Название: DIE ANKUNFT
Автор: Michael Wächter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die Raumsiedler von Puntirjan
isbn: 9783742734617
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„Genau! Feiern wir, dass wir uns weiter treiben lassen können zum Ziel! Unser Ziel ist eine ganz neue Welt!“
Der Bordrat stimmte zu. Schon bald war ein Buffet angerichtet. Flugechsen, Ravrokylen und Tringo-Früchte aus dem Versorgungsdepot, und dazu sogar eine Runde Krøg-Punsch an die Besatzung. Es wurde ein einen Unterhaltungsfilm über die große Holo-Videowand im Speise- und Versammlungsraum gezeigt, aber schon am Abend hatte sich die alte, wortkarge Stimmung wieder eingeschlichen. Tüngör hatte den Nachmittag am Tisch mit Jens und Ma-Ting Coqey verbracht, seiner Gefährtin. Sie machte sich als Schiffsversorgungsoffizier SVO Sorgen: Die Nahrungsmittelproduktion der Altakolia I lief zwar gut, aber der letzte Rest der vor dreißig Annus eingelagerten heimischen Lebensmittelkonserven und Getränke ging zur Neige. Es gab Begehrlichkeiten in Bezug auf diese speziellen Feinkost-Rationen in den Depots und Tiefkühlkammern, trotz des heutigen Festbüffets.
Tüngör flog an diesem Abend mit Jenis und seiner Gefährtin nachdenklich heim. Tüngör fand seine Frau Scharla schon schlafend vor, und auch Tochter Jauke schlief in ihrer Kabine.
Tüngör hockte sich neben Scharla und versuchte zu schlafen. Doch zuviel ging ihm durch den Kopf. Diese letzten Reste originalverpackter, puntirjanischer Gewürze. Sie konnten auf der Altakolia nicht produziert werden. All diese nicht nachwachsenden Spezialitäten waren nun fast aufgebraucht. Und Reserven davon im Depot aufzufüllen, das ging natürlich erst in ein paar Annus, bei der Ankunft an den vorab im Altakolsystem eingerichteten Orbital-Depots. Das musste zu einem Engpass an Bord führen – kein lebensbedrohlicher Zustand, aber ein zu knappes Angebot. Das hatte natürlich eine Steigerung der Nachfrage zur Folge, möglicherweise ins Unermessliche – nicht nur einen Boom, sondern eine Gier. Diese Begehrlichkeiten könnten sogar den sozialen Frieden an Bord stören, da hatte Jenis Recht. Und im Zentrum dieser Begehrlichkeiten stand Güngör, sein großer, alter Stiefbruder. Er war Versorgungsdepot-Offizier, der VDO. Und er war genussfreudig, korpulent und trank gerne einen über den Durst. Tüngör sorgte sich, dass Gugay zur Zielscheibe von Kritik und Misstrauen werden könnte. Er nahm sich vor, morgen mit ihm über seinen Job als Versorgungsdepotoffizier zu reden, noch bevor SVO Ma-Ting Coqey es aus dienstlichen Gründen tun musste.
Dann döste er ein. Er träumte. Er schwebte durch die heimischen Regenwälder auf Puntirjan. Er sah Gugay, wie er unter einem Tringo-Baum saß und von einer der Früchte kostete. Einer magischen Frucht. Plötzlich verwandelte Gugay sich in seinen damaligen Widersacher, den sarkarischen Provinzgouverneur Arfazzu Aru. Er fraß alle puntirjanischen Feinkostreserven leer, die es noch im Proviantkorb gab. Dann die im Depot, in seinen Tiefkühlkammern und den Regalen. Jenis und seine Ma-Ting mussten ihn daraufhin inhaftierten. Er, Tüngör, musste Gugay-Aru bewachen. Er saß vor der Arrestzelle und schlummerte ein.
Als Tüngör wieder wach wurde, war die Arrestzelle weg. Scharla Fisca, sein Schatz, lag neben ihm. Sie schlief noch immer. Sie hatte ihren freien Tag. Es war Morgen, und sein Dienst wartete nicht. Hastig erhob er sich, zog sich an und eilte an seinen Arbeitsplatz, die Funkstation, zu der die Sensationsmeldung der Landesonde unterwegs war.
Der Komet, der einst das Eisfragment mit dem Dschersi-Modul und der Neodymschraube aus Puntirjan aufgenommen hatte, erreichte das innere Sonnensystem. Der große Gasplanet, den die Menschen Jupiter nannten, hatte ihn dorthin umgelenkt. Von der Erde aus gesehen schoss der Komet daher relativ nahe und schnell hinter der Sonne vorbei. Dabei entwickelte er einen hell leuchtenden Schweif, den man neben der hell leuchtenden Sonne jedoch nur mit viel, viel Glück entdecken konnte. Die Gase im Inneren verließen den Kometenkern, und das weniger flüchtige Material kristallisierte bei der anschließenden Abkühlung neu aus. Die Neodymschraube und das Dschersi-Modul gelangten dabei weiter in das Zentrum des Kometenkerns. Der Kern hingegen flog nicht nur hinter der Sonne vorbei – in Folge der Umlenkung durch Jupiter hatte er eine Bahn um die Sonne eingenommen, die eines Tages die Bahn der Erde kreuzen sollte. Die Erde kam ihm entgegen. Die Kollision war vorprogrammiert.
Der Kometenkern erhitzte sich weiter, denn er kam der Sonne näher und näher. Er geriet in Bewegung, schmolz, und die Neodymschraube wurde vom Modul wegbewegt. Das Modul kam näher an die Oberfläche des Kometenkerns und seine Solarzelle empfing etwas Sonnenlicht. Der Akku konnte elektrische Energie abgeben. Der Mikrosender gab daraufhin programmgemäß einen Funkimpuls ab, doch er verfehlte den Altakol-Späher nur um einige Hundert Kilometer und verschwand im Nichts des leeren Raumes. Das Modul im Kern des Kometen, es blieb verschollen. Der Komet raste weiter durch das Sonnensystem. Sein Schwung ließ ihn die Umlaufbahn des dritten Planeten kreuzen. Und niemand konnte erahnen, welche Katastrophen das auslösen würde.
Kapitel 4
Auf der Funkstation der Altakolia I herrschte reger Betrieb. Die Datenauswertung lief auf vollen Touren. Das Nachtteam hatte während der letzten Schlafperiode alle Quantenrechner programmiert, die neuen, von den Vorboten eingetroffenen Datenpakete aufzubereiten. Eine erste Auswertung. Ihr Ergebnis wartete darauf, auf Tüngörs Desktop angeklickt zu werden.
Als Tüngör kam, traf er auf SFmO Häga Oharam, den Schiffsfernmeldeoffizier. Er saß neben Wølknu Külkopp und Tomalchaiman Casnochmal, seinen beiden Stellvertretern. Das Trio hatte die ganze Nacht verfolgt, wie der Quantenrechner die Daten durcharbeitete. Sie waren wie im Rausch. Wølknu Külkopp flatterte aufgeregt mit den Flügeln. Casnochmal starrte aufgeregt auf sein Display, auf dem Zahlenkolonnen herunterratterten. Die Euphorie hatte ihre Müdigkeit hinweggespült, als die ersten Daten kamen. Casnochmal grüßte erregt.
„Tüngör, das ist sensationell! Schau, was da kommt!“
Tüngör wurde neugierig. Ein wenig müde flatterte er zu seiner Konsole nieder und loggte sich ein. Die vergangenen Nächte saßen ihm noch in den Knochen. Sie waren etwas kürzer gewesen. Es hatte einen feucht-fröhlichen Partyabend bei Maat Mälkem gegeben, und ein Patenonkelfest mit Jauke und seiner Scharla bei Jenis. Aber er hatte sich vom Feiern einigermaßen erholt.
„Was gibt’s denn?“, fragte er.
„Altakol-Späher 34“, japste Oharam. „Er hat … Er hat modulierte …“
Die Ergebnisdatei öffnete sich auf den Displays. Alle verstummten. Jenis wurde gerufen. Er kam sofort. Oharam rief die Datei auf. Der Text erschien. Die Informationen waren umwerfend. Oharam sprühte förmlich auf, wie ein helles Feuerwerk. Auch Tüngör strahlte plötzlich wie eine Plutoniumbatterie. Begeisterung durchströmte seinen Vogelmenschkörper, wie heiße Lava. Warmes, sauerstoffreiches Frischblut schien ihm bis selbst in die Feder- und Zehenspitzen zu fließen. Alles in ihm jubelte. Jetzt verstand er die Euphorie der Anderen. Ihr Expeditionsziel war bewaldet, wie ihre Heimat. Es hatte Bewohner. Und: sie waren intelligent. Eine Sensation. Der Beweis flimmerte vor ihren Augen: modulierte Funkwellen. Die Landesonde von Altakolspäher 34 hatte sie registriert. Es gab keinen Zweifel: Die „Sariahner“ nutzten Funkverkehr zur Übertragung von Informationen. Sie hatten eine technische Zivilisation.
Tüngör berichtete. „Die Radarsatelliten haben Sariah umrundet und aus dem Orbit gescannt. Ihre Daten zeigen an, dass es auf dem blauen Planeten schätzungsweise drei bis vier Billionen Bäume gibt, zumeist in Tundra- und Regenwaldgebieten. Überall Anzeichen einer technisierten, sariahnischen Zivilisation: geteerte Transportwege, Transportfahrzeuge zu Wasser, zu Land und in der Luft, Ballungszentren und Siedlungen, rege Berg- und Ackerbau-Aktivitäten! Und wisst ihr was? Sariah ist fast ein Doppelplanet. Ein großer Mond umrundet ihn. Unser Team hat auf seiner Rückseite Robotersonden abgesetzt. Sie haben uns dort eine neue Raumstation gebaut, die Sariarah!“
Die Entdeckung der Zivilisation auf Sariah sprach sich rum wie ein Lauffeuer. Ma-Ting Coqey erfuhr es von Jenis als Erste. Die Astroökologin war nicht nur für die künstlichen Ökosysteme an Bord zuständig. Die СКАЧАТЬ