Gösta Berling. Selma Lagerlöf
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Читать онлайн книгу Gösta Berling - Selma Lagerlöf страница 8

Название: Gösta Berling

Автор: Selma Lagerlöf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754179963

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СКАЧАТЬ auf ihnen wie ein Leichentuch, und unter seinem Schutz lassen sie das Alter Macht über sich gewinnen. In einem ungestörten Faulenzerleben stehen sie da und verfallen. Niemand benutzt sie, und doch werden sie zerstört. Einmal im Jahr tut sich die Tür des Wagenschuppens auf, wenn ein neuer Kamerad gekommen ist, der sich auf Ekeby niederlassen will, und sobald sich die Tür wieder geschlossen hat, legt sich Müdigkeit, Schlaf, Altersschwäche auch über den Neuangekommenen. Mäuse und Motten und Holzwürmer und wie sie alle heißen mögen, die Raublustigen, beugen sich über ihn, und er rostet und zerfällt in stiller, traumloser Ruhe.

      Aber jetzt in der Februarnacht läßt die Majorin die Tür weit öffnen. Beim Schein von Laternen und Lichtern läßt sie die Gefährte herausführen, die den jetzigen Kavalieren von Ekeby gehören: Beerencreutz’ altes Karriol und Örneclous wappengeschmückten Schlitten, und die schmale Kalesche, in der Vetter Kristoffer zusammenkroch. Ob es Winter- oder Sommergefährte sind, daran kehrt sie sich nicht. Sie sorgt nur dafür, daß jeder das seine bekommt.

      Und im Stall werden sie nun geweckt, alle die alten Kavalierpferde, die eben noch vor den gefüllten Krippen träumten. Einmal noch soll der Traum Wahrheit werden, ihr Sorglosen! Ihr sollt wieder das muffige Heu in den Reiseställen der Wirtshäuser fressen, sollt zittern vor der Knutenpeitsche der betrunkenen Pferdehändler und den wahnsinnigen Wettfahrten auf dem schimmernden Eis, das so glatt ist, daß ihr davor bebt, es zu betreten.

      Jetzt kommt der rechte Schick über die alten Gefährte, wenn die kleinen grauen Gebirgspferde vor einen hohen, gerippeartigen Gigg gespannt werden, oder wenn die langbeinigen, knochigen Reiterpferde vor die niedrigen Spitzschlitten geschirrt werden. Die alten Tiere schnauben und wiehern, wenn ihnen der Stangenzaum in das zahnlose Maul gelegt wird, die alten Gefährte knarren und kreischen. Jammervolle Gebrechlichkeit, die Erlaubnis hätte haben sollen, bis ans Ende der Welt in Ruhe zu schlafen, wird jetzt an das Tageslicht gezerrt; steife Knie, lahme Vorderbeine, Spat und Kropf kommen zum Vorschein.

      Den Stallknechten gelingt es aber doch, sie alle vorzuspannen. Dann gehen sie zu der Majorin und fragen, welch Fuhrwerk Gösta Berling haben soll, denn wie Gott und jedermann weiß, kam er in der Kohlenkarre der Majorin nach Ekeby gefahren.

      »Spannt Don Juan vor unsern besten Schlitten,« sagt die Majorin, »und breitet das Bärenfell und die silbernen Glocken darüber.« Und als der Stallknecht murrt, sagt sie: »Es steht kein Pferd in meinem Stall, das ich nicht hergeben würde, um den Kerl loszuwerden, müßt ihr wissen!«

      So, jetzt sind die Gefährte geweckt und die Pferde, aber die Kavaliere schlafen noch. Jetzt ist die Reihe an ihnen, in die Winternacht hinausgeführt zu werden. Aber es ist eine gewagtere Tat, sie in ihren Betten anzugreifen, als steifbeinige Pferde und alte, verfallene Wagen herauszuziehen. Sie sind kühne, starke, gefährliche Männer, abgehärtet durch Hunderte von Abenteuern. Sie sind bereit, sich bis auf den letzten Blutstropfen zu verteidigen; es ist keine leichte Sache, sie gegen ihren Willen aus ihren Betten zu holen, hinab in die Wagen, die sie von dannen führen sollen.

      Dann läßt die Majorin eine Strohmiete anzünden, die so nahe am Hofe steht, daß der Schein zu den schlafenden Kavalieren hineinleuchten muß.

       »Die Strohmiete gehört mir, ganz Ekeby gehört mir!« sagt sie. Und als die Miete in hellen Flammen steht, ruft sie: »Jetzt weckt sie!«

      Aber die Kavaliere schlafen hinter wohlverriegelten Türen. Die Volksschar draußen stößt diesen fürchterlichen, schreckeinflößenden Ruf: »Feuer! Feuer!« aus. Aber die Kavaliere schlafen.

      Der schwere Hammer des Schmieds donnert gegen die Tür, aber die Kavaliere schlafen.

      Ein hartgepreßter Schneeball zertrümmert die Fensterscheibe, fährt in das Zimmer und prallt gegen den Bettvorhang, aber die Kavaliere schlafen.

      Sie träumen, daß ein schönes Mädchen ihnen ihr Taschentuch zuwirft, sie träumen von Beifallssalven hinter dem herabgelassenen Vorhang, sie träumen von munterem Lachen und dem polternden Lärm mitternächtlicher Gelage. Ein Kanonenschuß vor ihrem Ohr, ein Meer von eiskaltem Wasser gehört dazu, um sie zu wecken. Sie haben getanzt, musiziert, gesungen und Komödie gespielt. Sie sind schwer von Wein, todmüde, und sie schlafen einen Traum so tief wie den Schlaf des Todes.

      Dieser gesegnete Schlaf wäre fast ihre Rettung geworden. Die Knechte fangen an zu glauben, daß diese Stille eine Fahrt in sich birgt. Wie, wenn es bedeutete, daß sie, die Hand am Gewehr, auf der Wache hinter Fenster und Türen stehen, bereit, den ersten, der eintritt, niederzuschießen! Sie sind schlau und streitbar, diese Männer; etwas müssen sie mit ihrem Schweigen beabsichtigen. Wer kann von ihnen glauben, daß sie sich überrumpeln lassen wollen wie ein Bär in seiner Höhle?

      Die Leute brüllen: »Feuer! Feuer!« Einmal über das andere, aber es hilft nichts.

      Da, als alle andern zittern, ergreift die Majorin selbst eine Axt und sprengt die Außentür. Dann läuft sie allein die Treppe hinauf, reißt die Tür zum Kavalierflügel auf und brüllt: »Feuer!«

      Das ist eine Stimme, die besseren Widerklang in den Ohren der Kavaliere findet als das Gebrüll der Knechte. Gewohnt, dieser Stimme zu gehorchen, stürzen auf einmal zwölf Männer aus den Betten, sehen den Schein des Feuers, reißen die Kleider an sich und stürzen die Treppe hinab, hinaus auf den Hof.

      Aber am Tor stehen der große Schmied des Gutes und zwei handfeste Müllerknechte, und nun kommt eine große Schande über die Kavaliere. Nach und nach, so wie sie herunterkommen, werden sie gepackt, niedergeworfen, an Händen und Füßen gebunden und dann ohne weiteres ein jeder nach dem Gefährt getragen, das für ihn bestimmt war. Niemand entkam. Sie wurden alle gefangen. Beerencreutz, der barsche Oberst, ward gebunden und abgeführt, ebenso Kristian Bergh, der starke Hauptmann, und Onkel Eberhard, der Philosoph. Selbst der unüberwindliche Gösta Berling ward gefangen. Der Anschlag der Majorin war geglückt, sie ist doch größer als alle Kavaliere.

      Jammervoll sind sie anzusehen, wie sie da mit gebundenen Gliedern in den alten, wackligen Gefährten sitzen. Mit hängenden Köpfen und schielenden Blicken sitzen sie da, und der Schloßhof hallt wider von Flüchen und wilden Ausbrüchen ohnmächtigen Zornes.

      Aber die Majorin geht von dem einen zu dem andern. »Schwöre,« sagt sie, »daß du niemals nach Ekeby zurückkehren willst!«

      »Reite du nach dem Blocksberg, du Hexe!«

      »Schwöre!« sagt sie, »oder ich werfe dich wieder in den Kavalierflügel, gebunden, wie du bist, dann kannst du mit ihm zusammen verbrennen, denn über Nacht brenne ich den Kavalierflügel ab, daß du das nur weißt!«

      »Das darf Frau Majorin nicht!«

      »Ich es nicht dürfen? Gehört Ekeby nicht mir? Du Schurke! Glaubst du, ich wüßte es nicht mehr, wie du auf der Landstraße nach mir gespien hast? Wenn dir recht geschähe, so ließe ich dich und euch alle gleich verbrennen! Hast du deine Hand zu meiner Verteidigung erhoben, als ich aus meinem Heim vertrieben wurde? Schwöre!«

      Und die Majorin steht da so schreckeinflößend, obwohl sie sich vielleicht zorniger anstellt, als sie ist, und da stehen so viele Männer mit großen Äxten um sie herum, daß sie gezwungen sind, zu schwören, damit nicht ein noch größeres Unglück geschieht.

      Aber während dies alles vor sich gegangen, ist die Zeit verstrichen, und Marianne hat Sjö erreicht. Der Major war ein Frühaufsteher, sie traf ihn im Hofe, wo er seinen Bären das Frühmahl gereicht hatte. Er machte nicht viele Worte, legte aber seinen Bären sofort Maulkörbe an, führte sie hinaus und eilte nach Ekeby.

      Marianne folgte ihm. Sie war nahe daran, vor Erschöpfung umzusinken; da aber sah sie einen Feuerschein am Himmel, und eine namenlose СКАЧАТЬ