Deutsche Schicksale 1945 - Zeitzeugen erinnern. Jürgen Ruszkowski
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Название: Deutsche Schicksale 1945 - Zeitzeugen erinnern

Автор: Jürgen Ruszkowski

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783847683131

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СКАЧАТЬ die auf mehreren Wegen gekommen waren. Jeder versuchte die Spur, die zu der Brücke führte, zu erreichen. Ich scherte aus unserem Zug mit meinem Nachbarn Klein zusammen aus, durchfuhr einen Graben und erreichte parallel zu der Straße auf einem Weg die Anfahrt zu der Dievenowbrücke. Es war die Nacht vom 4. auf den 5. März 1945, als wir auf die Brücke fuhren und die Glocke vom nahen Kirchturm schlug genau 23 Uhr, als wir auf der Dievenowbrücke waren.

      Die Oder mit ihren Mündungsläufen war der letzte große zu überquerende Fluss auf dem Weg nach Lübeck.

      Wieder das Tagebuch:

      Dienstag, 6. März 1945:

      Nach einer Nacht unter freiem Himmel müssen wir weiter. Die Russen beschießen die Stadt Wollin. Wir befinden uns jetzt auf der Insel Wollin. Wir fahren weiter bis zum Dorf Kodram. Die Pferde kommen notdürftig unter. Ich schlafe mit Werni bei einer Bäuerin auf dem Fußboden. Morgens um 10 Uhr wird die Dievenowbrücke zwischen Hagen und Wollin gesprengt, über die wir noch entkommen sind. Wir fahren wieder weiter. Über die Insel streicht ein kalter Frostwind. Die beiden Stuten haben 40,5 Grad Fieber, sie sind weiterhin vor dem Zusammenbrechen. Ich fahre zu einem Bauern im Dorf Kolzow und bleibe bis Freitag Mittag, damit sich die Pferde etwas erholen.

      Freitag, 9. März 1945:

      Es ist Nachmittag. Die kranken Stuten werden wieder angespannt. Wir fahren bis in den Wald und bleiben über Nacht dort.

      Sonnabend, 10. März 1945:

      Wir halten im Wald. Die kranken Stuten müssen wieder vor dem Wagen stehen. Sie fressen wenig. Wir kochen im Wald und hausen wie die Zigeuner.

      Sonntag, 11. März 1945:

      Frau Winkelmann ist nachts gestorben. Sie wird in eine Decke gewickelt und im Badeort Waren an der Kirche beerdigt. Die Männer von unserem Treck schlachten eine Kuh. Auf 100 Personen wird das Fleisch verteilt.

      Montag, 12. März 1945:

      Wir fahren aus dem Wald auf die Straße nach Swinemünde. Morgens um 10 Uhr ist ein großer Luftangriff auf Swinemünde. Wir sind 10 km entfernt. Es fallen schwere Bomben. Die Erde bebt, es ist die Hölle los. 22.000 Menschen, zum größten Teil Flüchtlinge, sollen hier den Tod gefunden haben.

      Dienstag, 13. März 1945:

      Wir sind in Liebeseele. Die Straße ist verstopft. Klein und Schwarz, die unsern Treck anführen, sind sich nicht mehr einig, wohin gefahren werden soll. Der Treck teilt sich.

      Mittwoch, 14. März 1945:

      Wir sind einige Kilometer vorgerückt und nächtigen wieder auf der Straße. Die Stuten sind noch krank und magern zusehends ab. Wir kochen im Straßengraben. Auf der Insel Wollin gibt es bald keine Lebensmittel mehr. Überall wo wir fahren, säumen tote Pferde die Straße. Die armen Tiere die den großen Strapazen erlegen sind, ein Bild des Jammers.

      Donnerstag, 15. März 1945:

      Wir nähern uns Swinemünde und halten am Bahnhof Pritter. Das Futter für die Pferde ist knapp. Wir haben kein Brot. Der Durchfall hält jetzt sechs Wochen an. Ich fühle mich krank und schwach. Die Krätze lässt uns nachts nicht schlafen. Von den Läusen bin ich weiter verschont geblieben. Wir sind jetzt sieben Wochen auf der Straße. Das Zigeunerleben ist schwer.

      Freitag, 16. März 1945:

      Wir fahren auf Swinemünde zu und sehen die Verheerungen der schweren Bomben. Man spricht von 50-Zentnerbomben. Ein Bild der Zerstörung und des Grauens. Die Straßen säumen zertrümmerte Treckwagen und die zerstreute Habe und tote Pferde liegen herum. Von diesem Angriff liegen die toten Opfer, (es sollen 22.000 sein) am Bahndamm, Flüchtlinge und Soldaten. Überall große Bombenkrater, Tod und Verderben, ein unbeschreiblicher Anblick. Wie durch ein Wunder sind wir davon bewahrt geblieben. Um 10 Uhr nähern wir uns dem Hafen Swinemünde. Die große Bahnfähre bringt uns ans westliche Ufer der Swine. Wir alle entfernen uns schnell von der Stätte des Grauens, aus Angst, die Bomber könnten wiederkommen. Am Abend sind wir auf einem großen Platz angekommen und nächtigen unter freiem Himmel. Über uns fliegen die Bomber der Alliierten und laden ihre Last in Berlin ab. Wir haben Angst.

      Sonnabend, 17. März 1945:

      Wir fahren weiter. Mittags machen wir Rast. Frau Schwarz wird in einer Rot-Kreuz-Baracke von einem Sohn entbunden. Nach zwei Stunden werden Mutter und Kind wieder aufgeladen. Am Abend müssen wir wieder am Straßenrand nächtigen.

      Sonntag, 18. März 1945:

      Es geht morgens wieder weiter. Das Wetter ist frühlingshaft. Wir fahren über Anklam bis an den Fliegerhorst (Tuto?/Tirto?). Bei Bauer Schön finden wir ein Quartier, das erste Quartier seit dem 4. März. Werner ist erkältet, hustet und fiebert.

      Montag, 19. März 1945:

      Wir bleiben heute in Anklam. Den Pferden werden die Hufeisen angezogen und die Wagenreifen nachgesehen. Wir hatten 3 Wochen immer draußen übernachtet. Nach 3 Wochen haben sich die Pferde das erste Mal in einer Scheune hingelegt.

      Die Pferde waren alle beschlagen und hatten Stollen, um die eisglatten Straßen bewältigen zu können. Später auf der Flucht war es schwer, neue Stollen zu bekommen, um sie auszuwechseln. Auf glatten Straßen konnten die Pferde, ohne diese Stollen, nicht richtig ziehen. Fast alle Bauern hatten hier vorgesorgt und Ersatzstollen mitgenommen.

      Dienstag, 20. März 1945:

      Wir fahren weiter, aber haben keine große Eile mehr. Die Front ist schon hinter uns. Wir hören nicht mehr die Geschütze. Wir sind im Mecklenburger Land. Wir fahren aber jeden Tag weiter westwärts. Wir müssen weiter, weil der Treck ohne Ende ist. Das Wetter ist frühlingshaft schön.

      Sonntag, 25. März 1945:

      Wir sind auf einem Bauernhof bei Ludwigslust. Die Bauersleute sind sehr unfreundlich zu uns. Wir übernachten hier auf dem Wagen.

      Montag, 26. März 1945:

      Wir fahren weiter über Ludwigslust nach Schwerin, wo wir wieder übernachten.

      Dienstag, 27. März 1945:

      Weiter geht die Fahrt von Schwerin nach Gadebusch, wo wir wieder übernachten.

      Mittwoch, 28. März 1945:

      Von Gadebusch brechen wir in der Frühe auf, um in Richtung Ratzeburg zu fahren. Dort kommen wir um die Mittagszeit an. Vor dem Dom, auf einem großen Platz, kochten wir Mittag und fahren dann weiter bis Groß Grönau, wo wir wieder übernachten.

      Donnerstag, 29. März 1945:

      Von Groß Grönau fahren wir in Richtung Lübeck weiter. Als wir schon in St. Hubertus ein Stück in Richtung Lübeck weitergefahren waren, wurden wir wieder umdirigiert und nach Westen in den kleinen Ort Wulfsdorf umgeleitet. Hier in Wulfsdorf werden wir Flüchtlinge, (ca. 10 Wagen mit ca. 50 Personen) auf die einzelnen Bauernhöfe verteilt. - So endet die neunwöchige Flucht aus Ostpreußen.

      Meine Tante fügte ergänzend hinzu:

      In Mecklenburg СКАЧАТЬ