Verspielte Erbschaften. Werner Linn
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Название: Verspielte Erbschaften

Автор: Werner Linn

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783847692102

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СКАЧАТЬ geben muss. Wenn tatsächlich hierbei einige Wirtschaftssubjekte mit dieser Wirtschaftsordnung nicht zurecht kommen und drohen, auf der Strecke zu bleiben, bedarf es der Korrektur, die dann zwar nicht marktwirtschaftlichen Gesetzen zu folgen, sich aber dennoch dem als Vorrangsfaktor zugrunde gelegten gruppenegoistischen Basismodell anzupassen hat. Das aber bedeutet nichts anderes, als dass in diesem Rahmen die Wirtschaft fast ausschließlich marktwirtschaftlichen Gesetzen unterliegt, während die Korrektur durch solche sozialen Regeln erfolgt, die deshalb nicht als systemfremd betrachtet werden, weil erst durch sie das marktwirschaftliche System vom zugrundeliegenden Menschenbild akzeptiert wird(41). Der wirtschaftliche Gesamtnutzen der Sozialstaatskomponente bleibt einem begrenzten Kreis vorbehalten, während Außenstehende vom System nicht auf Kosten des Systems entsprechend den Gesetzen der Marktwirtschaft erhalten werden müssen(42).

      Gerade hier wird deutlich, dass die Rettung von Banken und schwächelnden Eurostaaten sich als systemfremd darstellt und deshalb grundsätzlich nicht mit dem Prinzip des Sozialstaates in Einklang zu bringen ist:

      Die Rettung einer von der Insolvenz bedrohten Bank durch den Staat passt niemals zu den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft:

      In einem solchen Fall hätten nämlich die Marktkräfte das Ausscheiden des Geldinstitutes aus dem Wirtschaftssystem begründet und ein „Auffangen“ mit staatlichen Mitteln würde die Sozialstaatskomponente als Ergänzung zum marktwirtschaftlichen System gerade in ihr Gegenteil verkehren. Auf diese Weise würde nämlich ein überdurchschnittlich risikofreudiges Verhalten, dessen Zweck einzig und allein die Erwirtschaftung überdimensionaler Gewinne und Renditen sein kann, belohnt. Anders ausgedrückt würde dies nämlich bedeuten, dass Gewinne aufgrund zu hoher Risikobereitschaft der Bank und den hinter ihr stehenden Wirtschaftssubjekten verbleiben könnten, während im Fall der Verwirklichung des Risikos im Sinne einer Pleite der Verlust durch das Eintreten des Staates vergesellschaftet werden würde. Zu Recht wird daher die heutige Praxis vieler Staaten, marode Banken und zahlungsunfähige Euroländer zu retten als himmelsschreiendes Unrecht empfunden. Norbert Blüm(43) geht sogar so weit, neue Begriffe, wie z.B. den „Finanzkapitalismus“, den er einer neuen Weltreligion gleichsetzt, deren „heilige Trinität“ Deregulierung, Privatisierung und Kostensenkung heißen. Wenn dennoch im schlimmsten Fall die Pleite Gehenden nach dem Staat rufen, widerspricht das letztlich sogar den eigenen Glaubensgrundsätzen, denn es sind nicht die Selbstheilungskräfte des Marktes, sondern „eine ganze Reihe von hoheitlichen Gewaltakten“(44), die dann das Schlimmste verhindern. Zu Recht folgert Blüm aus dem eben gesagten, dass die Vertreter dieser neuen „Weltreligion“ zwar auf Scheiterhaufen usw. verzichten, aber ihre Widersacher dadurch „exkommunizieren,“ indem sie die von Menschen gemachten Regeln und Strukturen unserer Weltwirtschaft zu höheren Mächten oder gar zu einer Art von Naturgesetzen erklären, gegen diese sich nur Dummköpfe und Demagogen zu widersetzen glauben.“ Folgerichtig führt Blüm fort: Also zelebrieren die neoliberalen Ökonomen die Liturgie der Liberalisierung, bis auch die letzten Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft die Regeln der Finanzmärkte für den wahren Glauben hielten. Dass hieran etwas Wahres ist, lässt sich leicht daran ablesen, dass bspw. für eine Rettung des zahlungsunfähigen Griechenland sogar Sozialisten und Grüne entgegen ihren eigenen Parteigrundsätzen sind, obwohl letztlich eine „Rettung“ dieses südeuropäischen Landes - wie auch weiterer von der Insolvenz bedrohter Euroländer - lediglich Geldinstitute davor bewahren kann, enorme Summen abschreiben zu müssen. Letzteres würde auch hier den Regeln der Marktwirtschaft entsprechen, denn wenn eine Bank im Rahmen ihres operationalen Geschäfts die ausgeliehenen Gelder nicht mehr hereinbringen kann, müssen diese auch dann abgeschrieben werden, wenn das in letzter Konsequenz zur Insolvenz des Geldhauses führt.

      Weite Kreise haben - wie Blüm (a.a.O.) glaubhaft ausführt – durch Schaffung von Hedgefonds, private Equity Fonds und sonstiger Derivate den Finanzkapitalismus mehr und mehr in eine Illusionswelt verwandelt, in der die Herstellung nützlicher Güter und die Erbringung von Dienstleistungen mit dem verwechselt werden, was doch eigentlich nur zum real wirtschaftlichen Zweck ist: Geld(45) Der „Finanzkapitalismus“ versucht sich durch Vergesellschaftung der Verluste auf Kosten der Gesellschaft auch dann am Leben zu halten, wenn eine „Nachfolgeblase“ die „Vorgängerblase“ auflöst(46). und immer mehr „Pump auf Pump“ finanziert wird(47).

      Das hier Gesagte wird überdeutlich, wenn man in der Tagespresse liest, dass Bankmanager „Milliarden verzockt haben(48)“ Hier wird nämlich deutlich, dass der Geldmenge keinerlei reale Werte mehr gegenüber stehen und dennoch eine kleine Gruppe von „eingeweihten“ Traumvermögen in einer Größenordnung sich zueignen, dass ihnen am Ende die ganze Welt gehört. Blüm belegt dies – wie übrigens auch viele andere renommierte Wirtschaftsfachleute – mit Zahlen: Weltweit betrug der Anteil der Realwirtschaft am gesamten Geldverkehr 2008 gerade einmal 0,4 %. Umgekehrt bedeutet dies: „99,6 % aller getätigten Investments haben nichts mehr mit der realen Wirtschaft zutun… Das durchschnittliche Nettoeinkommen des deutschen Haushaltes liegt derzeit bei knapp 2.700,00 €. Verhielte sich eine Familie nach den Spielregeln der Weltwirtschaft (d.h. des Finanzkapitalismus), dann dürfte sie monatlich, man kann es glauben, nur 10,8 € für ihren gesamten Lebensunterhalt ausgeben. Den „Rest“ müsste sie in die Wiesenspekulationen oder Futures stecken(49)“. In diesem Zusammenhang erinnert Blüm an den Nobelpreisträger Edmund Phelps, der forderte: „Wir müssen zurückkehren zu altmodischen Banken, die Investitionen für reale Dinge finanzieren.“

      Ordnet man demgegenüber Marktwirtschaft und die sie korrigierende Sozialgesetzgebung dem vorherrschenden Menschenbild unter (Gruppenegoismus), so versteht es sich von selbst, dass die Schwachen unter den Schutz der Starken gestellt werden und die dies bedingende Gesetzgebung braucht nicht als Fremdkörper im marktwirtschaftlichen System angesehen zu werden(50).

      Der Feudalismus hatte mit derartigen Problemen überhaupt nicht zu kämpfen, denn es war Sache des "Patron", auch für seine kranken und schwachen Anvertrauten zu sorgen(51). Nicht der Staat als solcher war gefordert, es war Sache des Arbeitgebers im weitesten Sinn, anstatt einer Sozialgesetzgebung, die soziale Komponente darzustellen.

      Die Wirtschaftsform, die zu diesem originären Menschenbild passt, ist auch die Wirtschaftsform, die den größtmöglichen Nutzen für alle in das System Eingeschlossenen garantieren kann. Auf diese Weise wird das an sich als “unsympathisch” empfundene egoistische Motiv für alle Betroffenen zum altruistischen Moment, wenn nämlich die Triebkraft der Profiterziehlung gleichzeitig die Versorgung der Schutzbefohlenen mit einbezieht(52).

      Ein solches Menschenbild bedingt somit:

      1. Eine (begrenzte) Verwirklichung sämtlicher ökonomischen Ziele(53)

      2. Ein Funktionieren ohne einschneidende Wirkungsabflüsse

      Auf diese Weise vollzieht sich das, was mühsam in der heutigen Form der sozialen Marktwirtschaft vorgenommen wurde, ohne dass es zu Friktionen in erheblichem Umfang kommt.

      Planwirtschaftliche Elemente werden in diesem Zusammenhang lediglich außenwirtschaftlich notwendig, nämlich dort, wo knappe Ressourcen eine Bewirtschaftung notwendig machen(54).

      Ein solches in sich geschlossenes System kann einem anderen System, das in gleicher Weise aufgebaut ist, auf marktwirtschaftlicher Basis gegenübertreten, ohne dass es dabei planwirtschaftlicher Komponenten bedarf. Auch andere Systeme können einem solchen System gegenübertreten; dann allerdings wird es wahrscheinlich, dass das egoistische System dem anderen System die Marktgesetze vorschreiben wird. Das bedeutet im Wesentlichen nichts anderes, als heute auch schon praktiziert wird, nämlich die Durchsetzung staatlicher Interessen nach außen gegenüber anderen staatlichen Interessen(55).

      Ein solches System ist letztlich auch in der Lage, mit den Problemen der Zeit ohne Weiteres fertig zu werden. Die Arbeitslosigkeit als ein Faktor, der dem Gruppenegoismus im Wege steht, wird von selbst abgebaut(56). Tarifkonflikte in der Weise, wie sie heute bekannt sind, fallen zwanglos weg, wenn damit die gruppenegoistischen СКАЧАТЬ