafen verstehen. Fort nun zu Deinen Richtern. Du, falscher Ankläger, nennst meinen Hiram, ich aber nenne Dich, Dich, den Sohn dieses Hauses, den Dieb. Sehen wir zu, wem sie glauben!«
»Mir!« versetzte Orion und seine Augen begannen nicht weniger empört und vernichtend zu glühen wie die ihren. »Mir, dem Sohn des Mukaukas! O, daß Du kein Weib wärest! Auf die Kniee wollt’ ich Dich nieder drücken und Dich zwingen, mich um Vergebung zu bitten! Wie darfst Du es wagen, auf einen Mann, dessen Wandel bisher so makellos rein war wie Dein weißes Gewand, mit dem Finger zu weisen, als ob er ein Nichtswürdiger wäre? Ja, ich bin in das Tablinum gegangen, ich habe den Smaragd aus dem Teppich gerissen, aber es ist in übermütiger Laune geschehen und in dem Bewußtsein, des Vaters Gut sei das meine. Fortgeschleudert hab’ ich dann den Stein, einer wunderlichen Liebhaberei, einem flüchtigen Einfall zu gefallen. Verflucht sei die Stunde, in der es geschehen ist, nicht um der That selber, sondern um der Folgen willen, die sie nach sich ziehen kann durch Deinen wahnsinnigen Haß; Eifersucht, kleine, unwürdige Eifersucht ist es, die ihn erzeugte! Und gegen wen ist sie gerichtet?«
»Gegen niemand, auch nicht gegen Deine Braut Katharina,« versetzte Paula mit erzwungener Ruhe. »Was bist Du mir noch, daß ich, um Dir eine Demütigung zu ersparen, das Leben des bravsten Mannes aufs Spiel setzen möchte? Es bleibt dabei: die Richter sollen entscheiden.«
»Nein, sie sollen es nicht!« brauste Orion von neuem auf, »wenigstens nicht in Deinem Sinne! Hüte Dich, hüte Dich, mich zum Aeußersten zu treiben. Noch seh’ ich in Dir das Weib, das ich liebte, noch biete ich auf, was in meiner Macht steht, auch für Dich alles zum Besten zu wenden...«
»Für mich? So bin auch ich bestimmt, Deine Schuld mit zu tragen?«
»Hast Du vorhin da unten Gebell vernommen?«
»Ich hörte kläffende Hunde.«
»Nun wohl, der Freigelassene ist eingebracht worden, die Meute hatte seine Witterung gewonnen und wurde jetzt in das Haus und in die Nähe des Tablinums geführt, und die Hunde sind nicht von der Schwelle gewichen, und die Leute haben dort nachher auf der weißen Marmorschwelle an ihrem rechten Ende die Spuren eines männlichen Fußes im Staube entdeckt. Sie war seltsam gebildet, und statt fünf Zehen gab es ihrer nur drei zu erkennen. Dein Hiram wurde gebracht, und es fanden sich bei ihm ebensoviel Zehen wie auf dem Marmor, nicht weniger, nicht mehr. Ein Hengst hat ihn im Stall Deines Vaters getreten, und der Arzt ihm zwei seiner Zehen abnehmen müssen; das ist dem Stotterer mühsam genug abgefragt worden. An der andern Seite der Schwelle war eine kleinere Spur, aber so wenig die Hunde acht auf sie gaben, ich habe sie bemerkt und sicher festgestellt, — wie, brauchst Du nicht zu erfahren — daß Du es gewesen, die dort gestanden. Er, der kein Recht hat, dies Haus zu betreten, ist in dieser Nacht in unser Tablinum, unsere Schatzkammer gedrungen. Denke Dich nun in die Seele der Richter! Wie schwer kann wohl gegen solche Thatsachen das bloße Wort einer Jungfrau ins Gewicht fallen, von der jedermann weiß, daß sie mit meiner Mutter nichts weniger als eins ist, und der alles darauf ankommen muß, ihren Diener zu retten.«
»Nichtswürdig!« rief Paula. »Aber Hiram hat den Stein nicht gestohlen, Du weißt es ja selbst, wer es gethan hat. Der Smaragd, den er verkaufte, mein Eigentum war er, und sehen sich diese Steine wirklich so ähnlich, daß selbst der Verkäufer...«
»Ja, ja! Er konnte sie nicht unterscheiden. Böse Dämonen sind bei alledem im Spiel, teuflische, hämische Geister. Es möchte einem der Verstand dabei stille stehen, wenn das Leben nicht so voll von Wundern wäre. Du selbst bist ja das größte! Hast Du dem Syrer den Smaragd zu verkaufen geboten, um mit dem Erlös aus diesem Hause zu fliehen? Du schweigst? So traf ich doch wohl das Rechte! Was kann der Vater Dir sein, Du liebst die Mutter nicht, und den Sohn — Paula, Paula, Du thust ihm doch vielleicht Unrecht! — Ihn hassest Du, ihm zu schaden ist Dir eine Lust.«
»Weder Dir noch irgend einem andern möchte ich weh thun,« versetzte das Mädchen, »und Deine Vermutung ist falsch. Dein Vater versagt mir die Mittel, den meinen zu suchen...«
»Und Du hast Dir Geld schaffen wollen, um weiter nach dem längst Verstorbenen zu forschen. Selbst die Mutter gibt zu, daß Du die Wahrheit liebst, und hat sie recht, und es freut Dich in der That nicht, mich zu verderben, so höre mich, folge meinem Rat, erfülle meine Bitte! СКАЧАТЬ