Sie. Henry Rider Haggard
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Название: Sie

Автор: Henry Rider Haggard

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754183830

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СКАЧАТЬ diese römischen Namen folgt offenbar eine Lücke von mehreren Jahrhunderten. Nie wird sich in Erfahrung bringen lassen, was mit der Scherbe in jenen dunklen Zeiten geschah und wie es kam, daß sie von der Familie aufbewahrt wurde. Wie man sich entsinnen wird, hatte mein armer Freund Vincey mir erzählt, daß seine römischen Vorfahren sich später in der Lombardei niederließen und dann, als Karl der Große in diese einfiel, mit ihm über die Alpen zogen und sich in der Bretagne ansiedelten, von wo sie unter der Herrschaft Edwards des Bekenners nach England übersiedelten. Woher er dies alles wußte, ist mir nicht bekannt, denn auf der Scherbe findet sich kein Hinweis auf die Lombardei oder Karl den Großen, während, wie man gleich sehen wird, die Bretagne erwähnt wird. Doch weiter: Die nächsten Eintragungen auf der Scherbe, wenn man von einem länglichen Fleck aus Blut oder roter Farbe absieht, sind zwei rote Kreuze, die wohl Kreuzfahrerschwerter darstellen, und ein zierliches in Scharlach und Blau gemaltes Monogramm (›D.V.‹), welches vielleicht von der gleichen Dorothea Vincey stammt, die den bereits erwähnten Vers schrieb. Links davon standen in blassem Blau die Initialen ›A.V.‹ und das Datum 1800.

       Dann folgte die vielleicht merkwürdigste Inschrift auf diesem ungewöhnlichen Relikt. Sie ist in gotischen Buchstaben und lateinischer Sprache abgefaßt, läuft quer über die Kreuze oder Kreuzfahrerschwerter hinweg und trägt das Datum 1445. Wir entdeckten außerdem, was noch sonderbarer ist auf einer zweiten Pergamentrolle in dem Kästchen eine gleichfalls in gotischen Buchstaben verfaßte Übersetzung der lateinischen Inschrift. Nachstehend ist sie wiedergegeben. Lateinische Inschrift auf der Scherbe:

      Modernisierte Schriftform dieser Inschrift:

       »Ista reliquia est valde misticum et myrificum opus, quod majores mei ex Armorica, scilicet Britannia Minore, secum convehebant; et quidam sanctus clericus semper patri meo in manu ferebat quod penitus illud destrueret, affirmans quod esset ab ipso Sathana conflatum prestigiosa et diabolica arte, quare pater meus confregit illud in duas partes, quas quidem ego Johannes de Vinceto salvas servavi et adaptavi sicut apparet die lunae proximo post festum beatae Mariae Virginis anni gratiae MCCCCXLV.«

      Übersetzung dieser Inschrift:

       »Diese Reliquie ist ein sehr mystisches und wundersames Werk, welches meine Vorfahren aus Armorica, das ist Klein-Britannien (die Bretagne), mitgebracht haben; ein Geistlicher riet meinen Vater eindringlich, sie gänzlich zu vernichten, da sie vom Satan selbst durch magische und teuflische Kunst angefertigt sei, weshalb mein Vater sie nahm und in zwei Stücke zerbrach, doch ich, Johannes de Vincey, rettete beide Teile und fügte sie, wie Ihr seht, wieder zusammen am heutigen Montag nach dem Fest der Heiligen Jungfrau Maria im Jahre des Heils 1445.«

       Die nächste und vorletzte Eintragung stammte aus der Zeit Königin Elisabeths und trug das Datum 1564: »Eine höchst seltsame Historie, die meinen Vater das Leben gekostet hat; denn auf der Suche nach dem Platz an der Ostküste Afrikas wurde seine Pinasse bei Lorenzo Marquez von einer portugiesischen Galeone versenkt, wobei er ertrank. – John Vincey.«

       Es folgte die letzte Inschrift, die, nach der Schreibweise zu schließen, von einem Vertreter der Familie um die Mitte des 18. Jahrhunderts stammte. Es war eine nicht ganz korrekte Wiedergabe des bekannten Zitats aus ›Hamlet‹; sie lautete:

      »Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde,

       Als du dir in deiner Schulweisheit träumen läßt,

       Horatio.«

      »So, mein lieber Leo«, sagte ich, nachdem ich alle diese Schriften, soweit sie lesbar waren, sorgfältig untersucht hatte, »das wäre alles. Nun kannst du dir deine eigene Meinung über das Ganze bilden. Die meine steht bereits fest.«

       »Und wie sieht sie aus?« fragte er neugierig.

       »So: Ich halte diese Scherbe für echt und glaube, daß sie, so seltsam das auch scheinen mag, seit dem vierten Jahrhundert v. Chr. in deiner Familie weitervererbt worden ist. Die Eintragungen beweisen das eindeutig, und wir müssen diese Tatsache, so unwahrscheinlich sie auch sein mag, akzeptieren. Doch das ist auch schon alles. Daß deine Ahne, die ägyptische Prinzessin, oder ein von ihr beauftragter Schreiber die Eintragung verfaßt hat, steht für mich außer Zweifel, doch ebenso fest bin ich davon überzeugt, daß ihre Leiden und der Verlust ihres Gatten ihren Geist verwirrt haben und daß sie nicht ganz bei Verstand war, als sie dies niederschrieb.«

       »Und wie willst du erklären, was mein Vater gesehen und gehört hat?« fragte Leo.

       »Das war ein reiner Zufall. Sicher gibt es an der afrikanischen Küste Felsen, die wie Männerköpfe aussehen, und viele Leute, die ein verstümmeltes Arabisch sprechen. Zweifellos gibt es auch eine Menge Sümpfe dort. Ich muß dir ganz ehrlich sagen, Leo – ich glaube, daß dein Vater, als er diesen Brief schrieb, nicht ganz bei Sinnen war. Er hatte Schweres durchgemacht, und da er eine sehr lebhafte Phantasie hatte, hat er sich zu sehr mit dieser Geschichte beschäftigt. Jedenfalls glaube ich, daß das Ganze völliger Unsinn ist. Ich weiß, es gibt in der Natur seltsame Dinge und Kräfte, die wir nur selten bemerken und, wenn wir sie bemerken, nicht begreifen. Doch solange ich es nicht mit meinen eigenen Augen sehe, was wohl kaum je der Fall sein wird, kann ich einfach nicht glauben, daß es irgendein Mittel gibt, den Tod zu besiegen, oder daß mitten in einem afrikanischen Sumpf eine weiße Zauberin lebt oder gelebt hat. Unsinn, mein Junge, nichts als Unsinn! – Was meinst du, Job?«

       »Daß es eine Lüge ist, Sir. Falls es aber doch wahr ist, so hoffe ich, Mr. Leo wird sich auf so etwas nicht einlassen, denn dabei kann nichts Gutes herauskommen.«

       »Vielleicht habt ihr beide recht«, sagte Leo ruhig. »Ich will mich darüber nicht äußern und nur das eine sagen: Ich werde die Sache ein für allemal aufklären, und wenn ihr nicht mitkommen wollt, dann werde ich es allein tun.«

       Ich sah den jungen Mann an und merkte, daß er es ernst meinte. Wenn Leo etwas ernst meint, dann verzieht er immer auf eine merkwürdige Weise den Mund, eine Gewohnheit, die er schon als Kind hatte. Ich dachte jedoch gar nicht daran, Leo zu erlauben, irgendwohin allein zu gehen; dazu hing ich viel zu sehr an ihm. Ich bin kein Mann mit vielen Freundschaften und Bindungen. Die Umstände sind in dieser Hinsicht gegen mich, und Männer wie Frauen scheuen vor mir zurück, oder ich bilde mir das ein, was auf dasselbe herauskommt. Sie scheinen aus meinem reichlich abstoßenden Äußeren auf mein Inneres zu schließen, und da mir dies unerträglich ist, habe ich mich weitgehend von der Welt und den Menschen zurückgezogen. Leo war für mich die ganze Welt – Bruder, Kind und Freund –, und ich war entschlossen, wohin er auch gehen mochte, nicht von seiner Seite zu weichen. Natürlich durfte ich ihm nicht zeigen, welche Macht er über mich hatte, und ich sann nach einer Möglichkeit, mich aus der Affäre zu ziehen.

       »Ja, Onkel, ich werde es tun; und wenn ich die ›Flammensäule des Lebens‹ auch nicht finde, so werde ich dort zumindest ausgezeichnete Gelegenheit zur Jagd finden.« Da war die Möglichkeit, und ich nutzte sie sofort.

       »Zur Jagd?« sagte ich. »Ja, sicherlich; daran dachte ich gar nicht. Es muß ein ziemlich wildes Land sein, voll von Großwild. Ich wollte immer schon vor meinem Tode noch einen Büffel erlegen. Weißt du, mein Junge, an diese ganze Geschichte glaube ich nicht, aber das Wild reizt mich, und wenn du nach reiflicher Überlegung wirklich dorthin fahren willst, so werde ich mir Urlaub nehmen und dich begleiten.«

       »Dachte ich's mir doch«, sagte Leo, »daß du dir so etwas nicht entgehen lassen wirst. Doch wie steht es mit dem Geld? Es wird ein reichlich teurer Spaß werden.«

       »Zerbrich dir deshalb nicht den Kopf«, erwiderte ich. »Wir haben dein ganzes Vermögen, das sich all die Jahre gut verzinst hat, und außerdem habe ich noch zwei Drittel von dem, was mir dein Vater für deine Versorgung hinterlassen hat. An Geld mangelt's also nicht.«

       »Schön, dann laß uns dies alles gleich einpacken und in СКАЧАТЬ