Jenny. Fanny Lewald
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Название: Jenny

Автор: Fanny Lewald

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ und war eine Viertelstunde später im Theater.

      Erleichtert athmete er auf, als er die Männer nicht in ihrer Nähe bemerkte. Heute, nachdem er sie zwei Tage nicht gesehen, in denen er unaufhörlich an sie gedacht und die heißeste Sehnsucht empfunden hatte, heute schien sie ihm schöner und begehrenswerther, als je! Aber Alles lag trennend zwischen ihm und ihr: Religion und Verhältnisse, und vor Allem ihre Kälte. Ja! wenn er ihr mehr als nur ein Lehrer wäre, den sie hochhielt, wenn sie ein anderes Interesse für ihn hätte, wenn sie ihn liebte! Mit diesen Gedanken hingen seine Augen an ihr, als ihr Blick ihn traf, und das selige Entzücken in ihren Zügen, die glühende Röthe, die ihr Gesicht urplötzlich überflogen, gaben ihm eine Antwort, die ihm das Herz aufwallen machte. Hunderte von Menschen waren jetzt zwischen ihm und der Geliebten, und das Geständniß, das er im Alleinsein ihr nie zu machen gewagt hatte, jetzt war es seinem Herzen entschlüpft; die Zuversicht zu Jenny’s Liebe, auf die er bisher nie gehofft, jetzt vor hundert Zeugen war sie ihm geworden.

      Das ist das Geheimniß der Liebe, daß sie zwei Herzen verbindet zu Einem, und diese absondert unter Tausenden; daß das Gefühl der erwiderten Liebe nicht der Worte, kaum des Blickes bedarf, um sich deutlich zu machen. Es ist, als ob die Liebe wie ein flüchtiger Aether dem einen Herzen entströme, um das andere zu erfüllen und zu beleben. Aber nur das geliebte, geöffnete Herz empfindet das Lebenswehen, das für es ausgeströmt wird. Die Uebrigen berührt der Strom von Jenseits nicht, und sie athmen ruhig die kalte Erdenluft, ohne zu ahnen, wie schnell und leicht und freudig zwei Herzen in ihrer Nähe klopfen.

      Reinhard und Jenny waren allein mit einander, mitten in dem menschenvollen Raume. Nur für sie allein sang die Gräfin, nur um ihren stillen Gefühlen Worte zu geben, und wie zum Schwure blickten sie sich ernst und heilig in die Augen, und wiederholten innerlich: »Laß mich sterben, Gott der Liebe, oder lindre meinen Schmerz.«

      Jenny, dem Kindesalter noch sehr nahe, wurde froh wie ein Kind, nachdem die Gewalt des ersten Eindruckes sich etwas vermindert hatte. Sie war glücklich in dem Bewußtsein, geliebt zu werden; sie hätte es dem ganzen Publicum zurufen mögen: meinetwegen ist er in das Theater gekommen, und er liebt mich! und doch hatte sie nicht den Muth, seiner Mutter zu sagen, daß er da sei, und daß sie ihn sähe. Ihr ganzes Gesicht lächelte schelmisch, als Cherubin kläglich fragte: »Sprecht, ist das Liebe, was hier so brennt?« Reinhardt wandte kein Auge von der Geliebten, und ein ganzer Frühling von Glück und Wonne blühte in seinem Herzen auf, als Jenny bei der wiederholten Frage: »Sprecht, ist das Liebe, was hier so brennt?« ihn muthwillig ansah, und ganz unmerklich für jeden Andern, ihm ein freundliches »Ja« mit den schönen Augen zunickte.

      Bald war das Finale des zweiten Actes mit seinem rauschenden Prestissimo vorüber. Reinhard verließ seinen Platz, und eilte, in die Nähe der Geliebten zu kommen. Es war ihm, als müsse er nun in Einem Worte alles Leiden und Hoffen der letzten Monate vor ihr enthüllen, als müsse er sie an seine Brust schließen und ihr danken für das Glück, das sie ihm in dieser Stunde gegeben. Er hätte das zarte Mädchen auf seinem Arm forttragen mögen, sich durchkämpfend durch eine Welt von Hindernissen, um das süße Kleinod ganz allein zu besitzen, um es an einen Ort zu bringen, wo kein begehrender Blick Diejenige träfe, die sein Ein und Alles war.

      Und als er die Thür der Loge geöffnet hatte, als Jenny sich umwendete, und er das Rauschen ihres seidenen Kleides hörte, da wußte er kein Wort zu sagen. Er sprach einige gleichgültige Dinge mit ihrer Mutter, hörte, wie seine Mutter sich freute, daß er noch so spät gekommen sei, und setzte sich schweigend neben Jenny nieder.

      Sie fühlte das Peinliche seiner Lage und auch sie war befangener, als jemals. Endlich brachte sie stockend die Worte hervor: Ich habe Herrn Reinhard schon beim Beginn des zweiten Actes gesehen.

      Und warum sagtest Du das nicht gleich? fragte ihre Mutter.

      Ich dachte, ich wußte nicht, stotterte Jenny ganz verwirrt, bog sich zur Pfarrerin nieder, küßte ihr die Hand und bat, als ob sie ein Unrecht gut zu machen hätte: ach, sein Sie nicht böse!

      Beide Frauen nahmen das lächelnd für eine von Jenny’s Launen, und gaben nicht weiter auf sie Acht, als abermals der Vorhang emporrollte und das Duett zwischen Susanna und dem Grafen ertönte.

      Für Reinhard sang der Graf nicht vergebens: »So lang’ hab’ ich geschmachtet, ohn’ Hoffnung Dich geliebt«; er fühlte dabei die Trostlosigkeit der verflossenen Tage auf’s Neue, und Jenny konnte sie in dem beredten Ausdruck seines Auges lesen, ohne daß sie ein Wort mit einander zu sprechen brauchten. Sie fühlte mit Reinhard, als die Musik aufjubelte, bei der Stelle: »So athm’ ich denn in vollen Zügen der Liebe, der Liebe süßes Glück«, und Beide versanken mit dem Gefühle seliger Gewißheit in jene Träumereien, die wohl Jeder von uns gefühlt hat, wenn ein großes, heißersehntes Glück endlich von uns erreicht worden ist.

      Die Oper war zu Ende, ehe das junge Paar es vermuthete. Reinhard bot Madame Meier den Arm, während Jenny mit seiner Mutter ging. In der Vorhalle traf man Eduard mit Hughes und Erlau, und verabredete, daß er die beiden Herren zum Thee mitbringen solle, zu dem Madame Meier auch die Pfarrerin und Reinhard einlud. Der Letztere geleitete die Damen zu ihrem Wagen, stieg mit ihnen hinein, und als sie wenige Augenblicke darauf in das Portal des Meierschen Hauses einfuhren, als er Jenny die Hand zum Aussteigen bot, und diese kleine Hand in der seinen bebte, konnte er es sich nicht versagen, sie leise zu drücken und zu halten, während sie die ersten Stufen der Treppe hinaufstiegen. So hält man ein Vögelchen fest, das man eben gefangen hat, weil man sich des Besitzes bewußt werden will, weil man fürchtet, es könne uns entfliehen; aber scheu und leicht, wie ein kleiner Vogel, machte Jenny ihre Hand frei, ging eilig die Treppe hinauf und in das Theezimmer, wohin Reinhard ihr folgte.

      Der Vater brachte den Abend außer dem Hause zu; die Damen setzten sich also gleich an den Theetisch, und wenig Augenblicke später erschienen die erwarteten Herren.

      Nun, was sagen Sie heute zur Giovanolla? fragte Erlau, sobald er Platz genommen hatte. Sie müssen gestehen, reizender, anmuthiger kann man nicht sein. Ich hätte nie geglaubt, daß es möglich sei, bei so großartiger Schönheit diesen Eindruck soubrettenhafter Koketterie zu machen, und sie hat sich heute in der Susanna als eine große Künstlerin gezeigt.

      Ich denke, erwiderte Madame Meier, so gar viel Kunst bedarf sie nicht, um sich so darzustellen, als sie ist.

      Im Gegentheil! das ist ja die schwerste Aufgabe, sich selbst zu spielen; aber diese hat sie nicht zu lösen gehabt, denn kokett ist die Giovanolla nicht. Wahrhaftig nicht! rief er, als die Andern zu lachen anfingen. Sie weiß, daß sie ein Ideal von Schönheit ist, und besitzt Großmuth genug, sich den Augen der staunenden Mitwelt in all der Vollendung zeigen zu wollen, deren sie fähig ist. Ich mußte heute bei jeder ihrer Bewegungen meine Freude zurückhalten, um nicht fortwährend den Leuten zuzurufen, daß sie ein klassisches Modell vor Augen hätten. O! ich habe im Geiste die wundervollsten Studien gemacht, und die Nachwelt soll sich noch am Bilde dieses Weibes erfreuen, wenn mein Talent mit meinem Willen gleichen Schritt hält.

      Während Du an die Nachwelt dachtest, sagte Eduard, überlegte ich, daß es wohl keine größere Thorheit gibt, als die Jugend an solchen Darstellungen Theil nehmen zu lassen, in denen die Sitten einer sittenlosen, verderbten Vorzeit so anmuthig und so einschmeichelnd dargestellt werden.

      Der Meinung bin ich auch, bekräftigte Reinhard. Ich will nicht leugnen, daß dieser Abend zu den schönsten meines Lebens gehört, so viel Freude hat er mir gebracht, und doch peinigte es mich, die Logen voll von jungen Damen zu sehen.

      Damit tadeln Sie mich, lieber Reinhard! unterbrach ihn Jenny’s Mutter. Sie wollen mir sagen, was Eduard schon mitunter äußerte, daß wir Mütter mit der Erziehung unserer Töchter nicht sorgfältig genug zu Werke gehen. Ich glaube aber, daß es dem reinen Sinn eines unverdorbenen Mädchens eigen ist, an einem schönen Bilde nur die Schönheit, und nicht gleich die Flecken und Fehler zu sehen, die es entstellen. СКАЧАТЬ