Die Bestie im Menschen. Emile Zola
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Название: Die Bestie im Menschen

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754184264

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СКАЧАТЬ rechte Hand ergriffen und spielte mit einem alten Goldreif einer Schlange mit einem Köpfchen von Rubinen, den sie seit ihrer Hochzeit stets an demselben Finger trug. Stets halte er ihn dort gesehen.

      »Meine kleine Schlange,« sagte Séverine wie im Traume befangen; sie glaubte, er betrachte den Ring und sie empfand das dringende Bedürfniß zu reden. »In la Croix-de-Maufras wurde er mir geschenkt als ich sechzehn Jahre alt war.«

      Roubaud erhob überrascht den Kopf.

      »Wer hat ihn Dir geschenkt? Der Präsident?«

      Als sie die Augen ihres Mannes auf sich ruhen fühlte, war es ihr, als würde sie plötzlich aus dem Traume gerissen. Ein kaltes, eisiges Gefühl überlief ihre Wangen. Sie wollte antworten, fand aber nicht gleich die Worte, ihr schien, als hätte eine jähe Lähmung sie ergriffen.

      »Aber Du hast mir doch immer erzählt,« fuhr er fort, »Deine Mutter hätte Dir den Ring hinterlassen?«

      Noch in diesem Augenblick hätte sie den Eindruck der ihr in einem Moment völliger Geistesabwesenheit entschlüpften. Aeußerung wieder verwischen können, wenn sie gelacht oder die Zerstreute gespielt hätte. Aber nein, sie war wie verbohrt, als hätte sie keine Macht mehr über sich.

      »Ich habe Dir nie gesagt, mein Schatz, daß mir meine Mutter diesen Ring vermacht hat.«

      Roubaud sah ihr scharf in das Gesicht, auch er wurde bleich.

      »Nie? Du hast mir das nie gesagt? Nicht einmal, sondern zwanzigmal! ... Warum sollte Dir der Präsident auch keinen Ring schenken? Ich finde dabei nichts, er hat Dir ja so Manches geschenkt ... Aber warum hast Du es mir verheimlicht? Warum logst Du und schobst Deine Mutter vor?«

      »Ich habe meine Mutter nicht erwähnt, mein Lieber, Du irrst Dich.«

      Dieses hartnäckige Leugnen war eine Dummheit, Sie sah, daß sie sich selbst auslieferte, daß er ihr die Wahrheit von der Stirn las; sie hätte jetzt gern ihre Worte wieder zurückgenommen oder ihre Bedeutung vermischt, aber jetzt war es zu spät. Sie fühlte, wie ihre Züge eine andere Gestaltung annahmen, das Geständniß ihrer Schuld offenbarte in diesem Augenblick gegen ihren Willen ihre ganze Persönlichkeit. Die Kälte in ihren Wangen hatte ihr ganzes Gesicht überzogen, ein nervöses Zucken zerrte an ihrem Munde. Ihm dagegen hatte das Entsetzen das Blut emporgetrieben, daß man fürchten mußte, seine Adern würden platzen. Er hatte ihre Handgelenke umschlungen und stand dicht vor ihr, um aus dem Widerspiegeln des Schreckens in ihren Augen lesen zu können, was sie nicht laut gesagt hatte.

      »Verflucht,« würgte er heraus, »verflucht!«

      Sie drückte furchtsam das Gesicht unter ihren Arm, denn sie ahnte den Schlag mit der Faust schon, der kommen mußte. Dieser kleine, elende, unbedeutende Umstand, das Vergessen einer an diesen Ring sich knüpfenden Lüge hatte nach wenigen Worten diese furchtbare Situation geschaffen. Nur eine Minute, dann warf er sie mit einem Stoß auf das Bett und bearbeitete sie auf das Gerathewohl mit den Fäusten. Während dreier Jahre hatte er sie nicht ein Mal geschlagen, jetzt aber war die Brutalität Herrin über ihn geworden, blind und trunken vor Wuth hieb er mit seinen groben Arbeiterfäusten, die früher die Waggons geschoben hatten, auf sie ein.

      »Verfluchte Dirne! Du warst mit ihm zusammen ... mit ihm zusammen ... mit ihm zusammen!«

      Die Wiederholung der Worte stachelte seine Wuth noch mehr an; bei jeder Wiederholung sauste ein Faustschlag nieder, als wollte er ihr die Worte für immer einbläuen.

      »Du die Geliebte eines Greises, Du verfluchte Dirne! ... Du warst mit ihm zusammen ... mit ihm zusammen!«

      Der Zorn erstickte seine Stimme, sie kam ihm schon pfeifend aus dem Munde und versagte schließlich ganz. Er hörte jetzt erst, wie sie, windelweich unter den Schlägen geworden, »nein« rief. Sie fand kein anderes Wort der Vertheidigung, sie leugnete, um nicht von ihm getödtet zu werden. Diese Ausrede, diese lügnerische Verbohrtheit machte ihn nur noch rasender.

      »Gestehe, daß Du mit ihm zusammen warst!«

      »Nein und nein.«

      Er hatte sie aufgerafft und sie zu sich emporgezogen; er verhinderte das arme Geschöpf, daß der Kopf sich in die Kissen vergrub und zwang sie, ihm in das Gesicht zu sehen.

      »Gestehe!«

      Im Augenblick hatte sie sich gewandt seiner Umarmung entzogen und wollte zur Thür eilen. Doch ebenso schnell war er hinter ihr her und wieder schwebte seine Faust in der Luft; dicht neben dem Tisch streckte sein Schlag sie zu Boden. Er warf sich an ihre Seite und packte sie an den Haaren, so daß sie sich nicht rühren konnte. Ohne zu sprechen und ohne zu athmen, blieben sie so, Auge in Auge, auf dem Boden liegen. Und durch diese schreckensvolle Stille schallte das Singen und Lachen der Damen Dauvergne, deren Piano glücklicherweise einen solchen Lärm vollführte, daß man das Toben des sich über ihnen abspielenden Kampfes nicht vernahm. Claire sang Kinderlieder und Sophie spielte die Begleitung mit aller Macht.

      »Gestehe!«

      Sie wagte nicht nein zu sagen und schwieg.

      »Gestehe, daß Du mit ihm zusammenwarst, oder ich schlage Dich todt!«

      Er würde sie getödtet haben, sie las es in seinem Blick. Sie hatte beim Fallen das aufgeklappt auf dem Tisch liegende Messer gesehen. Das Schimmern der Klinge kam ihr in die Erinnerung, sie glaubte schon, daß er den Arm danach ausstrecke. Nun überkam sie ein Gefühl der Feigheit, eine Gleichgiltigkeit gegen sich und alles, der Wunsch, endlich mit Allem zu Rande zu kommen.

      »Nun ja, es ist wahr, nun lasse mich aber gehen.«

      Ein fürchterlicher Augenblick. Dieses Geständniß, von ihm in so grausamer Weise erpreßt, es glich einem Schlag, den er mitten in das Gesicht erhielt; es schien ihm unmöglich, ungeheuerlich. Eine solche Schändlichkeit hätte er nie für möglich gehalten. Er packte ihren Kopf und schlug ihn gegen ein Tischbein. Als sie sich sträubte, schleifte er sie an den Haaren durch das Zimmer, wobei er mit ihrem Körper die Stühle anrannte. So oft sie den Versuch machte, sich aufzurichten, warf er sie durch einen Faustschlag wieder zu Boden. Sein Athem flog und mit zusammengepreßten Zähnen tobte er wie ein Wilder und Thor zugleich in diesem Kampf. Der Tisch hätte beinahe den Ofen umgeworfen. Haare und Blut klebten an einer Ecke des Büffets. Als sie von diesem eklen Auftritte noch bebend wieder zu Athem kamen, müde vom Schlagen und der erhaltenen Prügel, befanden sie sich wieder neben dem Bett, sie noch immer in einem schweinartigen Zustande auf der Erde liegend, er auf ihr kauernd und sie an den Schultern gepackt haltend. Beide stöhnten. Unten ertönte noch immer die Musik und kräftiges, lustiges Lachen schallte herauf.

      Mit einem Ruck hob Roubaud Séverine vom Boden und drängte sie gegen die Bettwand. Er blieb vor ihr auf den Knieen liegen und stemmte sich mit der ganzen Kraft seines Oberkörpers gegen sie. Jetzt konnte er endlich sprechen. Er schlug sie nicht mehr, er quälte sie mit seinen Fragen, in der heißen Begier, alles wissen zu wollen.

      »Du hast Dich ihm also hingegeben, Dirne? ... Wiederhole es mir, daß Du diesem alten Menschen gefällig warst ... Wie alt warst Du, als es geschah? Ganz jung noch, nicht wahr, ganz jung?«

      Ein plötzlicher Thränenausbruch ihrerseits, ein Schluchzen hinderten sie zu antworten.

      »Himmel und Hölle, willst Du sprechen? ... He? Noch nicht zehn Jahre alt warst Du, als Du den Alten schon amüsirtest? Deshalb also hat er Dich wie eine vornehme Dame erziehen lassen, damit er unauffällig seine Schweinereien treiben konnte? Rede, sage ich, oder ich fange von vorn an!«

      Sie СКАЧАТЬ