Das Halsband. Hedwig Courths-Mahler
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Название: Das Halsband

Автор: Hedwig Courths-Mahler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754181959

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      Mit glücklichem Gesichte schaute die alte Dame hinter ihnen her. Ein tiefer Atemzug hob ihre Brust. Wie traut und schön war es, wenn Susanne nicht dabei war.

      Sie erschrak über diesen Gedanken, aber zu bannen vermochte sie ihn nicht.

      Am See lagen zwei Ruderboote und eine kleine Segeljacht. Zu Lothars heller Freude entschloß man sich zu einer Segelfahrt. Joachim half seiner Mutter sorglich beim Einsteigen und hüllte sie in ein warmes Tuch. In glücklichster Stimmung, wie Kinder, die Ferien haben, fuhren sie über den See dahin.

      Als sie nach einer Stunde zum Landungsplatze zurückkehrten, stand Lothars Hauslehrer auf dem Stege. Kandidat Wetzel war ein sympathischer, frischer junger Mann, dem man es nicht anmerkte, daß er sein Studium hindurch gehungert hatte. Er wurde von Graf Joachim und Gräfin Thea als zielbewußter Erzieher und tüchtiger Lehrer sehr geschätzt. Mit Lothar stand er auf einem sehr guten, fast kameradschaftlichen Fuße. Herr Wetzel hatte die einträgliche Hauslehrerstelle angenommen, um sich die Mittel zu weiterem Studium zu verdienen. Er sollte Lothar bis zum Abiturium unterrichten, also noch mindestens vier Jahre in Wildenfels bleiben. Ohne dazu aufgefordert zu werden, legte er bei der Landung des Segelbootes hilfreiche Hand an. Graf Joachim und Gräfin Thea begrüßten ihn.

      »Wollen Sie auch eine Wasserfahrt machen, Herr Kandidat?« fragte Lothar.

      »Ja, ich möchte ein Stündchen rudern.«

      »O — da helfe ich mit. Darf ich, Papa?«

      »Wenn dich der Herr Kandidat mitnehmen will?«

      »Sehr gern, Herr Graf.«

      »O — fein. Kommen Sie, Herr Kandidat, wir machen das Boot los. Adieu Papa, adieu Großmama!« rief Lothar. Er sprang in das Ruderboot, welches zunächst lag, der Kandidat folgte. Gleich darauf ruderten sie davon. Graf Joachim und seine Mutter blieben noch ein Weilchen stehen und sahen dem Boote nach.

      Dann gingen sie langsam nach dem Schlosse zurück. Sie sprachen über den Kandidaten und lobten seine prächtige Art, mit Lothar umzugehen.

      »Susanne mag ihn seltsamerweise nicht leiden, ich verstehe das nicht,« sagte Joachim im Laufe des Gesprächs. Gräfin Thea lächelte fein.

      »Sie behauptet, er habe demokratische Ansichten und fürchtet, daß er Lothar in dieser Hinsicht beeinflußt.«

      Joachims Gesicht überflog ein Schatten. »Meine Frau ist in dieser Beziehung sehr kleinlich. Uebrigens gefällt mir gerade der leise demokratische Einschlag des Kandidaten. Ich wünsche nicht, daß Lothar sich dem Einflusse seiner Zeit entzieht. Viele unserer Standesgenossen sind noch rückständig. Ich fühle, daß wir am Anfange einer Zeit stehen, in der nur das gilt, was ein Mensch ist und leistet, nicht der Zufall seiner Geburt.«

      »Du magst wohl recht haben. Freilich — dein Vater hätte solche Ansichten nicht hören dürfen.«

      Auf Joachims Stirn zeigten sich Falten des Unmuts.

      »Vater war ein starrer Anhänger der alten Schule, er glaubte an die Rechte der bevorzugten Geburt. Aber wir sind auch nur Menschen. Und es ist mir sehr lieb, daß Lothar eine freiere Auffassung vom Leben erhält, als ich. Jedenfalls habe ich dafür gesorgt, daß Wetzel Lothars Erziehung in der Hand behält, bis er die Universität besucht. Sein Kontrakt bindet ihn und uns.«

      »Und du willst, daß Lothar Jura studiert?«

      Joachim zuckte die Achseln.

      »Susanne will ihn unbedingt zum Diplomaten machen. Ihr Ehrgeiz sieht ihn schon in den höchsten Aemtern des Landes.«

      »Und du, Joachim?«

      Er lächelte wehmütig.

      »Ich habe diesen Ehrgeiz nicht, Mama. Aber daß Lothar ein ernstes Studium zu Ende führt, ist auch mein Wunsch. Und er selbst hat Lust dazu. Was später aus ihm wird, darüber soll er selbst entscheiden. Teilt er den Ehrgeiz seiner Mutter — nun, so mag er in das diplomatische Korps eintreten. Begnügt er sich aber damit, schlecht und recht, wie ich, seinen Kohl zu bauen — dann steht ihm auch das frei.«

      »Hast du niemals den Wunsch gehabt, daß er Offizier werden möge?«

      »Nein. Ich selbst bin nur auf Vaters Wunsch Soldat geworden und nach seinem Tode zog ich mit einem Gefühl der Befreiung den bunten Rock aus. Hätte Lothar Lust gehabt, Offizier zu werden, so hätte ich ihn nicht gehindert. Irgend einen Zwang würde ich nie ausüben. Ich weiß, wie man an Leib und Seele verkümmert, wenn man immer unter Druck gehalten wird.«

      Die letzten Worte klangen sehr bitter. Gräfin Thea legte ihre Hand auf seinen Arm und sah ihn bekümmert an.

      »Joachim!«

      Er zog die Hand an seine Lippen und küßte sie. Trübe sah er in das gütige Frauenantlitz.

      »Ja, Mutter — ich bin ein erbärmliches Menschenkind geworden — durch Anlage und Erziehung. Nein — sieh mich nicht so bang und traurig an. Du hast wahrlich getan, was du konntest, um meine Seele frei zu machen. Aber du und ich — wir waren zu schwach. Vaters eiserner Wille hielt uns fest.«

      »Joachim — du bist unglücklich, ich weiß es längst. Susanne ist nicht die Frau, die du brauchtest. Ich habe mich gesträubt gegen diese Verbindung — aber es half alles nichts.«

      »Mache dir darum keine Sorgen, Mutter. Ob Susanne oder eine andere — ich wäre doch nicht glücklich geworden. Als ich mich verheiratete, war es schon zu spät — da war mein Leben schon zerstört.«

      Seine Mutter seufzte tief auf.

      »Ich habe es geahnt, mein Sohn — du weißt, ich fragte dich oft, ob du mir nicht anvertrauen wolltest, was dich drückt und quält. Willst du es auch heute noch nicht tun?«

      Joachims Gesicht zeigte einen gequälten Ausdruck.

      »Nein — ich kann nicht — laß mich — damit muß ich allein fertig werden. Vielleicht — vielleicht erfährst du es aber doch noch eines Tages — jetzt aber laß uns davon schweigen.«

      »Ich möchte dir so gern helfen, mein Sohn.«

      »Es könnte sein, ich nähme dich eines Tages beim Worte.«

      »Tue es, du sollst mich stark und willig finden zu allem, was dir Frieden schaffen kann.«

      Wieder führte er ihre Hand an seine Lippen. Im Schlosse angekommen, zog sich Joachim in seine Zimmer zurück. Seine Mutter sah ihm bekümmert nach. Nun würde er wieder ruhelos auf und ab wandeln wie so oft.

      Sie seufzte tief und schwer. — — —

      Zum Abendessen fand sich Joachim in dem kleinen Speisesaale ein, der neben der großen Halle lag. Hier nahm die Familie des Grafen die Mahlzeiten ein, wenn keine oder nur wenige Gäste anwesend waren.

      Joachim sah bleich und abgespannt aus. Er zwang sich mühsam, an der Unterhaltung teilzunehmen. Die Anwesenheit des Kandidaten, der stets seinen Platz neben Lothar hatte, ließ ein vertrauteres Gespräch nicht aufkommen. Es war schwül und drückend heiß. Ein Gewitter lag in der Luft.

      Nach Tische ging man hinaus auf die Terrasse. СКАЧАТЬ