Название: Edgar Wallace - Gesammelte Werke
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783746747866
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Torrington nickte stumm.
»Ihre Frau war außer sich über die Schande, verschwand aus Südafrika und ließ nie wieder von sich hören, nicht wahr?«
»Doch, einmal schrieb sie.« Die Worte klangen wie ein Peitschenhieb.
»Sie kam mit dem Baby und einer älteren Tochter nach England, nahm den Namen Bedford an und lebte hier von ihrem kleinen Einkommen.«
»Von einer Rente«, verbesserte Torrington. »Ich hatte sie vor meiner Verhaftung in eine Rentenbank eingekauft. Bitte, sprechen Sie weiter!«
Martin holte tief Atem.
»Aus irgendeinem Grund erzog die Frau Dorothy in dem Glauben, daß sie die Tochter ihres ersten Gatten sei, während sie das andere kleine Mädchen für älter ausgab. Aus welchem Grund –«
»Lassen wir das!« fiel ihm Torrington ins Wort. »All dies kann wahr oder unwahr sein.«
Martin wagte nun den entscheidenden Schritt.
»Sie sind der Meinung, daß Ihre Tochter Dorothy tot ist. Das stimmt aber nicht. Sie lebt, und zwar hier in England. Sie ist meine Frau.«
Daniel Torringtons Augen schienen den Mann zu durchbohren.
»Ist das die Geschichte, die Sie mir erzählen wollten?« fragte er. »Daß meine kleine Dorothy noch lebt und Ihre Frau ist?«
Eine lange, drückende Pause entstand.
Endlich brach Torrington das lastende Schweigen.
»Sind Ihnen eigentlich die näheren Umstände meiner Verhaftung bekannt? – Nein? Dann werde ich sie Ihnen einmal erzählen.
Ich saß auf der Vortreppe meines Hauses in Wynberg und hatte mein Baby auf dem Schoß, als ich Marshalt um das Gebüsch herumkommen sah. Ich war überrascht, daß er zu mir kam – bis ich zwei Detektive hinter ihm bemerkte. Er hatte Angst vor mir, Todesangst! Als ich aufstand und das Kind in die Wiege legte, zog er einen Revolver und schoß. Nachher sagte er, ich hätte zuerst gefeuert, aber das war eine Lüge. Ich hätte überhaupt nicht geschossen, aber seine Kugel traf die Wiege, und ich hörte das Kind schreien. Da erst legte ich auf ihn an, und er wäre ein toter Mann gewesen, wenn ich nicht des Kindes wegen in so große Aufregung geraten wäre. Ich fehlte, und sein zweiter Schuß zerschmetterte mir das Bein. Wußten Sie das?«
Martin schüttelte den Kopf.
»Ich dachte mir, daß es Ihnen neu sein würde. Das Kind war verwundet – die Kugel fuhr durch den kleinen Zeh des einen Fußes und zerbrach den Knochen – mich wundert nur, daß Ihre Frau Ihnen davon noch nichts gesagt hat –«
Martin schwieg.
»Meine kleine Dorothy ist nicht tot. Das weiß ich schon seit einiger Zeit, und nun habe ich sie auch mit Hilfe meines Freundes Stormer gefunden.«
»Und sie weiß – ?« fragte Martin totenbleich.
»Nein, sie weiß es nicht. Sie soll es erst erfahren, wenn meine Aufgabe erledigt ist.«
Seine kalten Augen durchdrangen unbarmherzig Martins Gesicht.
»Ihre Frau ist meine Tochter, wie? Sagen Sie ihr, sie möchte herkommen und mir ihren linken Fuß zeigen. Sie können Geburtsscheine fälschen, Elton – aha, das saß – aber kleine Fußzehen, die zerschossen wurden, können Sie nicht nachbilden!«
Er klingelte.
»Bringen Sie den Herrn hinaus«, sagte er, »und wenn Miß Bedford nach Hause kommt, möchte ich sie sofort sprechen...«
Eine Viertelstunde später standen sich Dora und Martin im Wohnzimmer gegenüber, und er berichtete ihr das Ergebnis seiner Unterredung mit Torrington.
»Vielleicht läßt sich alles noch zu unseren Gunsten verschieben. Er wird zahlen, um sie zurückzubekommen, wenn –«
»Wenn -?«
»Wenn sie noch lebt«, erwiderte Dora leise, »und wenn inzwischen nichts anderes passiert ist.«
33
Abends um elf erhielt Slick Smith den Besuch einer Dame. Der Hauswirt, der sehr auf guten Ruf hielt, erklärte unmutig, daß er das zu so später Stunde nicht dulden könnte.
»Es handelt sich um eine äußerst wichtige Botschaft meines Freundes, Captain Shannon. Vielleicht würden Sie so freundlich sein, mir Ihr Wohnzimmer auf kurze Zeit zur Verfügung zu stellen?« erwiderte Slick.
Dazu erklärte sich der Mann bereit.
Nach einer Viertelstunde entfernte sich die Dame wieder, und Slick bedankte sich bei dem Wirt.
Dann ging er in seine Wohnung hinauf, vertauschte den Frack mit einem Straßenanzug, schlüpfte in einen Flauschmantel und steckte allerhand rätselhafte Gegenstände ein. Die Dame, die ihn besucht hatte, wartete noch vor dem Haus auf ihn, und sie gingen zusammen bis zum Marble Arch. Slick bemerkte sehr wohl, daß der unvermeidliche Mann von Stormer ihm folgte, kümmerte sich aber nicht darum. Er verabschiedete sich von der Dame und fuhr in einer Droschke nach dem Greville-Gebäude, wo der Nachtportier ihn dienstbeflissen empfing und im Lift nach oben fuhr. Slick besaß zur Zeit eine elegante Wohnung im zweiten Stock des Hauses ...
Am selben Abend machte Sergeant Steel seine übliche Runde durch die zahllosen, außerordentlich verschiedenartigen Nachtklubs, die in London seit dem Krieg aus dem Boden geschossen waren. Gegen zwölf kehrte er heim und fühlte schon in der Tasche nach seinem Schlüssel, als ihm ein Mann mit einer Handtasche entgegenkam. Steel war todmüde, aber als er diese Tasche sah, nahm er die Verfolgung sofort auf. Sie war so schwer, daß der Mann sie bald in die eine, bald in die andere Hand nahm. Es war eine lange Jagd, denn der Mann merkte die Gefahr, beschleunigte seine Schritte, huschte bald um diese, bald um jene Ecke und begann schließlich zu laufen. Aber auch Steel hatte flinke Beine und ließ nicht von ihm ab, denn sein Instinkt sagte ihm, daß er diesen Mann stellen müßte. Der Flüchtling wurde immer nervöser, als die Verfolgung andauerte, und als er an einer Straßenecke einen Polizisten stehen sah und Steel dicht hinter sich wußte, zauderte er eine Sekunde, ließ dann die Tasche fallen und eilte blitzschnell davon.
In diesem Augenblick erkannte ihn Steel: es war Slick Smith.
»Folgen Sie dem Mann«, befahl er dem Polizisten und wandte seine Aufmerksamkeit der Handtasche zu ...
Dick Shannon war beim Auskleiden, als sein Assistent mit leuchtenden Augen ins Zimmer stürzte.
»Sehen Sie her!« rief er und öffnete die Tasche mit einem Ruck.
Wie versteinert schaute Dick hinein.
»Die Diamanten!« flüsterte er.
»Slick Smith hatte sie!« fuhr Steel atemlos fort. »Ich sah ihn von weitem und folgte ihm, ohne zu wissen, daß er es war. Er kniff aus, und als ich ihn erreichte, ließ er die Tasche fallen.«
»Holen Sie ein Auto!« erwiderte Dick und zog sich schnell wieder an.
Fünf Minuten СКАЧАТЬ