Название: Deutsche Schicksale 1945 - Zeitzeugen erinnern
Автор: Jürgen Ruszkowski
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783847683131
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Kurz vor der Kapitulation rückten hier Anfang Mai die englischen Besatzungstruppen ein. Bei der letztmöglichen Amnestie für Jagdwaffen, die wir immer noch mit uns führten, bekam ich auf Grund meiner guten Englischkenntnisse, als ich meinen Vater zur Abgabe begleitete, vom Besatzungskommandanten ein Angebot, als Dolmetscher bei ihm zu arbeiten. Ich willigte sofort ein. Von nun an hatten wir vorerst immer genug zu essen und erhielten auch englische Zigaretten, die wir als Nichtraucher zum Tausch gegen neue Schuhsohlen oder Fahrradreifen gut gebrauchen konnten.
Am 1. August 1945 setzten wir unsere Vagabundenreise durch Deutschland auf unseren bepackten Fahrrädern in Richtung Südwesten fort, weil wir hofften, bei Verwandten nahe Kassel oder Frankfurt/Main etwas über unsere Mutter und Brüder zu erfahren. Am 4. September 1945 tauchte unsere Mutter völlig unerwartet bei unseren Verwandten in der Nähe von Kassel auf. Sie hatte in Wettmar bei Celle bei einem Forstamt Aufnahme gefunden.
https://sites.google.com/site/zeitzeugen1945/schicksale-1945/1944-pommernwall
Ragnit bei Tilsit 1944/45
Jürgen Aschmotat (†) stammt aus einem alten ostpreußischen Bauerngeschlecht und wurde im August 1940 geboren. Sein Großvater hatte den Hof in dem Ort Ragnit bei Tilsit mit viel Fleiß und Engagement groß gemacht. Der Vater hatte Agrarwissenschaft studiert, den Hof übernommen und eine Rinder- und Trakenerzucht sowie eine riesige Schweinemast mit freiem Auslauf aufgebaut. Seine Mutter war bereits, als er zwei Jahre alt war, an Nierenversagen verstorben. Jürgen verfügt über sehr gute Erinnerungen an seine frühe Kindheit und die dramatischen Ereignisse der letzten Monate des Krieges und Zusammenbruches Deutschlands. „Mein Vater war Bauernführer der Faschisten, begeisterter Luftwaffensoldat und als Nachtjäger eingesetzt. Er war bis zuletzt stolz auf seine „Heldentaten“. Mein Großvater und ich haben ihm immer wieder klarzumachen versucht, dass seine Nazipolitik Schuld daran war, dass der Familie Hof und die Heimat verloren ging. Heute wird das elterliche Anwesen von Kirgisen bewirtschaftet, die, als ich sie vor einigen Jahren besuchte, nicht einmal wussten, dass dort früher Deutsche gelebt hatten. Als der Vater als Soldat in den Krieg zog, übernahm mein Großvater wieder den Hof. Er bereitete bereits 1944 die Flucht vor der immer näher heranrückenden Ostfront vor, rüstete vier große Planwagen für die Flucht her und stattete sie mit eingeweckten Wurst- und Fleischwaren und anderen Vorräten aus, von denen wir ein Jahr lang hätten leben können und brach auch schon rechtzeitig mit uns mit dem Pferdetreck auf, kam aber nur etwa 100 Kilometer voran, weil die SS uns an der Weiterfahrt hinderte. Man glaubte immer noch fanatisch an den Endsieg. Wir wurden unterwegs zweimal von der russischen Front überrollt. Die Bilder von den brennenden Scheunen, kokelnden Häusern, herumliegenden Leichen und roten Blutlachen im tiefen Schnee sehe ich wie gestern. Wir saßen im Keller, oben brannte der Pferdestall und ich höre heute noch die vor Todesangst schreienden Kreaturen. Für 1 ½ Tage ging die Front immer hin und her, bis wieder deutsche Soldaten auftauchten und uns zur Fortsetzung der Flucht ermunterten. Mein Großvater wurde verwundet und war fortan stark behindert, die weitere Flucht aktiv mitzugestalten. Zwei französischen Kriegsgefangenen, die mehr Angst vor den Russen hatten, als wir selber, haben wir zu verdanken, dass es uns doch noch gelang, über das Frische Haff westwärts zu entkommen. In Danzig mussten wir alles stehen und liegen lassen, kamen mit Mühe und Not noch in einen Eisenbahnzug. Mein Großvater schob uns Kinder durch ein Fenster in den völlig überfüllten Waggon und auf diesem Wege kamen wir zu Verwandten nach Berlin, wo ich die Bombenangriffe der letzten Kriegsmonate erlebte. Wir wurden zweimal ausgebombt. Mit meiner Zwillingsschwester zusammen wurde ich von den übrigen Verwandten getrennt. Später verschlug es uns nach Walsrode und Bergen-Hohne in der Südheide, wo mein Vater beim Aufbau der Bundeswehr und ihrer Einrichtungen beruflich engagiert war. Er hatte immer noch die Sehnsucht nach allem Militärischen und pflegte weiterhin Kontakte zu den "alten Kameraden". Mir sind noch die "blonden Siegfrieds" von Hitlers früherer Leibstandarte in Erinnerung, die im Hause meines Vaters verkehrten.“ – Jürgen wurde Pazifist und Weltbürger.
http://seemannsschicksale.klack.org/seite9.html
Mit Pferd und Wagen von Ostpreußen bis Lübeck
Stationen einer Flucht
Abdruck mit Genehmigung durch Helmut Ramm.
Nach Aufzeichnungen seiner Tante, Frau Helene Krause, geb. Liedtke, die er für eine Internetseite zusammengestellt hat.
Die Flucht aus Romitten im Kreis Preußisch Eylau in Ostpreußen
vom 26. Januar 1945 bis 29. März 1945
Frau Krause hatte diese Aufzeichnungen in einem kleinen Heft während der Flucht und kurz danach gemacht.
Mit meinem Mann, Otto Krause, besaß ich in Romitten einen Bauernhof von 28 ha. Wir hatten neben dem Vieh vier Arbeitspferde, denen wir mit verdanken, dass wir mit unseren Wagen bis Lübeck gekommen sind.
Das erste Mal habe ich im September 1944 an eine Flucht gedacht, weil abends in aller Stille der Geschützdonner der Artillerie in der Ferne zu hören war. Die Front war im Herbst 1944 schon z. T. an die ostpreußische Grenze herangekommen. Eine Flucht zu diesem frühen Zeitpunkt war jedoch verboten, weil laut Bestimmungen derjenige Bauer Haus und Hof verlöre, welcher ohne Genehmigung der Behörden fliehen würde.
Im Oktober 1944 habe ich als Vorbereitung auf eine bevorstehende Flucht 5 Betten in Säcke gesteckt, incl. Unterbetten. Mein Mann war zu diesem Zeitpunkt (ab 25.7.1944) als Soldat in Pommern. Im Oktober 1944 kamen bereits Flüchtlinge aus dem östlichen Ostpreußen gen Westen gezogen, weil sie dort schon die Front erreicht hatte. Diese Flüchtlinge mussten wir Bauern aufnehmen. Ich habe eine Bäuerin (Frau Tiney) zugeteilt bekommen mit 10jähriger Tochter und Schwiegervater. Die Verpflegung dieser drei Menschen ging über Lebensmittelkarten und durch mitgebrachte Lebensmittel. Sie kamen mit ihrem Pferdefuhrwerk. Im Oktober 1944 bekam jeder Bauer in Romitten (es waren ca. 10 Bauern in Romitten) ein Fuhrwerk mit Flüchtlingen zur Aufnahme und Gewährung von Unterkunft zugeteilt.
Der Geschützdonner war an manchen Tagen, je nach Windrichtung, gut zu hören und ließ uns nichts Gutes ahnen. Von Oktober 1944 an habe ich wegen des Geschützdonners keine innere Ruhe mehr gefunden, und die Angst wurde immer mehr. Ich habe mir zu diesem Zeitpunkt auch schon den möglichen Fluchtweg gen Westen aufgezeichnet, obwohl wir später wegen der Russen einen ganz anderen Fluchtweg nehmen mussten. Unsere Ernte an Kartoffeln und Rüben war eingefahren und die Herbstbestellung der Felder war auch schon beendet, d. h. Roggen und Weizen waren eingesät.
Und nun harrten wir der Dinge, die da kommen würden. Die Front kam immer näher, kam aber an der Grenze zu stehen. Im November konnten wir dann keinen Geschützdonner aus der Ferne hören. Es war die Ruhe vor dem Sturm. Mit unseren 3 Flüchtlingen sind wir sehr gut ausgekommen. Es waren liebe Leute.
Im Dezember 1944 kam mein Mann von der Front zum Genesungsurlaub nach Hause. Er war im Herbst am Rücken verwundet worden und war vom 12.12. bis 27.12.1944 zu Hause. Weihnachten haben wir schon über die vermutlich bevorstehende Flucht gesprochen. Informationen darüber, wie weit der Russe vor Ostpreußen stand, haben wir von keiner Seite, auch nicht über Radio, СКАЧАТЬ