Название: Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43
Автор: Friedrich Gerstecker
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: maritime gelbe Buchreihe
isbn: 9783753191874
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Als die Sachen unserer Reisegesellschaft genau durchgesehen wurden, fand sich noch mehr Unrat, als man erwartet hatte, und müde, länger in dieser ekelhaften Umgebung zuzubringen, gingen wir fünf auf ein Dampfboot, das morgens um neun Uhr von Staten Island nach New-York abging, welche Strecke von zwei Meilen es in einer halben Stunde zurücklegte.
Zuviel war da von neuen, nie gesehenen Herrlichkeiten zu schauen, als dass das Auge hätte lange auf einer Sache weilen und sich dieselbe einprägen können. Als ich kaum glaubte, dass wir abgefahren waren, hielt das Dampfboot schon, und vor uns lag das ungeheure Häusermeer New-York, von einem Mastenwalde begrenzt.
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Kapitel drei – Streifzug durch die Vereinigten Staaten – New-York
Kapitel drei – Streifzug durch die Vereinigten Staaten – New-York
Kaum landete das Dampfboot, als sich eine Unmasse von Karrenführern zu uns drängte, die alle sehr bereitwillig sich anboten, unsere Sachen an den Ort ihrer Bestimmung zu liefern. Wir wählten zwei von ihnen, die unsere Koffer und Kisten aufluden, wofür wir zusammen einen Dollar bezahlen mussten; doch hatten sie dieselben ein ziemliches Stück Weges zu fahren. Der Karren, dessen sich diese Leute bedienen, ruht auf zwei Rädern, und zwar so, dass, wenn aufgeladen wird, der hintere Teil auf die Erde hinunterreicht, damit schwere Waren mit größtmöglicher Leichtigkeit hinaufgewälzt oder gerollt werden können. Zllr., der schon früher einmal in New-York gewesen war, empfahl uns das Schwarzische Wirtshaus (boarding house), und wir zogen also dahin. Eine schmutzigere Wirtschaft war mir aber noch nicht vorgekommen, als bei der alten Madame Schwarz; denn noch jetzt erfasst mich ein Ekel, wenn ich an die von Wanzenblut geblümten Betten denke.
Natürlich war ich die ersten Tage nicht viel im Hause, sondern schlenderte durch die breiten, herrlichen Straßen New-Yorks und bewunderte mehrere, wirklich prachtvolle Gebäude darin. Was mich aber am meisten ansprach, war die Unzahl von Schiffen, welche um die ganze Stadt, die bekanntlich auf einer Insel liegt, eins an das andere gereiht waren, so dass das ganze ungeheure New-York einen Hafen bildet. Damals lagen ungefähr fünfzehnhundert größere und kleinere Schiffe um die Stadt herum. Ganz entzückt war ich auch im Anfange von dem Überfluss an Südfrüchten, der hier herrschte. In allen Straßen waren Wagen voll Ananas, Orangen und Kokosnüsse; die schönsten Ananas wurden zu zwei und vier guten Groschen das Stück verkauft.
Ich war ein paar Stunden gelaufen und wollte eben wieder nach unserem Wirtshause zurückkehren, als der sonderbarste Zug, den ich in meinem ganzen Leben gesehen habe, um eine der Straßenecken bog. Es war der Begräbniszug eines armen Irländers.
Das erste im Zuge war ein großer, viereckiger Leichenwagen mit schmutzigem, einst schwarz gewesenem Zeuge behangen. Oben auf dem Vorderteile des Wagens war ein Sitz für den Leichenkutscher angebracht. Auf diesem Sitze befand sich dieser auch, aber in einer nichts weniger als traurigen Haltung. Den linken Fuß auf das rechte Knie gelegt und den linken Ellbogen auf das linke Knie gestützt, saß er da oben, in einem blauen, abgeschabten Frack, mit herunterhängender Hutkrempe und einst weiß gewesenen Beinkleidern; zu gleicher Zeit kaute er in größter Behaglichkeit an einem Apfel, den er in den linken Hand hielt, während er mit der rechten den Pferden dann und wann einmal einen Hieb versetzte, sie zu stärkerem Schritte anzutreiben. Den Zügel hatte er sich um das linke Knie geschlungen. Hinterher kamen sechs zweirädrige Karren, sogenannte drays und von derselben Art, wie sie zum Fortschaffen der Frachtgüter gebraucht werden. Auf jedem saßen zehn bis zwölf „Leidtragende“, und zwar so, dass sie, mit dem Rücken gegeneinander gekehrt, die Beine rundherum heraushängen ließen, Männer und Frauen alle durcheinander, in die hellsten und grellsten Farben gekleidet, essend, trinkend und lachend. Es war wirklich, wenig zu sagen, ein originelles Begräbnis. Überhaupt bot sich mir, wohin ich auch kam, so viel des Neuen und Wunderbaren, dass ich Stunden brauchte, aus einer Straße in die andere zu kommen, und es war spät am Abend, ehe ich mein Kosthaus wieder erreichte. Immer, wenn ich endlich gehen wollte, kam mir dies und jenes dazwischen, und so verging eine Stunde nach der anderen.
In meiner Wohnung angekommen, fand ich meine Reisegefährten vor, und es lässt sich denken, dass wir uns sehr viel zu erzählen hatten. Als wir endlich, es war zwölf Uhr, zu Bette gehen wollten, schallte es „Fire, fire, fire!“ durch die stillen Gassen. Ich sprang auf und schaute aus dem Fenster, da bemerkte ich, dass der Himmel gerade über den gegenüberstehenden Häusern glutrot war.
Da ich noch angezogen war und keiner der übrigen mitgehen wollte, so sprang ich allein die Treppe hinunter und dem hellen Scheine zu. Eine Straße nach der anderen eilte ich hinab – immer stand der Schein fast dicht vor mir; endlich, nachdem ich wohl dreiviertel Stunden gelaufen war, kam ich zur Brandstätte. Es war ein kleines hölzernes Gebäude, das ganz in Flammen gestanden hatte, aber noch nicht niedergebrannt und von den herbeigeeilten Spritzen schon gelöscht war. Ich kam eben noch zur rechten Zeit, das letzte Verglimmen des Feuers mit anzusehen.
Es waren mehrere Deutsche unter den zum Brande geeilten Leuten, und ich fragte jetzt einen von ihnen, wie weit ich bis zu meiner Wohnung in Pearlstreet hätte. Zu meinem Schrecken erhielt ich die Antwort, dass ich mehr als zwei englische Meilen von meinem Bette entfernt sei. Der Mann versicherte mir auch, dass, wenn ich nach jedem Feuer in New-York laufen wollte, ich sicher die ganze Nacht weiter nichts zu tun hätte, da es selten wäre, dass es weniger als zweimal die Nacht brenne, ein Feuer aber regelmäßig alle vierundzwanzig Stunden sei. Ich fand auch seine Worte vollkommen bestätigt, denn nach wenigen Stunden brannte es noch einmal, und während der ganzen drei Monate, die ich in New-York zubrachte, erinnere ich mich nur weniger Nächte, die ohne Feuerlärm vorübergingen. Die Löschanstalten sind übrigens hier vorzüglich, und die angesehensten Bürger gehören zu den Feuerwehrleuten; auch die Spritzen sind höchst elegant und geschmackvoll aus Messing und Stahl gearbeitet und werden von den Menschen selber gezogen. Wie unähnlich sind sie unseren alten roten Donnerkästen, bei denen es eine halbe Stunde dauert, ehe nur die Pferde ins Geschirr kommen.
Acht Tage waren mir in New-York so rasch vergangen, dass ich glaubte, ich sei kaum zwei dort, und ich hatte viele Deutsche in der kurzen Zeit kennen gelernt.
(Siehe Band 142 in dieser gelben Buchreihe: Rudolf Cronau: Die deutschen Einwanderer in Amerika)
Der Aufenthalt im Wirtshause war mir unerträglich geworden, denn keine Nacht konnte ich schlafen. Ich legte mich im wahren Sinne des Wortes bloß aufs Bett, um die Wanzen zu füttern.
Durch einen Braunschweiger wurde ich mit einer deutschen Familie bekannt, zu der ich zog und für Kost und Logis wöchentlich 3 Dollars zahlte. Es war damals ungefähr der gewöhnliche Preis. Die Wäsche, für die ich 4 Cents (20 Pfennig) das Stück gab, musste besonders vergütet werden.
Ich war mit der Absicht nach New-York gekommen, mich von dort aus nach Vera-Cruz einzuschiffen, hörte aber über die mexikanischen Verhältnisse so viel Ungünstiges, dass ich zuerst unschlüssig wurde und endlich, als mehr und mehr Leute mir den unruhigen, ungewissen Zustand des mexikanischen Reiches schilderten und mich als neuen Ankömmling warnten, dahin zu gehen, mir die Sache ernstlich überlegte und beschloss, mir erst die Vereinigtes Staaten recht ordentlich anzusehen, ehe ich mich nach anderen Ländern wendete.
Besser schienen mir die Aussichten im Lande selbst zu sein. Ein junger Farmer von Illinois, den ich in New-York sprach, sagte mir, dass es für einen Landmann leicht sei, dort eine Pachtung zu bekommen, d. h. eine Pachtung im amerikanischen Sinne des Worts, wo der Pächter ein Stück „geklärtes“ Land mit den dazu gehörigen Gebäuden erhält, dasselbe bearbeitet, wozu der Eigentümer größtenteils das Handwerkszeug liefert und dafür den dritten Teil der Ernte abgibt; zugleich versicherte er mir noch, dass zwei Mann recht bequem sechzig Acker besorgen könnten. Freilich verschwieg er, dass dies mit dem amerikanischen Landbau ganz СКАЧАТЬ