Fjodor Dostojewski: Hauptwerke. Fjodor Dostojewski
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Название: Fjodor Dostojewski: Hauptwerke

Автор: Fjodor Dostojewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754189153

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СКАЧАТЬ Nun aber auf Wiedersehen; wenn du dazu imstande bist, so geh ein bißchen spazieren und lege dich dann wieder schlafen; das ist mein Rat. Und wenn du magst, so besuche uns wie früher; sei ein für allemal versichert, daß, was sich auch ereignen und begeben mag, du doch immer ein Freund unseres Hauses bleibst, wenigstens mein Freund. Für mich wenigstens kann ich einstehen ...«

      Auf diese Herausforderung reagierten alle und schlossen sich den von der Mama ausgesprochenen Empfindungen an. Sie gingen fort; aber in Lisaweta Prokofjewnas gutmütiger Eile, etwas Freundliches und Ermutigendes zu sagen, hatte doch eine arge Grausamkeit verborgen gelegen, was ihr gar nicht zum Bewußtsein gekommen war. In der Einladung, »wie früher« zu kommen, und in den Worten »wenigstens mein Freund« hatte wieder ein Art Voraussagung gelegen. Der Fürst rief sich Aglajas Verhalten ins Gedächtnis zurück; gewiß, sie hatte ihm sehr freundlich zugelächelt, beim Kommen und beim Abschied, hatte aber kein Wort gesagt, nicht einmal da, als alle ihm ihre Freundschaft versicherten, obgleich sie ihn zweimal unverwandt angesehen hatte. Ihr Gesicht war ungewöhnlich blaß gewesen, wie wenn sie in der Nacht schlecht geschlafen gehabt hätte. Der Fürst nahm sich vor, am Abend unbedingt »wie früher« zu ihnen zu gehen, und blickte in fieberhafter Erregung nach der Uhr.

      Da trat, gerade drei Minuten, nachdem Jepantschins weggegangen waren, Wjera ins Zimmer.

      »Ljow Nikolajewitsch, Aglaja Iwanowna hat mir soeben heimlich eine Bestellung an Sie aufgetragen.«

      Der Fürst begann stark zu zittern. »Ein Billett?«

      »Nein, eine mündliche Bestellung; auch dazu hatte sie nur knapp Zeit. Sie läßt Sie dringend bitten, heute den ganzen Tag das Haus auch nicht eine Minute zu verlassen, bis sieben Uhr abends, oder sogar bis neun Uhr; das habe ich nicht ganz deutlich gehört.«

      »Ja ... warum denn? Was bedeutet das?«

      »Das weiß ich nicht; aber sie hat mir aufs strengste befohlen, es auszurichten.«

      »Hat sie den Ausdruck ›aufs strengste‹ gebraucht?«

      »Nein, so geradezu hat sie es nicht gesagt; sie hatte kaum Zeit sich umzudrehen und es mir zu sagen; zum Glück sprang ich selbst noch schnell zu ihr heran. Aber schon an ihrem Gesicht war zu sehen, wie sie es befahl: ob aufs strengste oder nicht. Sie sah mich so an, daß mir beinah das Herz stehenblieb ...«

      Der Fürst richtete noch einige Fragen an Wjera, und obgleich er nichts weiter erfuhr, beunruhigte er sich nun noch mehr. Als er allein geblieben war, legte er sich auf das Sofa und fing wieder an nachzudenken. »Vielleicht ist heute jemand bis neun Uhr bei ihnen, und sie fürchtet wieder, daß ich in Gegenwart der Gäste etwas anrichte«, dachte er endlich und begann wieder ungeduldig auf den Abend zu warten und nach der Uhr zu sehen. Aber die Auflösung des Rätsels erfolgte erheblich früher als am Abend, und ebenfalls in Form eines neuen Besuches, und diese Auflösung hatte die Gestalt eines neuen qualvollen Rätsels: genau eine halbe Stunde, nachdem Jepantschins weggegangen waren, trat Ippolit bei ihm ein, dermaßen müde und erschöpft, daß er beim Eintritt, ohne ein Wort zu sagen, wie besinnungslos auf einen Sessel niederfiel und sofort einen entsetzlichen Hustenanfall bekam. Er hustete so, daß er Blut auswarf. Seine Augen funkelten, und rote Flecken brannten auf seinen Backen. Der Fürst murmelte ihm etwas zu; aber er antwortete nicht und winkte noch lange, ohne zu antworten, nur mit der Hand ab, der Fürst möchte ihn vorläufig in Ruhe lassen. Endlich kam er wieder zu sich.

      »Ich werde gleich davongehen!« brachte er endlich unter großen Anstrengungen mit heiserer Stimme heraus.

      »Wenn Sie wollen, werde ich Sie nach Hause bringen«, sagte der Fürst und erhob sich von seinem Platz; aber er verstummte schnell, da ihm einfiel, daß ihm soeben verboten war, das Haus zu verlassen.

      Ippolit lachte.

      »Ich meine nicht, daß ich von Ihnen weggehen will«, fuhr er, beständig hüstelnd und mit Atemnot kämpfend, fort. »Ich habe es vielmehr nötig gefunden, zu Ihnen zu kommen, in einer ernsten Angelegenheit ... sonst hätte ich Sie nicht belästigt. Ich will in das unbekannte Land gehen, und diesmal scheint es ernst zu sein. Ich bin kaputt! Glauben Sie mir, ich sage das nicht, um mich bedauern zu lassen ... ich hatte mich heute gegen zehn Uhr schon hingelegt, um vor dem Jüngsten Tag überhaupt nicht mehr aufzustehen; aber ich habe meine Absicht geändert und bin noch einmal aufgestanden, um zu Ihnen zu kommen ... also muß es wohl etwas Dringliches sein.«

      »Es ist mir ein Schmerz, Sie anzusehen; Sie hätten mich doch lieber rufen lassen sollen, statt sich selbst herzubemühen.«

      »Na, nun lassen Sie es genug sein! Sie haben mich bedauert und somit der gesellschaftlichen Höflichkeit Genüge getan ... Ja, das hatte ich vergessen: wie steht es mit Ihrer Gesundheit?«

      »Ich bin gesund. Ich befand mich gestern ... nicht ganz ...«

      »Ich habe davon gehört, ich habe davon gehört! Die chinesische Vase hat daran glauben müssen; schade, daß ich nicht dabei war! Ich bin in einer ernsten Angelegenheit gekommen. Erstens hatte ich heute das Vergnügen, Gawrila Ardalionowitsch bei einem Rendezvous mit Aglaja Iwanowna an der grünen Bank zu sehen. Ich bin darüber erstaunt gewesen, was für ein dummes Gesicht ein Mensch machen kann. Ich sagte das zu Aglaja Iwanowna selbst, nachdem Gawrila Ardalionowitsch weggegangen war ... Es scheint, Sie wundern sich über nichts, Fürst«, fügte er hinzu, indem er mißtrauisch das ruhige Gesicht des Fürsten ansah. »Man sagt, sich über nichts zu wundern sei ein Kennzeichen von großem Verstand; meiner Ansicht nach könnte es in gleichem Maß als ein Kennzeichen großer Dummheit dienen ... Ich spiele übrigens damit nicht auf Sie an; entschuldigen Sie ... Ich bin heute in der Wahl meiner Ausdrücke sehr unglücklich.«

      »Ich habe schon gestern erfahren, daß Gawrila Ardalionowitsch ...« Der Fürst verstummte, sichtlich verlegen, obwohl Ippolit sich darüber ärgerte, daß er sich nicht wunderte.

      »Sie haben es gewußt! Das ist eine Neuigkeit! Übrigens brauchen Sie mir meinetwegen nichts zu erzählen ... Aber Zeuge des Rendezvous sind Sie heute nicht gewesen?«

      »Wenn Sie selbst dort waren, werden Sie ja gesehen haben, daß ich nicht da war.«

      »Na, Sie konnten ja in einem Busch gesessen haben. Übrigens freue ich mich jedenfalls über den Ausgang, selbstverständlich für Sie; sonst hätte ich schon geglaubt, Gawrila Ardalionowitsch liefe Ihnen den Rang ab!«

      »Ich bitte Sie, Ippolit, mit mir darüber nicht zu reden und nicht in solchen Ausdrücken.«

      »Das ist um so weniger nötig, da Sie bereits alles wissen.«

      »Sie irren sich; ich weiß fast nichts, und Aglaja Iwanowna weiß sicherlich, daß ich nichts weiß. Ich habe auch von diesem Rendezvous nicht das geringste gewußt. Sie sagen, es habe ein Rendezvous stattgefunden? Nun gut, verlassen wir dieses Thema ...«

      »Aber was heißt denn das? Bald haben Sie es gewußt, bald haben Sie es nicht gewußt! Sie sagen: ›Gut, verlassen wir dieses Thema‹? Aber seien Sie doch nicht so vertrauensselig! Besonders wenn Sie nichts wissen. Eben darum sind Sie so vertrauensselig, weil Sie nichts wissen. Aber wissen Sie wohl, was für Pläne diese beiden Menschen, der Bruder und die Schwester, verfolgen? Haben Sie darüber vielleicht einen Argwohn ...? Gut, gut, ich verlasse dieses Thema ...«, fügte er hinzu, als er bemerkte, daß der Fürst eine ungeduldige Handbewegung machte. »Aber ich bin in einer eigenen Angelegenheit hergekommen und möchte Ihnen in dieser Hinsicht eine Erklärung geben. Hol's der Teufel, man kann absolut nicht sterben ohne ›Erklärungen‹; es ist schrecklich, wieviel Erklärungen ich abgebe. Wollen Sie mich anhören?«

      »Reden Sie; ich höre.«

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