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СКАЧАТЬ Russen haben wir nie wiedergesehen. Dafür lernten wir andere Russen kennen, die uns Kinder immer nett behandelten und uns sogar manchmal Essen gaben. So lernte ich damals das russische Brot kennen, das so feucht und klebrig war, dass man es trocken essen konnte. Einige Russen konnten etwas deutsch sprechen, sie stammten meist aus der Ukraine. Sie erzählten uns von ihrem Zuhause. Manchmal weinten die ganz jungen Soldaten auch, sicher hatten sie Heimweh. Es kam auch noch vereinzelt zu Übergriffen und Vergewaltigungen an der deutschen Zivilbevölkerung, aber das waren im Juli 1945 schon Ausnahmen.

      https://sites.google.com/site/zeitzeugen1945/schicksale-1945/stettin-im-bombenkrieg

       Flucht per Treck aus Zoldekow / Hinterpommern

      Friedrich Meyer berichtet:

      Dieser Treckbericht wurde im Sommer 1945 an Hand von Tagebuchaufzeichnungen geschrieben.

      „Labes wurde gestern von den Russen besetzt. Bei Stargordt stehen Panzerspitzen im Kampf mit unseren Nachhuten. Bei Pyritz und Stargard scheint die Lage etwas gefestigt. Zwischen Reetz und Märkisch-Friedland, im Raume Kallies, sind vor zwei Tagen stärkere russische Kräfte durchgebrochen, die in Richtung Schievelbein-Regenwalde vordringen.“

      Oberleutnant Werner, der Kommandeur des dem Brückenkopf Dievenow vorgelagerten kleinen Stützpunktes Raddack, sagt es in seiner knappen, nüchternen Art auf meine Frage nach der militärischen Lage am Vormittag des 3. März 1945.

      „Ist etwas bekannt von Gegenmaßnahmen auf unserer Seite?“ „Nein! Aber es ist kaum anzunehmen, dass wir über genügend Kräfte dazu verfügen..“

      „Das bedeutet also die Aufgabe von Ostpommern bis an die Dievenow?!“

      „Ja! Wir haben den Befehl, uns auf die Brückenkopfstellung Dievenow zurückzuziehen und die Front im Abschnitt Kalkberg zu verstärken.“

      Ich verabschiede mich von dem wackeren Offizier und guten Nachbarn, um möglichst schnell nach Hause, nach Zoldekow zurückzufahren. Wie lange wird es noch unser Zuhause sein? Die militärische Lage hat sich nach dem Durchbruch der Russen bei Kallies für uns bedrohlich zugespitzt! Es muss schnell gehandelt werden, wenn das Leben der mir anvertrauten 100 Familien gerettet werden soll. Der treue Kutscher Johannes, wortkarg wie alle Pommern, fragt mich, ob wir bald trecken müssen. Ich erzähle ihm, was ich soeben in Raddack gehört habe. Er treibt wortlos die Braunen zur Eile an.

      Bald kommt Zoldekow in Sicht. In der Märzsonne leuchtet der braune Lehmboden des Schilfberges, gekrönt vom dunklen Schatten des Parks. Auf Schlag I fahren die Gespanne Dung. Es geht noch alles ganz friedensmäßig zu. Auf der Straße ziehen Treckfahrzeuge aus dem Osten. Ein gewohntes Bild seit Wochen. Ich halte beim Statthalter Potratz an.

      „Wir müssen aufhören mit Dungfahren! Alle Wagen in Ordnung bringen. Pferdebeschlag nachsehen! Wir müssen packen und unseren Treck vorbereiten!“ Im Dorf verbreitet sich mein Befehl mit Windeseile. Ein geschäftiges Treiben beginnt. Es ist aus mit der Ruhe und Beschaulichkeit. Der unerbittliche Krieg bricht in den Frieden des pommerschen Gutsdorfes ein.

      Zu Hause gleichfalls bange Fragen, klare und eindeutige Antworten und Anordnungen.

      Das Telefon klingelt. Der Amtsvorsteher in Groß-Justin will von mir die letzten Nachrichten über die militärische Lage wissen. Er ist selbst ohne Nachrichten aus der Kreisstadt Cammin. Ich berichte ihm das in Raddack Gehörte und vereinbare, dass Sonntag, der 4. März dazu benutzt werden soll, alles für den Treck vorzubereiten. Ab 18 Uhr soll alles treckbereit sein. Wir wollen dann den Treckbefehl der Kreisleitung abwarten. Falls die militärische Lage es aber erforderlich macht, wollen wir auf eigene Verantwortung den Treckbefehl geben.

      Nach kurzer Mittagsrast muss ich auf den Nachbarbetrieb Schwenz. Auch dort wird Treckbereitschaft angeordnet. Die Treckstraße für Schwenz führt über Cammin. Ich vereinbare mit den zu Treckführern ernannten Volksstürmern, dass der Schwenzer Treck sich an den Zoldekower Treck anschließen soll, da es mir fraglich erscheint, dass der Treckbefehl früh genug erteilt wird, um die Straße über Cammin noch passieren zu können. Da der Moorweg aufgeweicht ist, soll der Raupenschlepper die Fahrzeuge durchziehen.

      Zurück nach Zoldekow! Auf der Straße, die von Groß-Justin über Zoldekow nach Stresow führt, rollen in endloser Reihe Treckfahrzeuge. Leute aus Ostpreußen und dem Warthegau, die teilweise schon seit Mitte Januar unterwegs sind. Seit Wochen kommen sie bei uns bereits durch. Jeden Abend haben wir Pferde und durchfrorene, hungrige Menschen untergebracht und verpflegt. In den Strom dieser großen Völkerwanderung werden wir nun selber hineingerissen, erbarmungslos und ohne Gnade. Auch heute wieder sind lange Reihen von Treckfahrzeugen auf dem Gutshof aufgefahren. Die Pferde stehen in der Heu-Scheune und fressen sich in die großen Heubansen hinein. Auch für die hungrigen Menschen ist wieder gesorgt. Werden wir auf unserer Flucht auch immer ein freundliches Quartier bekommen?

      Es wartet noch eine Fülle Arbeit auf mich. Die einzelnen Familien werden auf die Fahrzeuge verteilt, Pferde und Fahrer bestimmt, Sonderwünsche nach Möglichkeit erfüllt, Zank und Streit geschlichtet. Zwischendurch klingelt immer wieder das Telefon. Freunde und Bekannte aus der Nachbarschaft wollen Neues wissen; sie werden unterrichtet und gewarnt. Die Gutsfrau des Nachbarbetriebes, deren Mann an der Front steht, wird verständigt, das vereinbarte Stichwort gegeben.

      Für jeden Einzeltreck wird ein Treckführer bestimmt, der die genaue Marschroute schriftlich mitbekommt. Von den von mir geleiteten Betrieben Zoldekow und Schwenz werden je ein motorisierter Treck, bestehend aus je zwei gummibereiften Treckern und vier Gummiwagen und je ein bespannter Treck zusammengestellt. Das Vorwerk „Schwenzer Brink“ treckt für sich. Für jedes Pferd sind 3 Ztr. Hafer mitzuführen. Alle überflüssigen Gegenstände müssen im Stich gelassen werden. Es gilt das nackte Leben zu retten. Betten, Kleidung und Lebensmittel sollen nach Möglichkeit mitgenommen werden. Hühner müssen als Marschverpflegung geschlachtet, Brotvorrat muss noch gebacken werden. Inzwischen ist die Nacht hereingebrochen, eine Nacht der Unruhe und Spannung.

      Sonntag früh um 7 Uhr beginnt endgültig das Verpacken der Treckwagen. Die in Zoldekow seit 1941 beschäftigten kriegsgefangenen Russen helfen treu und fleißig und mit großem Geschick bei der Herrichtung der Treckfahrzeuge. Mit Brettern und Planen werden die Wagen verschalt und abgedeckt. Dächer aus Binderplänen entstehen. Es kommt uns zugute, dass seit Wochen die Flüchtlinge aus Ostpreußen uns ihre Erfahrungen mitgeteilt haben. Das Dorf sieht aus wie ein Heerlager. An vielen Stellen werden Hühner und Gänse geschlachtet. Auch einige Schweine müssen noch daran glauben.

      Ich setze mich telefonisch mit Oberleutnant Werner in Verbindung. Die militärische Lage hat sich nicht gebessert. Der Russe drückt mit starken Kräften in Richtung Plathe nach Norden. Von Schievelbein aus sollen Panzerspitzen bis in die Gegend von Treptow vorgestoßen sein. Fern im Südosten sieht man am Horizont mit dem Glas deutlich an verschiedenen Stellen Rauchsäulen aufsteigen. Die Front rückt langsam aber sicher näher.

      Wir beschließen, noch eine Nacht in Zoldekow zu bleiben und am Montag früh abzufahren.

      Gegen Abend kommen Trecks aus der Greifenberger Gegend. Bekannte und Freunde sind darunter. Eine Frau aus Damerow bittet um ein Pferd. Der Mann ist eingezogen, vier kleine Kinder sind zu retten. Sie bekommen СКАЧАТЬ