Die Nilbraut. Georg Ebers
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Название: Die Nilbraut

Автор: Georg Ebers

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ vergnügliche Dinge zu suchen oder auf harmlose Schelmenstreiche zu sinnen. Auch sie warb um Paulas Gunst, aber keineswegs mit der hingebenden, gleichmäßigen Schwärmerei Marias. Manchmal gab sie sich ihr freilich mit so stürmischer Heftigkeit hin, daß das ältere Mädchen sie abwehren mußte, dafür aber wandte sie der Damascenerin, wenn sie sich kühl von ihr behandelt oder hinter Maria zurückgesetzt glaubte, mit trotzigem Aufbegehren, Zürnen und Schmollen den Rücken. Zwar lag es in Paulas Hand, diesem »Bösesein« des »Bachstelzchens«, das gewöhnlich einen komischen Beigeschmack hatte, durch ein gütiges Wort oder einen Kuß ein Ende zu machen, doch ohne solch freundliches Entgegenkommen wäre Katharina fähig gewesen, bis an ihr Ende ihrem Groll nachzuhängen. Heute flog sie ihr an die Brust, und als Paula sie gemessener als sonst bat, sie erst ihren Anzug vollenden zu lassen, gesellte sie sich, ohne sich im geringsten empfindlich zu zeigen, zu der kleinen Maria und nahm ihr das Halsband aus der Hand, um es sich selbst umzulegen. Schön gearbeitet und mit Perlen besetzt, wie es war, gefiel es ihr vortrefflich, nur die leere Kapsel, aus der Hiram den Smaragd mit dem Messer gehoben, verunstaltete das Ganze. Aber es war doch ein königlicher Schmuck, und nachdem sie noch einen großen Wedel von Straußenfedern aus der Truhe genommen hatte, zeigte sie ihrer kleinen Freundin mit komischer, steifer Würde, wie die Kaiserin und die Prinzessinnen des Hofes sich verneigen und den Unterthanen gnädig zuwinken. Dabei gab es viel zu lachen, als aber der Anzug Paulas vollendet war und sie Katharina ersuchte, den Schmuck abzunehmen, blieb die leere, durch Hirams Messer verbogene Fassung an dem leichten Spitzengewebe ihres Oberkleides hängen. Maria hakte sie los, und die Damascenerin warf den Schmuck in die Truhe zurück.

      Während sie dieselbe verschloß, fragte sie Katharina, ob ihr Orion begegnet sei.

      »Orion?« wiederholte diese in einem Ton, als habe niemand außer ihr das Recht, nach ihm zu fragen. »Wir beide kamen mit einander heraus; er wollte nach den Verwundeten sehen. Hast Du ihm etwas zu sagen?«

      Dabei errötete sie und blickte Paula mißtrauisch an, diese aber versetzte nichts als »Vielleicht« und rief dann, während sie die Schnur mit dem Schlüssel zur Truhe um den Hals hing:

      »Kommt jetzt, ihr Mädchen, es wird Zeit zum Frühstück; ich gehe heut nicht mit hinunter.«

      »Ach,« machte Maria enttäuscht; »Großvater ist sehr schwach, und Großmutter bleibt bei ihm, und kommst Du nun auch nicht, dann — dann muß ich allein mit Eudoxia essen; denn Katharinas Wagen wartet, und sie soll gleich wieder nach Hause. Ach, komm doch! Thu’s mir zu Gefallen; Du weißt nicht, wie gräßlich Eudoxia sein kann, wenn es so heiß ist.«

      »Geh doch mit!« bat auch Katharina; »was willst Du überhaupt noch hier oben? Gegen Abend komm’ ich übrigens mit Mütterchen wieder.«

      »Schön,« versetzte Paula, »aber ich muß erst zu den Kranken.«

      »Darf ich mit?« fragte das Bachstelzchen und strich der Jungfrau schmeichlerisch über den Arm; Maria aber klatschte in die Hände und rief:

      »Sie will nur zu Orion; denn dem ist sie so gut...«

      Da hielt Katharina dem Kinde den Mund zu, doch als Paula sie mit schnellerem Atem bedeutet hatte, daß sie sehr ernste Dinge mit Orion zu besprechen habe, wandte ihr Katharina mit einer schnellen, trotzigen Bewegung den Rücken und ging schmollend auf die Treppe zu, während Maria sich an dem Geländer derselben heruntergleiten ließ. Noch vor wenigen Tagen wäre das kaum sechzehnjährige Bachstelzchen ihr gern auf dem nämlichen Wege gefolgt.

      Paula klopfte indessen an das erste Krankenzimmer und betrat es so leise, wie die pflegende Nonne aus dem Sankt Katharinenkloster es für sie geöffnet.

      Orion, den sie suchte, war hier gewesen, hatte sich aber vor kurzem wieder entfernt.

      In dem ersten Gemach lag der verwundete Karawanenführer, in dem zweiten die Irrsinnige. In einem an die erste Stube grenzenden Saale, der für hohe Gäste bestimmt und darum mit fürstlicher Pracht ausgestattet war, saßen zwei Männer in tiefem Gespräch: der arabische Kaufherr und der Arzt Philippus, ein kaum mehr als dreißig Jahre alter, sehr großer, starkknochiger junger Mann, dessen Kleidung aus sauberen, aber groben Stoffen bestand und jeglichen Schmuckes entbehrte. Er hatte ein kluges bleiches Gesicht, aus dem zwei glänzend schwarze Augen wohlwollend und doch scharf und lebhaft hervorleuchteten. Seine starken Backenknochen standen viel zu weit hervor, der untere Teil seines Antlitzes war klein, häßlich, wie zusammengedrückt, während seine hohe und breite Stirn das Ganze zu einem Denkerkopf krönte, wie eine herrliche Kuppel ein wenig schönes, winziges Bauwerk.

      Dieser jeder Anmut bare Mann, der dennoch bei der höchst kraftvollen Eigentümlichkeit seiner Erscheinung schwerlich, und wäre es auch in einem Kreise von bedeutenden Menschen gewesen, übersehen werden konnte, hatte sich eben lebhaft mit dem Araber unterhalten, der während ihrer zweitägigen Bekanntschaft großes und voll erwidertes Wohlgefallen an ihm gefunden hatte. Zuletzt war Orion der Gegenstand ihres Gespräches gewesen, und der Heilkünstler, ein rastloser Arbeiter, dem niemand gefiel, der müßig als Genußmensch dahinlebte, hatte ihn bei aller Anerkennung seiner glänzenden Begabung und wohl verwandten Schulzeit weit härter beurteilt als der alte Herr. Dem Arzte war jede menschliche Existenz heilig, und alles schien ihm wert der Vernichtung, was den Leib oder die Seele eines Menschen zu schädigen drohte. Ihm war bekannt, was Orion über die unglückliche Mandane gebracht, wie leichtfertig er mit den Herzen anderer Frauen gespielt hatte, und das machte ihn in seinen Augen zu einem schädlichen, strafwürdigen Mitglied der Gesellschaft. Für ihn war das Leben eine Verpflichtung, und mit Arbeit, gleichviel welcher, wenn sie nur dem Ganzen zu gute kam, löste man sie ein; aber die jungen Herren von Orions Art erkannten sie nicht nur nicht an, sondern nützten das Ganze und seine Teile aus zu niedrigen, selbstsüchtigen Zwecken. Für den alten Muslim dagegen war das Leben ein Traum, dessen schönsten Teil, die Jugendzeit, jeder mit offenen Sinnen genießen und dabei nur besorgt bleiben sollte, beim Erwachen, das mit dem Tode begann, hoffen zu dürfen, Einlaß in das Paradies zu finden. Wie wenig vermöge der Mensch gegen die eiserne Gewalt des über ihn Verhängten! Auch durch ernste Arbeit könne dies nicht abgewandt werden, es gelte nur, ihm gegenüber die rechte Stellung einzunehmen und ihm mit Würde zu begegnen. Orions Geschick habe sein Lebensschiff zu leicht belastet; bei schönem Wetter jage es dahin, wohin der Wind es treibe. Er selbst sei besorgt gewesen, es gut auszurüsten, und wenn das Schicksal es einmal schwer, recht schwer befrachte und an Klippen schleudere, dann erst werde sich zeigen, wer und was er sei; er, Haschim, glaube gewiß, daß sich dann seine Sinnesart trefflich bewähren werde. Beim Schiffbruch zeige sich, was der Mann wert sei.

      Hier fiel ihm der Arzt ins Wort, um zu beweisen, daß nicht das Schicksal der Muslimen, sondern der Mensch selbst das Lebensschiff lenke, doch Paula schaute jetzt in den Saal und unterbrach ihn.

      Der Kaufherr verneigte sich ehrerbietig, Philippus achtungsvoll, doch befangener, als man es bei der Sicherheit seines Wesens hätte erwarten sollen. Er war seit Jahren ein täglicher Gast in der Statthalterei, und nachdem er Paula anfänglich geflissentlich übersehen, zog er sie, seitdem Frau Neforis ihr kühl begegnete, hervor, wo es nur anging. Die Gespräche mit ihm, deren derber, schneidiger Ton ihr anfänglich nicht zugesagt und sie oft in schwer erträglicher Weise in die Enge getrieben hatten, waren ihr längst lieb und zum Bedürfnis geworden. Sie hielten ihren Geist wach in einem Kreise, welcher sich nur mit den kleinen Ereignissen in den Familien der herabgekommenen Stadt oder dogmatischen Streitigkeiten beschäftigte; denn der Mukaukas nahm selten oder nie teil an den Gesprächen der Frauen.

      Der Arzt redete mit ihr nie über Vorgänge, sondern legte ihr seine Ansichten über die Meinungen anderer, ernste Fragen des Lebens oder Bücher dar, die sie beide kannten, und wußte sie zu Erwiderungen zu reizen, denen er mit Witz und Schärfe entgegnete. Nach und nach hatte sie sich an seine kühne Denkweise und wahrhaftige, oft rücksichtslos offene Sprache gewöhnt, und das begabte Mädchen zog nun das Gespräch mit ihm jeder andern Unterredung vor, hatte sie doch erkannt, daß in diesem Denker, diesem Gefäß alles Wissens, СКАЧАТЬ