Название: Demokratie macht Spaß!
Автор: Winfried Brinkmeier
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783847616979
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Über die edelste unserer derzeitigen politischen Parteien in Deutschland, die SPD, wurde schon in dem Kapitel über die 150jährige Geschichte der SPD berichtet. Nach der Wiederaufbauleistung von Konrad Adenauer (CDU) hat die SPD in ihren Regierungszeiten ein modernes Deutschland geschaffen, das internationales Ansehen genießt, dessen Demokratie gefestigt ist und das mittlerweile wieder eine Führungsrolle in der Welt ausübt. Dass dies so ist, daran hat sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) maßgeblich beteiligt. Aber auch PolitikerInnen anderer Parteien haben daran mitgewirkt.
Damit kommen wir zunächst zur Christlich Demokratischen Union (CDU) bzw. der Christlich Sozialen Union (CSU) als deren Ableger in Bayern. Die haben im Wesentlichen die deutsche Nachkriegsgeschichte anfangs gestaltet. Ihr Urahn Konrad Adenauer hat nach dem Zweiten Weltkrieg – mit Hilfe vieler Anderer, teilweise auch gegen den Widerstand der CDU – die Weichen gestellt für ein demokratisches Deutschland, das aus seiner Geschichte gelernt hat. Gleichzeitig hat Deutschland mit seinen Menschen einen unglaublichen Wiederaufbau unter der Führung der Regierungen von Konrad Adenauer hingelegt. Konrad Adenauer ging allerdings mit seinen politischen Gegnern nie glimpflich um. Seine bis ins Persönliche herabsetzende Art seiner politischen Gegner hat viele Menschen abgestoßen. So hat er zum Beispiel Willy Brandt persönlich angegriffen und diffamiert. Wir haben als Kinder Mitte der 1950er Jahre folgenden Reim erzählt:
„Auf der Mauer, auf der Lauer
sitzt der Konrad Adenauer.
Mit dem Knüppel in der Hand
wartet er auf Willy Brandt.“
Als Adenauer 1963 abtreten musste, war Deutschland politisch und gesellschaftlich erstarrt. Ein Aufatmen ging durchs Land, weil „der Alte“ endlich weg war.
Sein Nachfolger Professor Ludwig Erhard war ein guter Wirtschaftsminister, bevor er Bundeskanzler wurde. Er hatte die soziale Marktwirtschaft geprägt. Eine Marktwirtschaft also, die nicht unbeschränkt den Marktgesetzen gehorchen, sondern die soziale Verantwortung mit in ihr Handeln einbeziehen sollte. Erhard war dann ein schlechter Bundeskanzler, nachdem er Konrad Adenauer ins Kanzleramt folgte. Adenauer hatte dies vorausgesehen, konnte ihn aber nicht verhindern; zu stark war die Symbolfigur Ludwig Erhard, der von der Bevölkerung als „Vater des Wirtschaftswunders“ anerkannt war wegen seiner sozialen Marktwirtschaft. Die Stellung des Mannes mit der Zigarre war sehr stark; deswegen wurde er CDU-Mächtigen zum Kanzler erkoren. Nach ihm wurde Kurt-Georg Kiesinger Bundeskanzler. Der ist ein Nazi gewesen; er war von daher moralisch nicht integer. Die Vertreter der CDU hatten allerdings keine Bedenken, ihn dennoch zum Kanzler zu machen. Dies zeigte einmal mehr ihre damals nach über zwanzig Jahren noch mangelhafte Aufarbeitung der Nazizeit. Auf dem CDU-Bundesparteitag in Berlin 1968 ohrfeigte die mutige Journalistin Beate Klarsfeld den Bundeskanzler Kiesinger. Damit machte Frau Klarsfeld auf dessen Nazivergangenheit aufmerksam. Kiesinger wollte seine belastende Vergangenheit wie so viele andere durch die Nazizeit belastete Persönlichkeiten unter den Tisch kehren. Nach der Ohrfeige gelang dies nicht mehr. Durch die mutige Tat von Frau Klarsfeld war plötzlich die Nazivergangenheit von Kurt-Georg Kiesinger in aller Munde. Seine Kanzlerschaft hatte im Übrigen keine großen Spuren hinterlassen. Wenn man einmal von den Notstandsgesetzen absieht. Die Notstandsgesetze wurden 1968, in der Zeit der ersten Großen Koalition, vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Sie waren von massiven Protesten der so genannten außerparlamentarischen Opposition (Apo) begleitet. Wir Jugendlichen unterstützten die Apo. Die Notstandsgesetze änderten das Grundgesetz und fügten eine Notstandsverfassung ein. Die sollte die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen (Naturkatastrophe, Aufstand, Krieg) sichern und war ziemlich überflüssig.
Später nach der Ära der sozialdemokratischen Kanzler folgte der unsägliche CDU-Kanzler Helmut Kohl, der die Grenzen seiner Macht von Anfang an nicht beachtet und diese Macht missbraucht hat; darüber ist genug geschrieben worden. Bei mir kann man im Band 1 von „Demokratie macht Spaß!“ ausführlich darüber nachlesen. Wie viele Andere auch, habe ich Helmut Kohl immer abgelehnt, weil mir der Mann nie geheuer war. Gut kann ich mich noch erinnern, wie er von der „geistig-moralischen Wende“ gefaselt hat. Als er dann an der Macht war, ließ er die erst einmal die „schwarzen Konten“ der CDU einrichten. Vermutlich war das seine „geistig-moralische Wende“. Sie war reiner Zynismus, der nur seinen gierigen Machtwillen verdecken sollte. Die Wiedervereinigung hat nicht er bewerkstelligt, sondern das Volk der DDR. Vorbereitet wurde diese Wiedervereinigung von Willy Brandt (siehe auch das Kapitel über „150 Jahre SPD“). Man lese einmal bei den damaligen Getreuen von Kohl nach, wie der den Gedanken an eine Wiedervereinigung vorher seinen Parteifreunden auszutreiben versucht hatte, die darauf bestehen wollten, dies Ziel weiterhin zu verfolgen. Helmut Kohl war stets ein Meister der Geschichtsklitterung. Das heißt, er hat die Darstellung der Verhältnisse nach seinem jeweiligen Wunschdenken vorgenommen. Im persönlichen Bereich mit seiner Familie ist er elendig gescheitert. Viele Menschen haben Helmut Kohl nicht gemocht und nicht gewählt. Sein Verdienst war und bleibt allerdings, dass er die Wiedervereinigung nach den geschichtlichen Ereignissen um den Mauerfall mit aller Kraft gefördert hat.
Last not least kam Angela Merkel in das Amt der ersten Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist noch heute Kanzlerin. Sie sozialdemokratisierte die eingefahrene CDU und setzte viele Ideen um, die von den Sozialdemokraten geklaut waren. Das erschwert zwar sozialdemokratische Politik, weil sie die Abgrenzung zur CDU/CSU schwieriger macht, ist aber zu begrüßen, wenn es denn der Verbesserung der Verhältnisse der Menschen dient. Dann ist es in ureigenem Interesse auch der Sozialdemokraten. Allerdings setzte sie eine falsche, vorher nie gekannte Förderung der Banken in Deutschland und Europa durch.
Es ist verständlich, dass es Menschen gibt in unserer Gesellschaft, die Werte bewahren wollen. Insofern sind gerade wir Älteren alle ein wenig konservativ. Dagegen ist nichts einzuwenden. Gestört bei der CDU/ CSU hat immer der einseitige Blick nach hinten, als wenn man mit gestriger Politik das Heute und Morgen gestalten könnte. Es herrscht bei den Konservativen die Angst vor dem Morgen, die sie an Heute und Gestern klammern lässt; dabei übersehen sie generell den Veränderungsbedarf einer jeden Gesellschaft, soll sie nicht erstarren. Dies war deutlich am Ende der Ära Adenauer zu spüren, als die Gesellschaft erstarrt war und immer mehr Menschen nach Veränderungen lechzten, die dann von Willy Brandt auf den Weg gebracht wurden. Den Konservativen fehlt der vertrauensvolle Blick in die Zukunft, die sie zu anpackendem Verhalten in der Gegenwart ermuntert. Beispiel dafür ist die leidige Debatte um einen Mindestlohn. Selbstverständlich braucht jeder Mensch einen angemessenen Mindestlohn zum Leben, der ihn dazu befähigt, sein Leben in Würde ohne Inanspruchnahme staatlicher Hilfen zu führen. Seit langen Jahren wird darüber diskutiert; die konservativen Parteien CDU/CSU, aber auch die FDP haben solch einen Mindestlohn (in Höhe von ca. 8,50€) den Menschen mit konstanter Boshaftigkeit bisher verweigert. Wer seinen Angestellten im Friseursalon nur 3,50€ Stundenlohn zahlen kann oder will, der ist nicht marktfähig und sollte seinen Laden schließen; solche Parasiten des Systems brauchen wir nicht. Diese erwähnte Zukunftsangst bestimmt die konservativen Parteien und bringt sie stets dazu, Neues erst einmal abzulehnen, auch neues, bereits Bewährtes erst einmal abzulehnen und am Alten festzuhalten, weil sich das Alte scheinbar bewährt hat. Dies entspricht aber oft nicht der Realität, sondern ist dem eigenen beschränkten Blickwinkel geschuldet. Deswegen versagen die Konservativen so oft bei der tatsächlichen Bewahrung konservativer Werte, wie z. B. der Notwendigkeit, der freien Wirtschaft Beschränkungen aufzuerlegen, um deren Gier nach unbeschränkter Ausbeutung aller Ressourcen zum kurzfristen Geldverdienen zu drosseln. Dies geht nicht. In unserer Gesellschaft sind in den letzten 50 Jahren enorme gesellschaftliche Veränderungen vor sich gegangen. Die CDU/CSU sind den Veränderungen in unserer Gesellschaft nicht nur hinterher gehinkt, sondern sie haben sie zunächst einmal stets zu verhindern versucht. So z. B. bei der Frauenbewegung. Hass und Häme hat Alice Schwarzer, die engagierte deutsche Kämpferin für die Rechte der Frauen, gerade von CDU / CSU-Leuten aushalten müssen, als sie ihre Thesen vortrug und für die notwendige Veränderung der Gesellschaft in der Frauenfrage kämpfte. Bei der Umweltpolitik war es genauso. СКАЧАТЬ