Название: Kommunalrecht Bayern
Автор: Tobias Weber
Издательство: Bookwire
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811491687
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Weitere gesetzliche Pflichtaufgaben der Gemeinde im eigenen Wirkungskreis finden sich in Art. 34 Abs. 1 S. 1 BayWG (Abwasserbeseitigung) und Art. 6 LStVG (örtliche Gefahrenabwehr; „örtliche Polizei“).[7]
Hinweis
Prägen Sie sich die drei Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis „Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung und örtliche Gefahrenabwehr“ gut ein. Im letztgenannten Fall verläuft wiederum eine Schnittstelle zum Sicherheitsrecht (die Gemeinde als unterste Sicherheitsbehörde nach LStVG).
2. Sollaufgaben
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Außerhalb der gesetzlich festgelegten Pflichtaufgaben verbleibt es für die sog. Sollaufgaben dabei, dass die Gemeinde sowohl über ein Entschließungs- wie ein Auswahlermessen verfügt. Sie bleibt außerhalb von Art. 57 Abs. 2 GO frei hinsichtlich der Aufgabenerfüllung im eigenen Wirkungskreis.[8]
Hinzuweisen ist abschließend darauf, dass sofern eine Pflichtaufgabe die Leistungsfähigkeit der Gemeinde übersteigt, diese nach Art. 57 Abs. 3 GO zwingend in kommunaler Zusammenarbeit nach dem KommZG (s. unten Rn. 344 ff.) zu erfüllen ist.
Hinweis
Beachten Sie, dass Art. 57 Abs. 3 GO die Schnittstelle zu den Vorschriften über die kommunale Zusammenarbeit darstellt. Wenn die Gemeinde nicht in der Lage ist, eine gesetzliche Pflichtaufgabe sachgerecht zu erfüllen, so muss sie sich insoweit des Instrumentariums der kommunalen Zusammenarbeit bedienen. Diese ist insoweit milderes Mittel zu einer Eingemeindung in eine leistungsfähigere Gebietskörperschaft.
3. Teil Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften › A. Gesetzliche Differenzierung zwischen eigenem und übertragenem Wirkungskreis › II. Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises
II. Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises
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Von den Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zu unterscheiden sind die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises.
Bei übertragenen Angelegenheiten handelt es sich inhaltlich um materiell-rechtlich staatliche Angelegenheiten, die der Staat nicht durch eigene Staatsbehörden wahrnimmt, sondern aus Zweckmäßigkeitsgründen der bürgernahen Versorgung den Gemeinden zuweist.[9]
Der Unterschied zur eigenen Angelegenheit liegt damit zum einen darin, dass es sich inhaltlich um eine Staatsaufgabe handelt (also keine Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinde) und der Gesetzgeber die Aufgabendelegation vornimmt, vgl. Art. 8 Abs. 1 GO. Der Kreis der übertragenen Angelegenheiten ist damit geschlossen.[10]
Hinweis
Achten Sie darauf, dass anders als bei den eigenen Angelegenheiten der Gemeinde, der Gesetzgeber bei übertragenen Aufgaben stets in den Zuständigkeitsvorschriften die Zuordnung zum übertragenen Wirkungskreis kenntlich machen muss.
Beispiel
Sofern die kreisfreie Stadt eine Baugenehmigung erteilt, tritt sie an die Stelle des fehlenden Landratsamtes. Sie nimmt nach Art. 9 Abs. 1 GO die Aufgaben der Kreisverwaltungsbehörde im übertragenen Wirkungskreis wahr. Art. 54 Abs. 1 Hs. 2 BayBO bestimmt dies noch einmal ausdrücklich.
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Bei den Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises kann die Staatsbehörde der Gemeinde Weisungen erteilen, Art. 8 Abs. 2 GO. Damit steht der zuständigen Staatsbehörde hier das Recht zu, gegenüber der Gemeinde Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen.[11] Dies ist insofern konsequent, als inhaltlich-materiell eine Staatsaufgabe vorliegt, bei der der Staat Direktiven zur jeweiligen Erfüllung geben darf.
Keine praktische Bedeutung hat Art. 8 Abs. 3 GO. Der Gesetzgeber hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
Beispiel
Im oben (Rn. 64) genannten Beispiel (Erteilung einer Baugenehmigung durch eine kreisfreie Stadt) kann folglich die Regierung als Aufsichtsbehörde (Art. 115 Abs. 1 S. 1 GO, Art. 53 Abs. 1 BayBO) der kreisfreien Stadt Vorgaben zur Erfüllung der Aufgaben als untere Bauaufsichtsbehörde machen.
3. Teil Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften › A. Gesetzliche Differenzierung zwischen eigenem und übertragenem Wirkungskreis › III. Klausurrelevante Auswirkungen der Differenzierung nach Wirkungskreisen
III. Klausurrelevante Auswirkungen der Differenzierung nach Wirkungskreisen
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Die Unterscheidung des Gesetzes in Angelegenheiten des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises wirkt sich in folgenden Rechtsbereichen aus:
• | Relevant wird die gesetzliche Differenzierung im Bereich des nicht mehr prüfungsrelevanten Widerspruchsverfahrens, §§ 68 ff. VwGO. Sofern eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises in Streit steht (Fallbeispiel: Kreisangehörige Gemeinde A erlässt gegenüber B einen Gebührenbescheid nach Art. 8 KAG. B macht von seinem, ihm in Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 AGVwGO eingeräumten fakultativen Widerspruchsrecht Gebrauch und strengt ein Vorverfahren an) bestimmt sich die Widerspruchsbehörde nach § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO, Art. 119 Nr. 1, 110 S. 1 GO; die Widerspruchsbehörde prüft insofern nur die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids; die Zweckmäßigkeit wird zuvor im Abhilfeverfahren nach § 72 VwGO durch die Ausgangsbehörde geprüft. Bei einer Angelegenheit im übertragenen Wirkungskreis bestimmt sich die Widerspruchsbehörde hingegen über § 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, Art. 119 Nr. 2 GO; zuständig ist hier nun die Fachaufsichtsbehörde nach Art. 115 GO, die nach Art. 119 Nr. 2 GO die Recht- und Zweckmäßigkeit prüft (Art. 109 Abs. 2 S. 2 GO findet keine Anwendung). |
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• | Weitere Relevanz besteht im Bereich der staatlichen Aufsicht über die Gemeinde. Da der Staat der Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis inhaltliche Weisungen zur Aufgabenerfüllung vorgeben kann (Art. 8 Abs. 2 GO), während die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis nach eigenem Ermessen handeln (Art. 7 Abs. 2 S. 1 GO) muss ein Unterschied in der staatlichen Kontrolle der gemeindlichen Aufgabenerfüllung bestehen. |
Hinweis
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