Der mündige Trinker. Peter Sadowski
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Название: Der mündige Trinker

Автор: Peter Sadowski

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783844248210

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СКАЧАТЬ des Leistungserbringers in rechtliche Verpflichtungen gegenüber den Kostenträgern und aus dem Setting ergeben sich für Mitarbeiter Gelegenheiten zur Ausübung struktureller Macht. Die Macht beginnt mit der Kontrolle der Anwesenheit im Haus oder in therapeutischen Sitzungen und endet noch lange nicht beim Durchführen von Alkoholtests.

      Aus der Sicht des Patienten wird er einerseits angeregt, sein Leben eigenverantwortlich zu führen und andererseits wird er einem Regelwerk unterworfen. Die Praxis zeigt, dass das Regelwerk leichter akzeptiert wird, wenn für den Patienten durchschaubar ist, weshalb er sich welchen Einschränkungen unterwirft.

      Wenn ein Patient verabredungswidrig außerhalb des Raucherraumes oder außerhalb der dafür vorgesehenen Zonen vor dem Haus geraucht hat, stehen demjeweiligen therapeutischen Mitarbeiter eine Unzahl von Interventionen zur Verfügung: Man kann sich persönlich enttäuscht zeigen, Betroffenheit zeigen über die Unvernunft oder den Verstoß gegen die Hausregeln spärlich kommentieren und sanktionieren usw., usw.

      Der Bezugstherapeut kann aber auch in der nächsten Gruppensitzung noch einmal offen legen, dass die Regelungen zum Rauchen auf Setzungen ruhen, auf die das therapeutische Team keinen Einfluss hat.

      Der Bezugstherapeut kann sich auch auf eine Diskussion einlassen, ob Forderungen der Kostenträger oder der staatlichen Aufsicht über Krankenhäuser zu diesen Setzungen führen oder ob der Träger der Einrichtung starkes Interesse hat, das Rauchen in der Fachklinik möglichst gering zu halten.

      Man kann auch darüber diskutieren, ob die Setzung zum Ziel hat, ein vielleicht geringeres Risiko weiter zu verringern, dass Patienten zu Schaden kommen, weil jemand mit einer Zigarette im Bette einschlafen könnte. Und dass es möglicherweise ein günstiger Nebeneffekt ist, dass die Renovierungsfrequenz der Räume um einige Wochen verlängert werden kann. Die ersparten Mittel kämen der Therapie wieder zugute.

      Die therapeutischen Mitarbeiter sollten es als ihre Aufgabe ansehen, in jeder Patientengeneration immer wieder die Gründe für die einschränkenden Settingbedingungen transparent zu machen. Die Praxis lehrt, dass die Häufigkeit solcher Informationsveranstaltungen stark abhängig ist von der Zusammensetzung der Bezugsgruppen; in manchen Zeiten ist eine solche Information alle 14 Tage nötig, in anderen Zeiten kann man sich vier Monate Zeit lassen, bevor über die grundsätzlichen Settingbedingungen wieder an herausragender Stelle informiert werden muss (siehe auch „Informationsvermittlung im Plenum bzw. Großgruppe“ Kapitel 6.6.9). Dabei ist immer wieder deutlich zu machen, dass die Settingbedingungen zuerst den Zweck haben, Therapie zu ermöglichen (Argument: Wir wollen die wirtschaftlichen Ressourcen der Einrichtung so einsetzen, dass möglichst viele Patienten möglichst viel Therapie machen können – wir wollen möglichst wenig Zeit und Geld für Kontrollen aufwenden. Das ist nur möglich, wenn sich jeder einzelne Patient bemüht, sich an die Settingbedingungen zu halten).

      Idealerweise ist für den einzelnen Patienten deutlich, dass ein Mindestmaß an Kontrollen (und somit ein Ausüben von Macht) nötig ist, um den Betrieb aufrechtzuerhalten; auf keinen Fall haben die Mitarbeiter der Einrichtung ein besonderes Interesse an der Ausübung von Macht gegenüber dem einzelnen Patienten. Wenn die Anwesenheit bei Veranstaltungen erhoben wird, würden diese Daten zuerst als Information für den zuständigen Bezugstherapeuten dienen. Und der Bezugstherapeut würde die Information bewerten: Vielleicht hat er vergessen, dass sein Patient zu einem auswärtigen Zahnarzt-Termin angemeldet war oder er entscheidet, im Zimmer nachzuschauen, ob der Patient überraschend bettlägerig krank geworden ist. Alle Einschränkungen, auch die in den Hausregeln beschriebenen, denen der Patient sich in der Behandlung unterwirft, sollten lediglich helfen, Therapie zu organisieren. Weitere pädagogische oder therapeutische Erwartungen seien mit den Einschränkungen durch die Settingbedingungen nicht verbunden (siehe auch Hausregeln, www.der-muendige-trinker.de/zum-buch/zusammenwirken-in-einer-klinik.html).

      Die Argumentation in Zusammenhang mit Alkoholtests läuft ganz ähnlich: Mit Hilfe dieser Kontrollen sei auf keinen Fall beabsichtigt, Abstinenz zu erzwingen. Man wisse ja, dass nicht einmal wesentlich schärfere Kontrollen, wie z.B. in Haftanstalten, zuverlässig einen Suchtmittelkonsum unterbinden könnten. Wenn die Einrichtung von Patienten die Durchführung von Alkoholtests fordert, hätte diese Settingbedingung eher die Funktion, die Aufmerksamkeit des einzelnen Patienten auf die Abstinenzbedingung des Therapievertrages zu lenken, insbesondere in Phasen schwankender Abstinenzentscheidung. Damit diese Aufmerksamkeit nicht nur zu Zeiten der Rückkunft in die Einrichtung (nach Ausgang oder nach Realitätstraining) hoch ist, wären Alkoholtests grundsätzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich.

      Wenn in der Einrichtung relativ liberale Ausgangsregeln praktiziert werden (siehe Hausregeln, www.der-muendige-trinker.de/zum-buch/zusammenwirken-in-einer-klinik.html) und darüber hinaus einigermaßen großzügig Ausnahmen von diesen Ausgangsregeln verwirklicht werden, ist die Kontrolle der Anwesenheit besonders schwierig. Mit einer Mischung aus Kontrollen durch Mitarbeiter der Klinik, sozialer Kontrolle innerhalb der Patientenschaft und Appellen an die Eigenverantwortung ist auch dieser Bereich zu managen.

      Diese Illustration ausnahmsweise „bös“ polemisch und unter Missachtung des Ringens um Political Correctness:

      Es kann vorkommen, dass Patienten Zweifel an der Notwendigkeit bekunden, sich bei jedem Verlassen des Klinikgeländes im Stationszimmer abzumelden und sich nach Rückkehr wieder anzumelden und dabei einen Alkoholtest durchzuführen.

      Sollte es mal brennen, wird gerne argumentiert, würden die Mitarbeiter der Einrichtung der Feuerwehr gerne Informationen geben können, ob unbedingt noch ein Patient aus dem Dachgeschoss zu retten wäre. Hier sei schließlich keine griechische Fähre, bei der im Fall eines Untergangs auch 14 Tage nach dem Unglück nicht klar wäre, wie viele Passagiere auf dem Schiff gewesen seien. Und wenn ein Patient unbedingt erproben möchte, ob er sich traut, alleine auf dem Marktplatz ein Eis zu bestellen und zu verzehren, könnte er sich auch abmelden; damit würde er auch dazu beitragen zu verhindern, dass im Falle einer fehlenden Abmeldung wegen seiner „Laxheit“ ein Feuerwehrmann nicht sein Leben riskieren müsste.

      Wenn ein Patient im Rahmen des Realitätstrainings eine zusätzliche auswärtige Übernachtung wünscht, kann man als Mitarbeiter der Einrichtung ohne weiteres darauf hinweisen, dass die Kostenträger außerordentlich hohe Anforderungen stellen an Heimfahrten vor Ablauf einer bestimmten Zahl von Behandlungswochen oder zusätzliche Befreiungen von der Therapie.

      Wenn ein Patient eine verkürzte Behandlungszeit wünscht und argumentiert, er sei im psychotherapeutischen Prozess besonders schnell fortgeschritten, wird der Bezugstherapeut Fakten einfordern, die diese Bewertung belegen (Woran können wir sehen, dass die Fortschritte so sind, wie sie Ihnen erscheinen?). Und es wird der Bezugstherapeut in bester verhaltenstherapeutischer Tradition seine eigene Einschätzung mit Operationalisierungen belegen.

      In der hier beschriebenen Vorgehensweise ist der intendierte therapeutische Prozess (siehe Kapitel 6.4 „Der therapeutische Prozess wird verdeutlicht“) einschließlich der Operationalisierungen für alle Beteiligten transparent; deshalb ist die Abhängigkeit des Patienten von der Bewertungsmacht der Therapeuten in diesem Fall nicht sehr groß.

      Wenn ein Patient in der dritten Behandlungswoche erklärt, er wollte nach Ende der vierten Behandlungswoche wegen seiner guten Erfolge vorzeitig die Behandlung beenden, ist relativ leicht zu prüfen, ob zum Zeitpunkt des Gesprächs z.B. ein Plausibles Modell zur Entwicklung und Bewältigung der Störung vorgelegt und bearbeitet worden ist und ob daraus individuelle Teiltherapieziele abgeleitet worden sind.

      Wenn der Prozess bis zum Benennen von individuellen Teiltherapiezielen СКАЧАТЬ