Название: Weihnachtserzählungen - 308 Seiten
Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742762993
isbn:
Da ich so weit im Land herumkam und es meine Aufgabe sein
würde, je nach Gelegenheit mit verschiedenen Schriftstellern
einen Handel abzuschließen, entwarf ich den Plan, daß dieses
Buch eine gemischte Partie sein sollte. Es sollte so etwas sein wie
das Rasiermesser, das Bügeleisen, die Chronometer-
Taschenuhr, die Dinnerteller, das Teigholz und der Spiegel
zusammen und nicht wie die Brillengläser oder die Flinte als ein
einzelner, individueller Artikel angeboten werden. Als ich zu
diesem 19
Entschluß gekommen war, faßte ich gleichzeitig einen zweiten,
den ich euch ebenfalls mitteilen will.
Ich hatte schon oft bedauert, daß sie mich noch niemals gehört
hatte, wenn ich auf dem Trittbrett stand, und daß sie mich
niemals würde hören können. Nicht daß ich eitel bin, aber wer
stellt gern sein Licht unter einen Scheffel? Was hat man von
seinem Ruf, wenn man dem Menschen, von dem man am
meisten geschätzt werden möchte, nicht verständlich machen
kann, worauf er beruht? Entscheidet die Frage selbst. Ist er dann
sechs Pence, fünf Pence, vier Pence, drei Pence, zwei Pence,
einen Penny, einen halben Penny, einen Farthing wert? Nein, das
ist nicht der Fall. Er ist keinen Farthing wert. Schön! Ich faßte
deshalb den Entschluß, ihr Buch mit einem Bericht über mich
selbst zu beginnen. Sie sollte einige Proben von mir auf dem
Trittbrett zu lesen bekommen, so daß sie sich einen Begriff von
meinem Talent machen könnte. Dabei war ich mir vollkommen
darüber klar, daß ich mir selbst nicht Gerechtigkeit widerfahren
lassen könnte. Ein Mensch kann seinen Blick nicht
niederschreiben (wenigstens weiß ich nicht, wie ich das tun
sollte), noch kann ein Mensch seine Stimme niederschreiben,
noch seine Art zu sprechen, noch die Lebhaftigkeit seiner
Bewegungen, noch sein ganzes Auftreten. Aber er kann seine
Redewendungen niederschreiben, wenn er ein öffentlicher
Redner ist – und ich habe schon oft gehört, daß manche das
auch tun, bevor sie sie vortragen.
Na ja! Als dieser Entschluß bei mir feststand, erhob sich die
Frage des Titels. Wie hämmerte ich dieses heiße Eisen zu einer
brauchbaren Form? Auf folgende Weise: Die schwierigste
brauchbaren Form? Auf folgende Weise: Die schwierigste
Erklärung, die ich ihr jemals zu geben versucht hatte, war die
gewesen, wie ich zu dem Namen Doktor kam und doch keiner
war. Schließlich hatte ich das Gefühl gehabt, daß ich es ihr trotz
der größten Mühe nicht richtig hatte beibringen können. Ich
baute aber auf ihre Fortschritte in den zwei Jahren und hoffte, sie
würde es verstehen, wenn sie es von meiner eigenen Hand
niedergeschrieben lesen würde. Darauf kam ich auf den
Gedanken, sie mit einem Scherz auf die Probe zu stellen und
darauf zu achten, wie sie ihn aufnahm, wonach ich mir dann
schon ein Urteil bilden könnte, ob sie es verstanden hatte oder
nicht. Ich hatte das Mißverständnis, das zwischen uns bestand,
zuerst entdeckt, als sie mich bat, ihr ein Rezept auszustellen;
denn sie hatte geglaubt, ich wäre ein medizinischer Doktor.
Deshalb dachte ich: »Wenn ich jetzt dieses Buch meine
›Rezepte‹ betitle, und wenn sie den Gedanken erfaßt, daß meine
Rezepte einzig und allein für ihr Vergnügen und ihren Nutzen
gedacht sind – um sie auf angenehme Weise lachen oder auf
angenehme Weise weinen zu machen –, so wird das ein
köstlicher Beweis für uns beide sein, daß wir die Schwierigkeit
überwunden haben.« Mein Plan hatte den glänzendsten Erfolg.
Denn als sie das Buch sah, das ich hatte herstellen lassen – das
gedruckte und gebundene Buch, das auf ihrem Pult im Karren
lag –, und den Titel sah. »Doktor Marigolds Rezepte«, blickte
sie mich eine Sekunde lang erstaunt an, schlug dann schnell die
Blätter um, brach in der reizendsten Weise in Lachen aus, fühlte
Blätter um, brach in der reizendsten Weise in Lachen aus, fühlte
ihren Puls und schüttelte den Kopf, blätterte dann die Seiten um
mit einer Miene, als läse sie sie mit der größten Aufmerksamkeit,
küßte das Buch mit dem Blick zu mir und drückte es mit den
beiden Händen an ihre Brust. In meinem ganzen Leben habe ich
mich nicht mehr gefreut!
20
Aber ich will den Ereignissen nicht vorgreifen. (Ich entnehme
diesen Ausdruck einer Partie Romane, die ich für sie gekauft
hatte. Ich habe nie einen davon aufgeschlagen – und ich habe
viele aufgeschlagen –, ohne daß der Verfasser nicht irgendwo
schrieb: »Ich will den Ereignissen nicht vorgreifen.« Da das so ist,
wundert es mich nur, weshalb er dann doch vorgriff, oder wer es
von ihm verlangte.) Ich will also den Ereignissen nicht vorgreifen.