Название: Besonderes Verwaltungsrecht
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811472341
isbn:
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 65 Kommunale Zusammenarbeit › N. Grenzüberschreitende Kooperation
I. Landesgrenzen überschreitende Kooperation
124
Kommunale Kooperation muss nicht an den Landesgrenzen Halt machen[141], sondern kann auch darüber hinausgehen. Aus der Kooperationshoheit nach Art. 28 Abs. 2 GG, präzisiert durch Art. 10 Abs. 1 EKC, folgt ein Recht der Kommunen auf Zusammenarbeit mit weiteren Kommunen auch in anderen Bundesländern[142]. Da das Kommunalrecht aber Landesrecht ist, müssen Regelungen über die im Einzelfall anwendbare Landesrechtsordnung sowie die Aufsicht über die Kooperation getroffen werden. Die deutschen Länder haben hierzu ein Netz von Staatsverträgen geschlossen, aber jeweils nur mit benachbarten Ländern[143]. Landesgrenzen überschreitende Verbände unterliegen danach in aller Regel dem Recht desjenigen Landes, in dem sie ihren Sitz haben, und unterstehen dessen Aufsicht, wobei der Einsatz von Aufsichtsmitteln im Einvernehmen mit den Ländern zu erfolgen hat, denen die übrigen Kommunen angehören.
II. Bundesgrenzen überschreitende Kooperation
125
In den letzten Jahren hat sich zunehmend ein Bedürfnis nach kommunaler Kooperation auch über die Bundesgrenzen hinaus entwickelt. Vor allem für grenznahe Kommunen bestehen zahlreiche Berührungspunkte mit Kommunen jenseits der Grenze. Bislang wird diese Zusammenarbeit geregelt unter dem Dach des Europarates durch das Madrider Übereinkommen von 1980[144] sowie durch einzelne Staatsverträge des Bundes, zum Teil unter Beteiligung der Länder, mit deutschen Nachbarstaaten. Zu nennen sind vor allem das Ijsselburger Übereinkommen[145] zwischen den Niederlanden, dem Bund sowie den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie das Karlsruher Übereinkommen[146] zwischen Frankreich[147], Luxemburg, der Schweiz und dem Bund. Auf Ebene der Europäischen Union wird mit dem Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit nunmehr eine spezifische Organisationsform für grenzüberschreitende Verbände zur Verfügung gestellt[148]. Probleme ergeben sich vor allem hinsichtlich des Rechtsschutzes der Einwohner der Mitgliedskommunen sowie der Aufsicht über grenzüberschreitende Kooperationsformen, weshalb in der Praxis solche Zusammenschlüsse vor allem im Bereich der Leistungsverwaltung, kaum bei der Eingriffsverwaltung auftreten. Die Europäische Union fördert die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit auch finanziell, vor allem durch ihr INTERREG-Programm.
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 65 Kommunale Zusammenarbeit › O. Kommunale Spitzenverbände
O. Kommunale Spitzenverbände
126
Um ihre gemeinsamen Interessen gegenüber staatlichen Stellen besser wahrnehmen zu können, haben sich die kreisangehörigen Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise jeweils zu kommunalen Spitzenverbänden sowohl auf Stufe jedes einzelnen Landes als auch des Bundes zusammengeschlossen. Dies sind auf Bundesebene der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Städtetag sowie der Deutsche Landkreistag, die ihrerseits wiederum in der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände vereinigt sind[149]. Diese kommunalen Spitzenverbände sind als privatrechtliche Vereine organisiert; nur in Bayern kommt ihnen eine Rechtsstellung als öffentlich-rechtliche Körperschaft zu.
127
Auf Bundesebene sind die kommunalen Spitzenverbände gemäß §§ 41, 47 GGO bei der die Kommunen betreffenden Rechtsetzung anzuhören, allerdings zeitigt ein Verstoß gegen diese Geschäftsordnungsbestimmung keine Rechtsfolgen. In manchen Ländern kommt einer entsprechenden Anhörungspflicht indes inzwischen Landesverfassungsrang zu[150]. Wird gegen diese Sonderbestimmungen zum Gesetzgebungsverfahren verstoßen, macht dies das Gesetz formell verfassungswidrig.
Anmerkungen
Zum Kooperationsbegriff bei der Stadt-Umland-Problematik Alexander Glock, Kommunale Kooperation in der Region: die Organisation des Stadt-Umland-Verhältnisses in den Verdichtungsräumen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Staaten von Amerika, 2009, S. 64 ff.
Überblick bei Thorsten Ingo Schmidt, Kommunale Kooperation, 2005, S. 18 ff.
Dazu Hans-Joachim Hasemann-Trutzel, Zweckverbände als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger? – Überlegungen zur rechtlichen Zulässigkeit am Beispiel Nordrhein-Westfalen, AbfallR 2014, S. 72 ff.
Siehe Klaus Plate/Charlotte Schulze/Jürgen Fleckenstein, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 82018, Rn. 313.
Insofern besteht die Gefahr so genannter Fachbruderschaften.
Dazu Dirk Ehlers, Interkommunale Zusammenarbeit in Gesellschaftsform, DVBl 1997, S. 137 (139).
Siehe Schmidt (Fn. 2), S. 11.
Zu den Auswirkungen auf die Aufsichtsbehörde siehe Schmidt (Fn. 2), S. 13.
Vgl. Schmidt (Fn. 2), S. 11 ff.
§ 13 Landgemeindeordnung für die Provinz Westfalen v. 31.10.1841, PrGS 1841, S. 297; § 7 Gesetz über die Verpflichtung zur Armenpflege v. 31.12.1842, PrGS 1843, S. 8; § 8 Gemeindeordnung für die Rheinprovinz, v. 23.7.1845, PrGS 1845, S. 523; § 126 Gemeindeordnung für den Preußischen Staat v. 11.3.1850, PrGS 1850, S. 213; § 5 Landgemeindeordnung für die Provinz Westfalen v. 19.3.1856, PrGS 1856, S. 265.
§§ 89 ff. Revidierte Landgemeindeordnung v. 24.4.1873, GVBl 1873, S. 328.