Die Hände bleiben auch beim Aussprechen des Namens Jesu wesentlich. Mit der Wahrnehmung der Hände spricht man mit dem Ausatmen „Jesus“ und mit dem Einatmen „Christus“ in die Hände. Es ist jedoch vielmehr ein Hören auf den Namen und auf seinen Klang als ein Sprechen des Namens. Diese Gebetsanweisung hat eine tiefe Bedeutung: „Jesus“ in Verbindung mit dem Ausatmen möchte zum Ausdruck bringen, dass Jesus nicht daran festgehalten hat, wie Gott zu sein, sondern er ist vom Himmel hinabgestiegen und ist ganz Mensch geworden (Phil 2,6–8). Er hat die Hingabe bis zur letzten Konsequenz gelebt. „Christus“ in Verbindung mit dem Einatmen wendet sich an den Auferstandenen, der den Menschen aufrichtet. Das lauschende Aussprechen des Namens kann sich ganz natürlich dem Rhythmus des Atems anpassen. Der Name, der Atem und die Wahrnehmung der Hände kommen allmählich in Einklang. Zu Beginn mag es schwierig erscheinen, beide Namen mit dem Ein- und Ausatmen zu verbinden, gleichzeitig die Hände wahrzunehmen und auf den Klang des Namens zu achten. Es ist jedoch nicht notwendig, mit jedem Atemzug den Namen zu sprechen. Es ist auch möglich, nur den Namen „Jesus“ zu sagen und allmählich, wenn es stimmig ist, „Christus“ hinzuzunehmen. Der eigene Rhythmus, auch wenn er unregelmäßig ist, wird sich zu seiner Zeit einfinden. Auf dem meditativen Weg muss man nichts beschleunigen.
5.1Mögliche Missverständnisse
Missverständnisse, die bereits beim Namen Mariens auftreten, können ebenso den Namen Jesu betreffen. Auf weitere solcher Missverständnisse gehe ich nachfolgend ein.
Ich muss zuerst klären, wie ich zu Jesus Christus stehe
Wenn die Beziehung zu Jesus Christus unklar ist, besteht natürlich das Bedürfnis nach Klärung. Man setzt sich dann üblicherweise gedanklich mit Jesus Christus auseinander. Die Meditation lädt dazu ein, die Klärung nicht auf der mentalen Ebene zu suchen, sondern sich unmittelbar seinem Namen zuzuwenden. In dieser Hinwendung vollzieht sich ein Geschehen, das der Verstand nicht zu fassen vermag.
Ich muss ehrfürchtige Gefühle haben, wenn ich den Namen „Jesus Christus“ ausspreche
Ein weiteres Missverständnis ist es, zu meinen, man müsse ganz besondere Gefühle haben beim Aussprechen des Namens „Jesus Christus“. Mit diesem Anspruch setzt man sich selbst subtil unter Druck. Man versucht, entweder selbst ehrfürchtige, religiöse Gefühle zu erzeugen, und bleibt damit in einer Haltung des Machens, oder man spricht den Namen Jesu nicht mehr aus und manches Mal lässt man enttäuscht die Meditation ganz sein. Es ist ein nachvollziehbarer Wunsch, mit ehrfürchtigen Gefühlen den Namen aussprechen zu wollen. Doch Gott ist es, der alles, was der Ehrfurcht entgegensteht, zu wandeln vermag. Bis dahin kann ich mich Gott so zuwenden, wie es im Augenblick tatsächlich meiner inneren Realität entspricht. Ich spreche also den Namen in der Weise aus, wie es mir im Augenblick möglich ist.
Ich sollte keine negativen Gefühle haben
Der Zugang zum Namen Jesu wird auch erschwert durch negative, unverarbeitete Erfahrungen aus der Vergangenheit, die im Zusammenhang mit seinem Namen gemacht wurden. Wenn im Namen Jesu Christi z. B. moralischer Druck ausgeübt wurde, wird der Name mit negativen Gefühlen verbunden sein. Die Hinwendung zu seinem Namen bringt diese Erlebnisse aus der Vergangenheit erneut ins Bewusstsein. Sie kommen ans Licht, weil sie der Heilung und Wandlung bedürfen. Wichtig ist es, sich von diesen Gefühlen nicht irritieren zu lassen, unabhängig davon wie negativ sie auch sein mögen, und unabhängig davon, ob sie sich vielleicht sogar gegen Jesus Christus selbst richten. Bildhaft gesprochen, lässt man diese Gefühle und alle Gedanken, die damit verbunden sind, von sich ziehen, so wie Rauch, der durch einen Schornstein zieht. Man verzichtet dabei auf jegliche Beurteilung seiner Gefühle und Gedanken. In der Hinwendung zu Gott lasse ich gewähren, was in mir aufsteigt. Würde ich jedoch diese negativen Gefühle zurückhalten, begänne es in mir über kurz oder lang zu „qualmen“. Das Feuer seiner heilbringenden Gegenwart könnte nicht brennen.
Die in diesem Kapitel beschriebene praktische Anleitung zur Meditation würde sich auf eine Meditationstechnik reduzieren, kämen nicht die kontemplativen Haltungen dazu, für die sich der Meditierende öffnet. Es handelt sich in der Meditation nämlich nicht um eine Technik, die man erlernt und nach einer gewissen Übung „kann“, sondern um ein Beziehungsgeschehen, das in jeder Meditation stets aufs Neue gelebt werden möchte. Die kontemplativen Haltungen, die ich nachfolgend erläutere, geben dem Meditierenden eine innere Orientierung und zeigen auf, in welcher Weise er sich dem inneren Beziehungsgeschehen öffnet und wie er die konkrete Meditationspraxis leben kann.
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