Der mündige Trinker. Peter Sadowski
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Название: Der mündige Trinker

Автор: Peter Sadowski

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

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isbn: 9783844248210

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      Abbildung: bio-psycho-soziales Krankheitsmodell 4

      In der Behandlung von Auffälligkeiten, die im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol stehen, ist eine solche Behandlung solange nicht zu praktizieren, wie keine letzte Ursache der Störung festlegbar ist. Solange ein System von Bedingungen anzunehmen ist, in dem die Störungsentwicklung gefördert wurde, sind Ansatzpunkte zur Störungsbewältigung innerhalb dieses Systems zu suchen.

      Ein bio-psycho-soziales Krankheitsmodell ist ein solches System, in dem verschiedene Variablen aus unterschiedlichen Variablengruppen zusammenwirken, um eine Störung aufrechtzuerhalten. Innerhalb dieses Modells werden die Anregungen von (verhaltenstherapeutischen) Problemlöse-Therapien bevorzugt. Grawe, Donati und Bernauer (1994) hatten in ihrer Meta-Analyse für solche Vorgehensweisen ein „ganz außerordentlich günstiges Wirkungsprofil“ gefunden. Die Autoren sehen die Selbstmanagement-Therapie als eine Problemlösetherapie an.

      Die Entscheidung für die Selbstmanagement-Therapie war einerseits von der erwarteten Wirksamkeit eines solchen Vorgehens beeinflusst worden, andererseits wurde von der besonderen Rolle des Therapeuten in der Selbstmanagement-Therapie ein vermehrtes Erleben von Würde und Freiheit bei den Patienten erwartet. Außerdem bietet der Ansatz der Selbstmanagement-Therapie eine elegante Möglichkeit, über individuelle Plausible Modelle unterschiedlichste Erklärungsmodelle über das Entstehen von Abhängigkeit in die Behandlung zu integrieren.

      1.3 Selbstmanagement-Therapie

      Es ließe sich grundsätzlich diskutieren, ob es ein oder mehrere Alleinstellungsmerkmal(e) der Selbstmanagement-Therapie gibt. Für die Praxis der Rehabilitation wegen Alkoholabhängigkeit ist eine solche Diskussion entbehrlich. Es reicht für diese Darstellung, diejenigen Besonderheiten der Selbstmanagement-Therapie ausdrücklich zu benennen, die in unserer Behandlung verwirklicht werden. Weiterhin sollen Informationen über Grundlagen vermittelt werden, die den intendierten Therapieprozess fördern oder denen förderndes Potenzial zugeschrieben wird.

      1.3.1 Beziehungen Patient-Therapeut

      Die besondere Rolle des Therapeuten in der Selbstmanagement-Therapie beschreiben Kanfer, Reinecker und Schmelzer (2000) sehr ausführlich.

      Sie sehen den Therapeuten als „Anreger/Katalysator für Veränderungen beim Klienten“ oder (an anderer Stelle) als „Impulsgeber bzw. Problemlöse-Assistent“.

      In der 3. Aufl. von „Selbstmanagement-Therapie“ gehen Kanfer, Reinecker und Schmelzer auch auf die Wirkfaktoren ein, die Grawe (z.B. Grawe, Bernauer & Donati, 1994) in unterschiedlichen Arbeitsgruppen identifiziert hat:

       aktive Hilfe zur Problembewältigung

       Klärungsarbeit (z.B. hinsichtlich eigener Motivation)

       Prinzip der realen Erfahrung (erfahrungsorientiertes Lernen) sowie

       Ressourcenaktivierung (vor allem mittels unterstützender Therapeut-Klient-Beziehung).

      Hierbei sind die beiden erstgenannten Prinzipien (in dieser Reihenfolge!) an bedeutsamsten (Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 2000). Sie grenzen die Rolle des Therapeuten auch in deutlichen Worten ab gegenüber unrealistischen Erwartungen:

      …, sind wir strikt gegen eine falsch verstandene Expertenhaltung oder ein autoritäres Überstülpen von Maßnahmen (Therapie wider Willen). Wir akzeptieren daher die Autonomie unserer Klienten, gewähren Ihnen ein Recht auf Widerstand und wenden uns gegen alle Versuche, Personen mit besonders hinterhältigen Tricks dazu zu bringen, das zu tun, was Therapeuten von ihnen wollen (ebd. S.7).

      Mindestanforderungen an das Rollenverständnis der Therapeuten werden in Therapieausbildungen vermittelt (oder in einem On-Job-Training erworben).

      Die besonderen Anforderungen der Selbstmanagement-Therapie an den Therapeuten wurden zusammengefasst in „Kanfers 11 Gesetze der Therapie“ (Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 2000, S. 553–555;); die erklärenden Ergänzungen sind ebenfalls unbedingt lesenswert:

      1. Verlange niemals von Klienten, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln!

      2. Arbeite zukunftsorientiert, suche nach konkreten Lösungen und richte die Aufmerksamkeit auf die Stärken von Klienten!

      3. Spiele nicht den „lieben Gott“, indem du Verantwortung für das Leben von Klienten übernimmst!

      4. Säge nicht den Ast ab, auf dem die Klienten sitzen, bevor du ihnen geholfen hast, eine Leiter zu bauen!

      5. Klienten haben immer Recht!

      6. Bevor du ein problematisches Verhalten nicht plastisch vor Augen hast, weißt du nicht, warum es eigentlich geht!

      7. Du kannst nur mit Klienten arbeiten, die anwesend sind!

      8. Peile kleine, machbare Fortschritte von Woche zu Woche an und hüte dich vor utopischen Fernzielen!

      9. Bedenke, dass die Informationsverarbeitungskapazität von Menschen begrenzt ist!

      10. Wenn du in der Therapiestunde härter arbeitest als deine Klienten, machst du etwas falsch!

      11. Spare nicht mit Anerkennung für die Fortschritte von Klienten!

      1.3.2 Das Ausüben von Macht im Rahmen der Therapie

      Wenn ein Patient in einem Therapievertrag seine Bereitschaft zur Mitarbeit in der stationären Rehabilitation erklärt, unterwirft er sich damit mindestens zwei machtvollen Gegebenheiten:

      Auf der Strukturseite übernimmt die Einrichtung es, die Forderungen des Kostenträgers nach „Erfolgsaussicht“ (Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen, 2001) und der „Verpflichtung zur Mitarbeit“ (Sozialgesetzbuch, 2004) zu verwirklichen. Diese Bedingungen sind für den Patienten unvermeidlich, solange er seine Behandlung vom Kostenträger bezahlt haben möchte. Die Einrichtung, also der Leistungserbringer, schafft zusätzlich noch weitere Strukturen, unter die der Patient sich unterwerfen muss (Therapievertrag, Hausregeln, siehe www.der-muendige-trinker.de/zum-buch/zusammenwirken-in-einer-klinik.html), wenn er denn in genau dieser Einrichtung seine Maßnahme zur Rehabilitation durchführen möchte.

      Außerdem setzt der Patient sich der Bewertungsmacht der Mitarbeiter in der Einrichtung aus. Die aus der Selbstmanagement-Therapie (Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 2000) abgeleiteten Prinzipien für das Vorgehen innerhalb des stationären Settings zielen darauf ab, die Machtausübung durch die Einrichtung und durch die Mitarbeiter der Einrichtung auf das geringstmögliche Niveau zu reduzieren.

      Deshalb sind alle Mitarbeiter der Einrichtung gehalten,

       für den Patienten jederzeit durchschaubar zu halten, welche Forderungen der Kostenträger und der Einrichtung zu welchen Einschränkungen der Grundrechte führen und

       welche Beobachtungen zu welchen Bewertungen über den Patienten bzw. СКАЧАТЬ