Название: Kommunalrecht Bayern
Автор: Tobias Weber
Издательство: Bookwire
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811491687
isbn:
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Soweit die kreisfreie Stadt eine Angelegenheit im eigenen Wirkungskreis wahrnimmt, untersteht sie der Rechtsaufsicht des Freistaates Bayern. Rechtsaufsichtsbehörde ist dann nach Art. 110 S. 2 GO die Regierung als mittlere Staatsbehörde. Im übertragenen Wirkungskreis findet gegenüber der kreisfreien Stadt eine Fachaufsicht statt. Fachaufsichtsbehörde ist regelmäßig nach Art. 115 Abs. 1 S. 2, 110 S. 2 GO ebenfalls die Regierung.
3. Teil Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften › B. Aufgabenbereiche der einzelnen Kommunen › IV. Aufgabendifferenzierung bei Landkreisen und Bezirken
IV. Aufgabendifferenzierung bei Landkreisen und Bezirken
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Das dualistische Aufgabensystem beherrscht auch die beiden überörtlichen Gebietskörperschaften Landkreis und Bezirk, Art. 4 Abs. 2 LKrO, Art. 4 Abs. 2 BezO. Im Unterschied zur Gemeinde verhält es sich lediglich so, dass Landkreis und Bezirk als künstlich geschaffene überörtliche Aufgabenträger keinen universalen eigenen Wirkungskreis (Selbstverwaltungsangelegenheiten) kennen, sondern dass auch dieser gesetzlich bestimmt wird, Art. 10 Abs. 2 BV.[7] Zu verweisen ist hier auf Art. 51 LKrO und Art. 48 BezO. Auch die übertragenen Angelegenheiten werden den Gebietskörperschaften qua Gesetz zugewiesen. Hier ist besonders darauf zu achten, dass der Erlass von Verordnungen seitens Landkreis und Bezirk wegen der gesetzlichen Bestimmung in Art. 42 Abs. 1 S. 2 LStVG stets eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises ist.
3. Teil Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften › B. Aufgabenbereiche der einzelnen Kommunen › V. Übungsfall Nr. 1
V. Übungsfall Nr. 1
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„Im Behördendschungel – Wer kennt sich aus?“
A zieht Anfang des Jahres 2019 in die kreisangehörige Stadt Königsbrunn (Landkreis Augsburg). Er erkundigt sich im Folgenden, wer für seine anstehenden Verfahren der
• | Erteilung einer Baugenehmigung für sein geplantes Einfamilienhaus, |
• | Verlängerung seines Personalausweises |
• | Wasserentnahme aus dem Lochbach |
• | Befreiung vom Anschlusszwang an die gemeindliche Kanalisation |
zuständig ist. In welchem Wirkungskreis wird die Gemeinde jeweils tätig?
Abwandlung: Was würde sich ändern, wenn A in eine kreisfreie Stadt bzw. Große Kreisstadt gezogen wäre?
Rechtsschutz: Sofern A die beantragten Gestattungen nicht erhält – wen muss er mit welcher Klage jeweils verklagen?
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Lösung
I. Grundkonstellation
1. Erteilung einer Baugenehmigung für Bauprojekt in kreisangehöriger Gemeinde
Die Zuständigkeit ist nach Art. 53 Abs. 1 BayBO zu beurteilen. Zuständig ist die jeweils örtlich zuständige Kreisverwaltungsbehörde, Art. 37 Abs. 1 S. 2 LKrO, d.h. bei örtlicher Belegenheit im Landkreis Augsburg das Landratsamt Augsburg. Dieses wird – was Art. 54 Abs. 1 S. 1 BayBO nochmals klarstellt – als Staatsbehörde tätig. Auf Wirkungskreise ist bei Staatsbehörden nicht einzugehen!
2. Verlängerung des Personalausweises
Die Zuständigkeit ist hier geregelt im Gesetz zur Ausführung des Paßgesetzes und des Personalausweisgesetzes.[8] Nach Art. 1 Abs. 1 AGPaßPAuswG[9] sind die Gemeinden sachlich zuständig; sie werden hierbei im übertragenen Wirkungskreis tätig.
3. Wasserentnahme aus dem Lochbach
Die Zuständigkeit in Wasserrechtsangelegenheiten ist in Art. 63 Abs. 1 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG[10]) geregelt. Nach Art. 63 Abs. 1 S. 1, 2 BayWG ist die Kreisverwaltungsbehörde für eine wasserrechtliche Gestattung zuständig. Dies führt nun wiederum zur Vorschrift des Art. 37 Abs. 1 S. 2 LKrO, d.h. auch hier ist das Landratsamt Augsburg zur Entscheidung berufen. Wie Art. 63 Abs. 1 S. 1 BayWG normiert, ist der Vollzug der Wassergesetze Aufgabe des Staates.
4. Befreiung vom gemeindlichen Anschlusszwang (Kanalisation)
Da es um die Befreiung von der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung (Art. 21 GO) geht und die gemeindliche Abwasserbeseitigung Pflichtaufgabe der Gemeinde nach Art. 34 Abs. 1 S. 1 BayWG ist, ist die Gemeinde zur sachlichen Entscheidung berufen. Sie entscheidet überdies nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO über den Anschlusszwang an die gemeindliche Abwasserbeseitigung; die begehrte Befreiung stellt hierzu den actus contrarius dar. Die Gemeinde wird, da eine örtliche Angelegenheit in Streit steht, hierbei im eigenen Wirkungskreis tätig. Dies bestätigt auch die gesetzliche Regelung in Art. 34 Abs. 1 S. 2 BayWG.
II. Abwandlung
1. Kreisfreie Stadt
Sofern A in eine kreisfreie Stadt zieht, besteht nun die Besonderheit, dass kein Landratsamt für dieses Stadtgebiet existiert. Nach Art. 9 Abs. 1 GO erfüllt die kreisfreie Stadt nun alle Aufgaben, die sonst vom Landratsamt als unterer staatlicher Verwaltungsbehörde wahrzunehmen sind. Damit obliegen auch die Erteilung der Baugenehmigung und einer wasserrechtlichen Gestattung anders als in der Grundkonstellation jetzt der kreisfreien Stadt als zusätzliche Aufgaben. Sie erfüllt diese nach Art. 9 Abs. 1 GO im übertragenen Wirkungskreis. Für die Baugenehmigung stellt Art. 54 Abs. 1 Hs. 2 BayBO dies nochmals klar.
2. Große Kreisstadt
Sofern A in eine Große Kreisstadt zieht, gilt es jetzt Art. 9 Abs. 2 GO zu beachten. Anders als die kreisfreie Stadt erfüllt die Große Kreisstadt im übertragenen Wirkungskreis nur mehr diejenigen Aufgaben des unteren staatlichen Landratsamtes, die ihr durch die Verordnung über die Aufgaben Großer Kreisstädte (GrKrV[11]) gesetzlich übertragen wurden. Dies gilt demnach gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrKrV für die Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Für die Wasserentnahme verbleibt es mangels Einschlägigkeit von § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrKrV bei der Regelzuständigkeit des Landratsamtes nach Art. 63 Abs. 1 S. 1, 2 BayWG.
III. Rechtsschutz in der Grundkonstellation
1. Versagung der Baugenehmigung
Bei Versagung der Baugenehmigung muss A mittels einer Versagungsgegenklage СКАЧАТЬ