Die Nilbraut. Georg Ebers
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Название: Die Nilbraut

Автор: Georg Ebers

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ gewährt wird. Vor Hunderttausenden hat Dich eine freundliche Schickung gebildet, um geliebt zu werden, und vergissest Du nicht des Dankes, den Du ihr dafür schuldest, dann werden die Herzen, die sich vor dem Baume, der sich künstlich mit abwehrenden Stacheln besetzt hat, der die Zweige hängen läßt, wie die Trauerweiden am Nil, sich Dir zuwenden, und Du wirst ein neues, schöneres, beglücktes und beglückendes Leben führen. Aus dem öden, reizlosen Dasein, das Du hier zu keines Menschen und am letzten zu Deiner eigenen Freude hinschleppst, wirst Du — es steht in Deiner Macht — ein fruchtbringendes, befriedigendes, heilsames und beglückendes Atmen und Handeln im Lichte machen können. Wenn Du hergekommen bist, um die beklagenswerte Kranke zu pflegen, dann hast Du schon den ersten Schritt gethan auf dem neuen Wege, den ich Dir zu Deinem wahren Glück weisen möchte. Ich hatte Dich hier nicht erwartet, und ich bin dankbar für Dein Kommen, weil ich weiß, daß der Eintritt in diese Thür Dich auf den Weg zu neu erwachendem Wohlsein stellen kann, wenn Du den Willen hast, ihn zu beschreiten. Gott Lob, da wär’ es heraus!«

      Dabei erhob sich der Arzt, und während er die perlende Stirn trocknete, schaute er ängstlich auf Paula, die tief atmend und so verwirrt und unschlüssig, wie er sie noch nie gesehen, auf ihrem Platze verblieben war. Sie hielt die Stirn in der Hand und blickte, als suche sie einen Schmerz zu verbeißen, schweigend in den Schoß.

      Da schlug der junge Mann die Arme zusammen wie ein Arbeiter, wenn ihm in kalter Winterszeit die Hände erstarren, und rief schmerzlich bewegt. »Ja, gesprochen hätt’ ich, und daß es geschehen ist, darf mich nicht reuen; aber was ich voraussah, das trifft nun ein: um die beste Freude, die mir mein Alltagsleben versüßt, werde ich kommen! ‘s ist ein schönes Gebot, Plato zu lieben, aber mehr noch als Plato die Wahrheit; doch wer es übt, muß eben darauf gefaßt sein, daß diese Wahrheit die Freunde aus der unbequemen Nähe des armen Wahrheitsapostels fortscheucht.«

      Da erhob sich Paula und streckte, gehorsam dem Antrieb ihres braven Herzens, dem Arzte die Rechte herzlich entgegen; er aber ergriff sie mit beiden Händen, drückte sie so stark, daß es dem Mädchen fast weh that, und rief mit feuchten, strahlenden Augen: »Das hab’ ich gehofft, das ist schön, das ist edel! Dürft’ ich doch Dein Bruder sein, Du herrliches Mädchen! Komm jetzt! Wenn unter einer Hand, so kann das arme, irrsinnige, todeswunde, schöne Geschöpf dort unter der Deinen genesen!«

      »Ich komme,« entgegnete sie warm, und es lag etwas Gesundes und Heiteres in ihrem Wesen, wie sie auf das Krankenzimmer zuschritt; doch mitten auf dem Wege veränderte sich der Ausdruck ihrer Züge und nachdenklich erhob sie die Frage: »Angenommen, wir stellten die Unglückliche her; wozu würd’ es ihr gut sein?«

      »Dazu, daß sie atmet und das Sonnenlicht schaut,« versetzte der Arzt, »daß sie Dir dankbar sein und endlich wieder für das Ganze thun kann, was sie vermag, daß sie — alles in allem — daß sie lebt, lebt; denn das Leben — fühl es, empfind es mir nach — das Leben ist dennoch das Höchste!«

      Paula schaute dem begeisterten Manne erstaunt in das mißgestaltete Antlitz.

      Wie freudig es strahlte!

      Niemand hätte ihm in dieser Stunde nachsagen dürfen, daß es unschön sei und des Reizes entbehre!

      Er glaubte an das, was er mit so warmer Empfindung gerufen, und doch widersprach es der Ansicht, die er noch gestern gehegt und so häufig verteidigt hatte, daß das Leben an sich ein elendes Ding sei für jeden, der es nicht mit eigener Kraft zu erfassen und etwas Rechtes daraus zu machen verstehe. In diesem Augenblick war es ihm wirklich das Höchste.

      Paula schritt ihm voran, und sein Auge hing an ihr wie das der frommen Wallfahrer an dem Heiligenbilde, zu dem er mit wundem Fuß über Berge und Meere gepilgert.

      Jetzt nahten sie sich dem Bette der Kranken. Die Nonne trat vor ihnen zurück und machte sich ihre eigenen Gedanken über des Arztes verändertes Wesen und die glückselige, kindliche Heiterkeit, mit der er Paula erklärte, worin die Gefahr für die Verwundete liege, welchen Feldzugsplan er entworfen, um das arme Wesen zu retten, wie die Umschläge zu machen, die Medikamente einzuflößen und wie nötig es sei, so lang das Fieber anhalte, auf die Wahnvorstellungen der Irrsinnigen einzugehen und sie zu behandeln, als wären sie verständige Gedanken.

      Endlich mußte er sich entfernen, um nach anderen Leidenden zu sehen, Paula aber blieb an dem Kopfende des Krankenbettes sitzen und blickte der Unglücklichen ins Antlitz.

      Wie schön es war!

      Und diese Rose hatte Orion als Knospe gebrochen und schmählich zertreten! Sie hatte wohl das Gleiche für ihn empfunden wie sie. Und jetzt? Ob sie nichts mehr für ihn fühlte als Haß, oder ob ihr Herz, wie das ihre, bei allem Groll, bei aller Verachtung sich doch nicht ganz frei machen konnte von dem Zauber, mit dem er es einmal umstrickt?

      Aber was waren das für schwächliche Gefühle? Seine Feindin wollte und mußte sie sein!

      Und nun schaute sie nachdenklich auf das müßige und haltlose Leben zurück, das sie nun schon seit Jahren führte. Die Rede des Arztes hatte das Rechte getroffen, ja sie war eher zu milde als zu streng gewesen. Ja, sie wollte ihre Kraft nützlich zu verwenden beginnen; aber wie, in welcher Weise, hier und unter diesen Menschen? Wie verklärt der arme Philippus drein geschaut hatte, da sie ihm die Hand geboten, wie gewaltig seine Rede dahingerauscht war!

      »Wie falsch,« dachte sie, »ist doch das Wort, der Leib sei der Spiegel der Seele. Träfe es zu, so müßte Philippus wohl aussehen wie Orion, Orion wie Philippus.« Aber konnte denn des ersteren Herz ganz verderbt sein? Es war ja nicht möglich, und alles, was in ihr war, sträubte sich, es zu glauben. Ihn mußte sie lieben oder hassen, es blieb kein Mittelweg übrig, aber noch rangen und stritten beide Empfindungen in unerträglicher Weise miteinander.

      Der Arzt wünschte ihr ein Bruder zu sein, und bei dem Gedanken daran mußte sie lächeln. Ruhig und zufrieden hätte sie vielleicht mit ihm, ihrer Betta und seinem alten, gelehrten Freunde und Hausgenossen, von dem er ihr oft erzählt hatte, zusammen hausen, seinen Studien folgen, ihm in seinem Berufe helfen und mit ihm viele wissenswerte Dinge besprechen können. Solch ein Leben, sagte sie sich, würde dem in der Nähe der Frau Neforis tausendmal vorzuziehen sein.

      Einen Freund hatte sie sicher in ihm gefunden, und daß sie ihn als solchen gern anerkennen mochte, darin lag doch schon die erste Erfüllung seiner Verheißung; denn es zeigte, daß ihr Herz noch immer bereit war, sich einem andern freundlich zu nähern.

      Zwischen all diese Erwägungen trat immerfort die Besorgnis um den bedrohten Hiram, und dabei fiel es ihr auf die Seele, daß wenn es zwischen ihr und Orion zum Aeußersten kam, es auch aus war mit ihrem Aufenthalt in der Statthalterei. Wie oft hatte sie nichts wärmer ersehnt, als sie verlassen zu dürfen, aber heute bangte ihr davor; denn die Trennung von dem Oheim bedeutete zugleich die von seinem Sohne. Sie haßte ihn, aber ihn ganz aus den Augen zu verlieren, das war dennoch schwer zu ertragen.

      Philipp zu folgen, um ihm wie eine Schwester nahe zu bleiben: es ging ja nicht an, und es kam ihr vor wie etwas Undenkbares, wunderlich Verkehrtes.

      Unter all diesen Erwägungen lauschte sie auf den Atem der Kranken und behandelte sie nach der Vorschrift des Arztes, dessen Wiederkehr sie ersehnte; doch statt seiner trat die Nonne an das Bett, legte der Kranken die Hand auf die Stirn, fühlte ihr den Puls und flüsterte ihr, ohne Paulas zu achten, freundlich zu: »Recht so, Kind, nur schlafen, immer hübsch schlafen! Wo sie die Ruhe nur her hat; wenn’s doch so bliebe! Der Kopf ist kühler geworden; das nennt Philippus gewiß kaum mehr Fieber! Gott sei gedankt! Die schlimmste Gefahr ist vorüber.«

      »O, wie das mich freut!« rief das Mädchen, und in diesen Worten lag so viel Aufrichtigkeit und Wärme, daß die Nonne ihr zunickte und ihr von nun ab die Kranke beruhigt und gern überließ.

      Lange СКАЧАТЬ