Bunte Zeiten - 1980 etc.. Stefan Koenig
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Название: Bunte Zeiten - 1980 etc.

Автор: Stefan Koenig

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Zeitreise-Roman

isbn: 9783750213982

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СКАЧАТЬ ein Nigger.

      Nina also wollte nicht mit ihrem Scheißgefühl alleine gelassen werden. „Wenn schon kein Valium da ist, um mich zu beruhigen, dann will ich jedenfalls endlich das H probieren!“, sagte sie zu Kalle und dem Bekannten.

      Kalle rastete aus. „Du spinnst. Das würde mir Helle nie verzeihen, wenn ich das zulasse! Das kommt nicht in Frage. Du lässt das! Du weißt gar nicht, was du dir antust! Wenn du jetzt Dope nimmst, bist du in kurzer Zeit genau da, wo ich jetzt bin. Dann bist du eine lebendige Leiche!“

      Erst dachte sie, dass er den Stoff vielleicht alleine für sich haben wollte, aber dann merkte sie, dass er es ernst mit ihr meinte. Die aufkommenden Zweifel wischte sie weg. Aber einem sich aufspielenden Übervater, der so unerfahren war wie Kalle, dem musste man nicht glauben. Wenn das jetzt Helle wäre, okay, dann würde sie vielleicht nachgeben, aber so?

      „Ich lass mir von dir nichts befehlen!“, schrie sie ihn an. „Erstens ist das Meiste mein Dope, weil ich die Knete besorgt habe. Außerdem red’ nicht so’ne gequirlte Scheiße. Ich werd’ doch nicht so abhängig wie du! Ich weiß, was ich will. Ich hab’ mich total unter Kontrolle. Ich probier’ das mal, und jetzt Schluss mit dem Gelaber!“

      Nina wusste noch nicht, wie schwach man auf Turkey ist; Kalle war jedenfalls mucksmäuschenstill nach Ninas Attacke, knickte vor ihrer Entschiedenheit ein; er war wie eingeschüchtert und zog es vor zu schweigen. Die Drei gingen in einen Hauseingang, und der Bekannte teilte das Dope gerecht in drei Teile.

      „Ich war jetzt ganz geil auf das Zeug“, hatte Nina Doro berichtet. Da war kein Nachdenken, kein schlechtes Gewissen, keine Zukunftsangst, keine Angst vor der alleinerziehenden Mutter. Sie wollte einfach schnell wieder gut drauf sein. Nur vor der Spritze hatte sie Angst.

      „Ich schniefe das Zeug“, sagte sie den beiden Jungs und zog das Pulver sofort durch die Nase ein. Sie spürte einen beißend bitteren Geschmack und musste den Brechreiz unterdrücken. Sie spuckte eine gute Portion des Dopes wieder aus. Doch dann kam es verdammt schnell über sie. Ihre Glieder wurden unheimlich schwer und waren zugleich so leicht, als könnten sie fliegen.

      „Ich bin irrsinnig müde“, sagte sie zu den Jungs.

      „Das gibt sich“, sagte Kalle. „Und wie fühlst du dich sonst so?“

      „Müde zu sein ist ein geiles Gefühl. Die ganze Scheiße ist mit einem Mal weg. Kein »It is too late« mehr. So toll habe ich mich noch nie gefühlt.“

      Die Jungs gingen in das Auto eines Fixers, um sich den Druck zu setzen, während Nina zum Sound vorausging. Es machte ihr nichts mehr aus, allein zu sein. Im Gegenteil, sie fühlte sich wahnsinnig stark. Chrissi, ihre beste Freundin, kam zu ihr, sah sie an und fragte: „Hey, bist du auf H?“

      Nina rastete aus. „Dämliche Frage! Was willst du von mir? Hau einfach ab, Mensch! Ich will dich nicht mehr sehen!“

      Nina wusste nicht, weshalb sie so ausflippte, und Chrissi stand ratlos vor dieser völlig unerwarteten Reaktion ihrer besten Freundin. Später kamen die Jungs, waren völlig breit und machten einen total coolen Eindruck. Mit keinem Funken dachte Nina an Helle, er war in diesem Moment einfach nicht präsent; sie hatte Durst und holte sich einen Apfelsaft nach dem anderen.

      Morgens gegen fünf fragte Perry, wie der Bekannte von Kalle hieß, ob sie nicht noch zu ihm nachhause auf einen Tee wollten. Sie gingen, und Nina hakte sich zwischen den beiden ein. Der viele Apfelsaft machte sich an der frischen Luft bemerkbar, rumorte wild in Ninas Bauch und drängte zum Überlaufen. Sie übergab sich im Gehen auf die Jungs, was die wohl nicht bemerkten, denn sie gingen wie in Trance weiter, während Ninas Kotze an ihnen abtropfte. Nina kümmerte es nicht. Alle Drei waren einfach nur happy.

      Überhaupt war da für Nina plötzlich ein völlig neues Gefühl. Ihr kam es vor, als lebe sie in einer neuen kleinen Familie. Man redete auf dem Weg zu Perrys Wohnung kaum, aber Nina hatte den Eindruck, mit den beiden über alles in der Welt reden zu können, unbefangen und offen, ohne sich verstellen zu müssen. Das H hatte sie zu Geschwistern gemacht; sie waren alle gleich. Nina hätte den neuen Geschwistern ihre geheimsten Gedanken anvertraut, wenn sie denn Geheimnisse gehabt hätte. So glücklich hatte sie sich in den letzten Monaten noch nie gefühlt.

      Nina schlief zusammen mit Perry im Bett, ohne dass er sie anfasste. Schließlich waren sie Geschwister, H-Geschwister. Kalle schlief auf dem steinharten Boden, eine dünne Decke über seinen Beinen, und hatte seinen Kopf völlig abgeknickt auf Perrys vollgestopftem Rucksack abgelegt. So schlief er wie ein Toter mit steifem Genick bis zum späten Mittag. Dann stand er mürrisch auf, weil er wieder auf Turkey kam und sich rechtzeitig einen Druck besorgen musste. Ein echter Stress.

      Nina spürte nach dem Aufwachen ein fürchterliches Jucken überall. Sie zog alle Klamotten aus; die Jungs kümmerten sich nicht darum, dass sie nackig vor ihnen stand und begann, sich mit einer Haarbürste aus Perrys Bad blutig zu kratzen. Sie kratzte wie besessen ihre Beine auf. Sie wusste ja, dass das Jucken und Kratzen für Fixer normal war, denn daran hatte sie die Fixer schon früher im Sound erkannt. Kalle hatte völlig aufgekratzte Waden, aber er kratzte sich nicht mit einer Bürste, sondern mit seinem Taschenmesser.

      Als Kalle ging, sagte er zu Nina: „Morgen kriegst du das Dope natürlich wieder, dass du mir gegeben hast.“ Also war für ihn sonnenklar, dass sie jetzt eine echte Fixerbraut geworden war, die sich spätestens am nächsten Tag wieder einen Druck setzen würde. Das machte sie fast stolz, und sie tat recht cool. Um ihm zu beweisen, dass sie von dem einen Mal nicht abhängig geworden war, antwortete sie: „Lass mal gut sein. Ich brauch‘ in den nächsten Tagen nichts. Kannst es mir ja in einigen Wochen wiedergeben.“

      Dann schlief sie noch einmal zufrieden ein. Am Abend auf dem Nachhauseweg dämmerte es ihr und sie dachte: „Oh Gott, du bist fünfzehn und schon auf Heroin. Ist doch echt Scheiße.“ Doch dieser Gedanke verflog schneller, als er gekommen war; ihr Glücksgefühl verdrängte alle Bedenken, jeglichen selbstkritischen und ängstlichen Ansatz.

      Wenn man mit H anfängt, das wusste sie aus den Erzählungen ihrer Freunde aus dem Sound, gibt es noch keine Entzugserscheinungen. Das coole Glücksfeeling hielt bei ihr die ganze Woche über an. Es setzte sich die nächsten Wochen fort. Der Alltag war plötzlich keine Last mehr, alles lief wie von selbst. Mit ihrer Mutter blieb es friedlich, der Zoff schien Jahrhunderte her zu sein. Nina nahm die Schule völlig relaxed, meldete sich manchmal zur Mitarbeit und erhielt gute Noten. Mit der Zeit verbesserte sie sich sogar in einigen Fächern um zwei Zensuren.

      Zu Doro sagte Nina: „Plötzlich schwebte ich auf Wolke Sieben. Mit allen Leuten schien ich jetzt wundersamer Weise klar zu kommen. Nur mit Helle gab es am Wochenende, nach meinem ersten H-Snief, Krach.“

      „Wie das?“, fragte Doro. „Helle war doch selbst eifriger Fixer.“

      „Am Wochenende nach meinem ersten Heroin-Snief traf ich Helle vor dem Sound. Sofort bellte er mich an. Ich hätte wahnsinnige Scheiße gebaut und sei total verrückt geworden. Er hatte von Chrissi alles erfahren.“

      „Wie hast du darauf reagiert?“, hatte Doro gefragt.

      „Ich habe ihn angebrüllt, dass er ruhig sein soll, und wer damit angefangen hat! Das war nämlich er. Und dass ich nicht so ein Fixer wie er werden würde, habe ich gebrüllt. Denn dass es bei mir soweit kommt, das habe ich nicht geglaubt.“

      Helle hatte darauf nichts erwidern können. Er war überhaupt nicht in guter Stimmung, weil er auf einen Schuss aus war. Er hatte noch keinen Affen, denn er war noch nicht wie Kalle körperlich abhängig. Schließlich gestand er Nina, dass er keine Kohle habe, sich aber unbedingt H besorgen müsse. Nina hatte ihren СКАЧАТЬ