Название: Kind des Lichtes
Автор: Kerstin Wandtke
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742779953
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„Gut, du redest nicht mit jedem,“ meinte er resigniert, „das kann ich verstehen, ich mache das auch nicht, aber verrate mir doch wenigstens deinen Namen.“
Sie sah in verunsichert aber nicht unfreundlich und mit leicht schrägehaltendem Kopf an, blieb aber auch weiterhin stumm. Er betrachtete sie. Sah in ihr schönes, kleines Gesicht, bekämpfte dabei seine wilde Neugier und zuckte dann schließlich nur mit seinen Schultern.
„Nun denn, belassen wir es vorerst dabei, vielleicht reden wir später.“
Die Abenddämmerung wich langsam der Nacht und es wurde kälter in der kleinen Höhle, so das beide dichter ans Feuer rückten um sich zu wärmen. Raven besaß als Proviant Dörrfleisch und einige der kleinen, harten Äpfel, die im Norden wild wuchsen. Beim gemeinsamen Mahl betrachtete er sie etwas eingehender. Sie war ungewöhnlich, etwas wie sie war ihm noch nie zu Gesicht gekommen und er war schon weit gereist und hatte viel gesehen. Irgendwie war sie halb Mensch, halb Elf. Dennoch hatte sie auch etwas Fremdes an sich, ihre sonderbar leuchtenden Augen, wie aus einer anderen Welt. Sie steckte für ihn voller Rätsel, denn zwischen Menschen und Elfen gab es seines Wissens nach keine Verbindungen, die ein Wesen wie sie wachsen ließen. Zudem lebte das Elfenvolk viel weiter südlich, an den warmen Küsten des großen Meeres. Dennoch ähnelte sie einer Elfe auf verblüffender Weise und er war von ihrem zarten Anblick seltsam berührt. Zum ersten Mal in seinem Leben spürte er, das er auf etwas Neues, etwas Ungewöhnliches gestoßen war und das kleine, helle Mädchen begann ihn zu faszinieren. Vielleicht hatte mit ihr seine unruhige, quälende Suche nun endlich ein Ende gefunden. Die ganze restliche Nacht, während sie unruhig schlief, beobachtete er sie. Es bedrängten ihn viele offene Fragen, wo zum Beispiel ihre Wurzeln lagen und was sie mitten im Winter allein und halbnackt durch die Berge trieb und er beschloss, dies herausfinden zu wollen. Gegen Morgen dachte er, sie vorerst mitzunehmen, wenn sie es denn wollte. Nur so würde er, wie er sich erhoffte, Antworten auf seine Fragen erhalten. Sie machte auf ihn einen hilflosen, einen zurückgelassenen Eindruck, doch sie schien freundlich und entgegenkommend zu sein und, bei den alten Göttern, sie war wunderschön.
Am anderen Morgen betrachtete er sie, nochmals überlegend, und fragte sie schließlich ob sie ihn begleiten wolle. Raven wunderte sich ein wenig über seine erfreute Reaktion als sie, nach langer Überlegung ihrerseits, ihn anblickte und schließlich nur kurz nickte. Nachdem sie den Rest des Fleisches gegessen hatten, reichte er ihr seine Wechselkleidung und verließ dann die kleine Höhle, damit sie sich anziehen konnte.
Er stand draußen auf dem kleinen Plateau vor der Höhle, und sog die frische, kalte Luft tief in seine Lungen. Der Morgen war wieder klar, der Sturm des Abends vorbei und die ersten Sonnenstrahlen glänzten hell auf dem neuen Schnee, der das ganze Tal unter ihm bedeckte. Er fühlte sich stark und lebendig und freute sich seid langem wieder auf den weiten Flug nach Süden. Kurze Zeit nach ihm trat sie aus der Höhle und als Raven sich umwandte, musste er laut Auflachen, ihres Anblicks wegen. Sie erschrak, wich zurück und sah ihn sehr misstrauisch an.
„Nein, nein, du musst keine Angst haben,“ er hob beschwichtigend seine Hände und unterdrückte einen erneuten Anfall, „aber, wenn du dich sehen könntest.......,“ wieder musste er Lachen und sie sah mit Unverständnis im Blick zu ihm auf. Sie war so klein und verschwand dabei völlig in seiner Kleidung. Die Hose, die Weste, der Fellüberwurf, alles schlotterte an ihr, war ihr viel zu groß.
„Warte,“ meinte er, immer noch lachend, „ich werde dir helfen.“
Er betrat erneut die Höhle und kramte in seinen Taschen nach Lederbändern und seinem Messer, um ihr, wieder draußen, seine Kleidung zu kürzen und ihr mit den Bändern etwas mehr halt zu geben. Die Reste des Fellüberwurfs band er um ihre kleinen, weißen Füße und als er sich wieder erhob, er war mit dem Ergebnis seiner Arbeit sehr zufrieden, lächelte sie ihn zum ersten Mal freundlich an.
„So, fertig,“ Raven sah erstaunt zu ihr herab, sie schien zu Leuchten, wenn sie so lächelte, „bist du bereit, kann es losgehen?“ Sie sah zu ihm auf, nickte und begann dann schnell und geschickt ihr langes Haar zu einem dicken Zopf zu drehen, der ihr anschließend, mit den Resten der Bänder zusammengehalten, bis zur schmalen Hüfte fiel. Anschließend packten beide ihre Habseeligkeiten zusammen, löschten das Feuer und traten zum letzten Mal auf das Plateau. Er würde mit ihr fliegen müssen, wie Leute seines Volkes mit ihren Kindern flogen, und er überlegte kurz, ob sie dies wohl zulassen würde.
„Warte,“ Raven löste seinen dicken, schweren Gürtel von seiner Taille, „du wirst dich in der Luft sonst nicht lange halten können. Dafür ist es zu kalt, und ich muss meine Hände freibehalten. Möchtest du nach oben sehen oder die Landschaft betrachten?“
Er sah sie hoffend und abwartend an. Sie überlegte nur kurz und trat dann so auf ihn zu, das sie sich gegenüberstanden.
„Gut,“ meinte er, ging freudig in die Knie und band sie mit dem Gürtel fest an sich. Ihre Nähe, ihr Geruch, sie machte ihn nervös und er versuchte, sich auf den bevorstehenden Flug zu konzentrieren. Als er sich wiederaufrichtete, hing sie, wie seine Taschen auch, fest an ihm verschnürt und er ging zum Rand des Plateaus.
„Halte dich fest und habe Vertrauen,“ flüsterte er ihr zu, jetzt ihre Angst fühlend, breitete danach seine großen, ledernen Schwingen aus und stürzte sich dann mit ihr in die Tiefe. Er fing sich mühelos ab, sie wog fast nichts, und rauschte mit ihr erst segelnd über die Wipfel der schneebedeckten Bäume, um danach mit mächtigen Flügelschlägen langsam an Höhe zu gewinnen. Sie klammerte sich ängstlich zitternd an ihn, und er fürchtete dadurch schon um seine Fassung.
„Sieh mich an, kleine Fee.“ Langsam hob sie den Kopf und öffnete die Augen.
„Es wird dir nichts passieren, das verspreche ich dir, aber bitte, klammere dich nicht so fest.“ Daraufhin entspannte sie sich ein wenig und auch Raven ging es nun etwas besser, obwohl ihr Zauber ihn immer weiter gefangen nahm. Um sich etwas von ihr abzulenken, hielt er den Blick stur nach unten, um nach Leuten, Häusern oder Vieh Ausschau zu halten, denn irgendwo her musste sie schließlich kommen. Doch nichts dergleichen bekam er zu sehen, und gegen Mittag gab es er auf.
Die schneebedeckte Landschaft unter ihnen war Atemberaubend, doch nichts deutete auf Menschen oder anderes Leben hin, außer einigen mageren Rehen, von denen er eines im Flug packte und schnell in der Luft tötete. Sie flogen den ganzen Tag hindurch, und er begann am Nachmittag wieder nach einem Lagerplatz für die Nacht zu suchen und fand später eine kleine Lichtung im Wald. Keine Höhle, aber besser als nichts. Raven landete sehr vorsichtig da sie jetzt schon seid geraumer Zeit fest schlief. Er legte sie sanft zu Boden und bereitete so schnell er konnte das Lager, um sie dann in die wärmenden Felle zu betten. Sie schlief unter seinem wachen Blick bis zum Abend und als sie dann erwachte, brannte ein Feuer und darüber hing das magere Reh. Er saß am Feuer und schnitzte, als sie sich schlaftrunken die Augen rieb. Erfreut blickte er sie an.
„Du hast lange geschlafen, kleine Fee, bist du hungrig?“ Sie gähnte, streckte sich ausgiebig und nickte ihm danach immer noch etwas müde zu.
„Das ist gut, denn dieser prächtige Braten wäre für einen allein sowieso viel zuviel,“ meinte er grinsend und sie lächelte verschlafen zurück. Er erhob sich, ging zum Feuer und gab ihr danach ein großes Stück vom Reh. Sie aßen schweigend, und er fühlte sich seid sehr langer Zeit wieder wohl. Normalerweise banden sich die Männer seines Volkes nicht an eine Frau. Aber ja, sie hatten Frauen, und wo immer sich die Gelegenheit bot, teilten sie mit ihnen die Wonnen, was bei Menschenweibern oft deren Tot zur Folge hatte. Sein Volk war in vielerlei СКАЧАТЬ