Demokratie macht Spaß!. Winfried Brinkmeier
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Demokratie macht Spaß! - Winfried Brinkmeier страница 7

Название: Demokratie macht Spaß!

Автор: Winfried Brinkmeier

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783847616979

isbn:

СКАЧАТЬ sind interessiert, in solchen Ausschüssen alle Fehler der Regierung nach Möglichkeit zu verdecken bzw. schön zu reden. Mit entsprechenden Vorgaben gehen die beauftragten Abgeordneten in die Untersuchungsausschüsse hinein (Artikel 38 Absatz 1unseres Grundgesetzes sagt: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“). Das führt regelmäßig zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass die beteiligten RegierungspolitikerInnen zu gegenteiligen Bewertungen gegenüber der Opposition nach Abschluss ihrer Tätigkeit im Untersuchungsausschuss kommen. Die Regierung bemerkt abschließend, die Arbeit des Ausschusses habe ergeben, dass alles in Ordnung sei, die Opposition zeigt möglichst viele Missstände auf.

      Im Gegensatz dazu war der NSU-Untersuchungsausschuss parteipolitisch unabhängig. Das war neu. Alle Vertreter dieses Ausschusses arbeiteten unabhängig von der Parteizugehörigkeit über Parteigrenzen hinweg zusammen, um Licht ins Dunkel der Geschehnisse zu bringen. Mit der konsequenten guten Zusammenarbeit aller AusschussmitgliederInnen ist es ihnen gelungen, immer wieder versuchte Abblockungen, insbesondere des Bundesministeriums des Innern sowie des Bundesverteidigungsministeriums, aufzubrechen und diese z. B. zur Herausgabe von Aktenmaterial zu bewegen, was die Vertreter der Ministerien zunächst verweigerten. Beschämend war der Auftritt des Staatssekretärs des Bundesministeriums des Innern vor diesem Ausschuss. Der Staatssekretär versuchte, den AusschussmitgliederInnen einzureden, sie sollten sich mit kritischen Fragen gefälligst zurückhalten; diese Aufklärungsarbeit sei Aufgabe der Bundesregierung; sie könne aus Geheimhaltungsgründen gar nicht vom Ausschuss behandelt werden. Der seltsame Zahn wurde dem Mann schnell gezogen. Eigentlich müsste ein politischer Beamter nach solchen Äußerungen umgehend entlassen werden, weil er offensichtlich die politischen Notwendigkeiten aufgrund des Komplettversagens der Sicherheitsbehörden nicht verstanden hat und noch in einer Denkungsart verhaftet ist, die in einem demokratischen Rechtsstaat überwunden sein sollte. Der Fisch stinkt immer vom Kopf her. Es spricht für die mangelhaften Qualitätsvorstellungen des Bundesinnenministers Friedrich und der CSU, der er angehört, wenn er einen Staatssekretär nach solchen Äußerungen im Amt belässt. Das zeugt von der im Gestrigen versunkenen Denkungsart eines Hauses, das einstmals einen hervorragenden Ruf innerhalb der Bundesregierung und außerhalb hatte. Aber auch hier gilt: Vorbei sind die Zeiten… ! Ein paar Jahre CSU-Führung dieses Hauses haben offensichtlich gereicht, es zugrunde zu richten.

      Es hat sich bei der Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses gezeigt, dass eine parteiunabhängige Kontrolle der Exekutive möglich ist. Das kann nur begrüßt werden. Demokratie ist gut. Die hervorragende Arbeit dieses Ausschusses waren Sternstunden der parlamentarischen Demokratie. Es zeigte sich einmal mehr, dass dies System gut funktionieren kann, wenn alle Beteiligten den Willen dazu haben und vernünftig im Sinne der Sache zusammenarbeiten. Dies macht Hoffnung!

      Nunmehr bleibt die Vorlage des angekündigten Abschlussberichts des Untersuchungsausschusses abzuwarten: Welche Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Zukunft werden darin vorgelegt?

      150-jähriges Bestehen der SPD (25. Mai , 23. Dezember 2013 – Quellen 2)

      Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) feierte mit einer Jubiläumsveranstaltung in Leipzig ihr 150-jähriges Bestehen. Dabei waren deutsche und internationale Gäste, an ihrer Spitze Bundespräsident Gauck, Bundeskanzlerin Merkel sowie der französische (sozialistische) Präsident Hollande.

      Am 23. Mai 1863 wurde in Leipzig unter Vorsitz von Ferdinand Lassalle der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) gegründet. Ferdinand Lassalle wurde von den Delegierten zum Präsidenten gewählt. Dieser Tag gilt als der Geburtstag der SPD. In wieweit der damals fortschrittliche Mann dennoch den Zwängen seiner Zeit verhaftet war, zeigt sein früher Tod: Lassalle ist 1864 im Alter von 39 Jahren an den Folgen eines Pistolenduells gestorben. In einem Wald bei Genf hatte er sich mit dem Nebenbuhler seiner Angebeteten duelliert; er starb an dessen Kugeln.

      Von Anfang an hat sich die neue Partei daran ausgerichtet, das noch weitgehend durch die Landwirtschaft geprägte Deutschland den Erfordernissen des Industriezeitalters anzupassen. Sie setzte sich zudem für soziale Gerechtigkeit und Freiheit ein. Ihre Hauptforderung war zunächst die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts. Die Durchsetzung sozialistischen Ziele wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität wurde angestrebt.

      Um die Notwendigkeit der Gründung des ADAV deutlich zu machen, muss auf die soziale Frage im 19. Jahrhundert eingegangen werden (die folgenden Ausführungen beruhen auf dem Aufsatz: „Die soziale Frage im 19. Jahrhundert“, siehe Quellen 2). Als „Soziale Frage“ bezeichnet man die wirtschaftlichen und sozialen Fragen des Übergangs von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft. Dieser Prozess setzte in England bereits um 1750 ein, in Deutschland um 1850.

      Voraussetzungen für die Industrialisierung waren das Weltbild der Aufklärung und bahnbrechende Entdeckungen der Naturwissenschaften. Grund für die sogenannte Industrielle Revolution, die zu einer radikalen Änderung der Produktionsmethoden führte, war eine Krise des herrschenden Feudalsystems. Das rasante Anwachsen der Bevölkerung führte dazu, dass die Landmenge nicht mehr ausreichte. Eine Möglichkeit zur Sicherstellung der Ernährung bestand in einer intensiveren Nutzung der Landwirtschaft durch Dünger und Maschinen. Dadurch verringerte sich zwangsläufig der Bedarf an Landarbeitern. Sie wanderten in die Städte ab; dort wurden sie Arbeitskräfte für die entstehende Industrie. Durch industrielle Massenfertigung kam es zu einer Konkurrenz zu der bisherigen Hausindustrie und dem Handwerk. Das hatte ein Ansteigen der Arbeitslosenzahl zur Folge, denn die maschinelle Fertigung erforderte weniger Arbeitskräfte. Dadurch kam es zu einem Überangebot an Arbeitskräften mit der Folge von extrem niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen. Die Arbeiter mussten den Preis für den industriellen Fortschritt bezahlen. Maschinen konnten rund um die Uhr benutzt werden. Dadurch kam es zu 12-Stunden-Tagen in einer Tages- und einer Nachtschicht an sechs bis sieben Tagen in der Woche. Die Arbeiter wurden nicht ausreichend bezahlt. Sie mussten deswegen ihre Frauen und Kinder zur Arbeit schicken. Die erledigten Schwerstarbeit für noch geringere Löhne. Kinder wurden z. B. zur Arbeit in Bergwerksschächten geschickt. So entstand der Begriff der „Proletarier“ für die Arbeiter. Sie waren ihren Arbeitgebern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Arbeitsschutz kannte man nicht. Die Unternehmer zeigten keinerlei soziales Verhalten; es zählte nur der Gewinn, den sie mit dem Einsatz der „Proletarier“ machen konnten. Deswegen lebten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland mehr als 50% der Bevölkerung unterhalb des Existenzminimums. Die Massenarmut führte in den Städten dazu, dass sie herunterkamen; Slums entstanden. Die Lebenserwartung der Arbeiter lag unter 20 Jahren. Die Kinderarbeit, die schon Kinder ab einem Alter von 4 oder 6 Jahren verrichten mussten, verhinderte ordnungsgemäßen Schulbesuch. Großfamilie, Zunftwesen oder Schollenbindung sowie die Bindung an den Gutsherrn waren durch die Verstädterung verloren gegangen. Alter und Krankheit wurden zur Existenzbedrohung.

      Politisch gesehen herrschte Anfang des 19. Jahrhunderts die Restauration (Versuch der Wiederherstellung früherer Zustände). Nahezu unumschränkt herrschende Landesfürsten standen auf Seiten der Unternehmer und unterstützen den Laissez-faire-Kapitalismus (lasst sie machen, sie werden es schon richten). England hatte bereits längst eine liberalkapitalistische Wirtschaftsordnung. Die Revolution von 1848 scheiterte, die an sie gestellten Hoffnungen blieben unerfüllt. 1880 wurde durch den damaligen Reichskanzler Bismarck (der „eiserne Kanzler“) eine Sozialgesetzgebung mit der gesetzlichen Sozialversicherung gegen Krankheit, Invalidität und Altersarmut eingeführt, die damals einmalig und wegweisend war. Damit wollte Bismarck der aufkommenden Sozialdemokratie den Wind aus den Segeln nehmen. Er hat dies in seinen „Erinnerungen“ beschrieben; er wollte die arbeitende Bevölkerung auf die Seite des Staates ziehen. Es war eine gesetzliche Sozialversicherung des Staates, die über 100 Jahre gut gehalten hat. Heute wird sie leichtfertig zunehmend der privatwirtschaftlichen Versicherungswirtschaft geopfert, woran Gerhard Schröder und Walter Riester eine große Mitschuld haben. Doch davon später.

      Soweit zum sozialen Hintergrund СКАЧАТЬ